Heiligenstadt - Fürstenhagen (Eichsfeld) - Schwebda [- Eschwege] (Heiligenstädter Bahn / Eichsfelder Bimmelbahn)
Der Abschnitt zwischen der Landesgrenze zwischen Thüringen und Hessen beim Bahnhof Großtöpfer und dem Bahnhof Schwebda befindet sich im Werra-Meißner-Kreis.
Streckenbau und Eröffnung:
Die Strecke wurde als Erschließungsbahn um die Jahrhundertwende im noch verkehrstechnisch unerschlossenen Teil des Eichsfeldes vom preußischen Staat geplant.
In diesem Gebiet, das von den Strecken, die von Halle an der Saale über Leinefelde und Heiligenstadt im Eichsfeld nach Kassel, von Leinefelde über Schwebda nach Eschwege (Kanonenbahn) und von Eichenberg nach Eschwege (Bebra-Friedländer Bahn / Nord-Süd-Strecke) führten, umschlossen wird, war eine Belebung der Wirtschaft dringend notwendig. So wurde um 1910 über die Kostenverteilung zum Bau einer Nebenbahn von Heiligenstadt im Eichsfeld über Kalteneber, Fürstenhagen, Dieterode, Krombach, Ershausen und Großtöpfer nach Schwebda debattiert. 251.000 Mark übernahm der preußische Staat, 70.000 Mark der Kreis Eschwege und 311.000 Mark der Kreis Heiligenstadt. Damit konnten die Vorarbeiten beginnen.
Im Heilbad Heiligenstadt im Eichsfeld wurde ein Baubüro eingerichtet und die Strecke in sieben Baulose aufgeteilt. Baubeginn war im Juni 1911. Die Bahnbauer bekamen es mit recht schwierigem Gelände zu tun. Da die Luftlinie zwischen Heiligenstadt und Schwebda nur etwa 20 km beträgt, die Strecke aber die vorgenannten Orte anschließen sollte, verlängerte sie sich auf 32 km. Dazwischen liegt bei Kalteneber und Fürstenhagen eine Hochfläche mit etwa 500 Meter über NN. Die Anstiege dorthin sind von allen Seiten nur in steilen Bachtälern oder über ebenso steile Hänge möglich. Man entschloss sich deshalb zum Bau einer Zahnradbahn mit drei Zahnradabschnitten nach dem System Abt und nahm deren Nachteile in Kauf. Vorteilhaft war der direkte Anschluss an das Reichsbahnnetz, da regelspurige Fahrzeuge auf der steilen Strecke eingesetzt werden konnten.
Nachteilig war die relativ niedrige Geschwindigkeit in den Zahnstangenabschnitten. Es kamen kombinierte Adhäsions-/Zahnradloks mit zwei unabhängig arbeitenden Triebwerken der Firma Borsig ähnlich denen der Rübelandbahn zum Einsatz. Sie waren mit Druckluftbremse für den Zug und Lok, der Riggenbach-Gegendruckbremse für die Adhäsionsräder und Bandbremse für das Zahnradtriebwerk sowie einer Handbremse ausgerüstet. Da die Zahnstangenabschnitte vom Bahnhof Pferdebachtal bis etwa 1,5 km vor Kalteneber bergwärts und von Fürstenhagen nach Dieterode und hinter dem Bahnhof bis vor Krombach talwärts lagen, baute man in Fürstenhagen eine Spitzkehre ein, um den Wechsel an den Zugschluss wenigstens einmal zu sparen, da in den Zahnstangenabschnitten die Lok immer talseitig am Zug stehen musste. Die Strecke war die jüngste der unter preußischer Regie gebauten regelspurigen Adhäsions-/Zahnradbahnen und die erste, deren Betrieb auf reinen Reibungsantrieb umgestellt wurde.
Der erste Abschnitt bis Heiligenstadt-Dün (später Heiligenstadt Ost) ging am 28. August 1914 in Betrieb. Die übrige Strecke wurde am 1. Oktober 1914 eröffnet.
Mit freundlicher Genehmigung der Eisenbahnfreunde Kassel e. V.
Betrieb und Einstellung:
Der aufwendige Zahnradbetrieb wurde im Jahre 1922 aufgegeben, da man mit der Lok »Elch« der HBE (Halberstadt Blankenburger Eisenbahn) den Beweis angetreten hatte, selbst Steigungen mit über 6 % im Reibungsbetrieb bewältigen zu können. Es kamen dann nach weiteren Erprobungen Loks der Preußischen T 16.1 (spätere 94.5–17) zum Einsatz. Nach Einstellung des Zahnradbetriebes musste nun nur noch in Fürstenhagen die Lok umgesetzt werden, die Steilstrecken wurden nun ganz normal durchfahren. Interessant war die Betriebsabwicklung von und bis zur Einmündung in die bis 1919 zweigleisige Kanonenbahnstrecke zwischen Leinefelde und Schwebda. Etwa 700 Meter vor dem Frieda-Viadukt wurde eine Abzweigstelle mit kleinem Wärterhaus errichtet, von der die Weichen und Signale gestellt wurden. Als das zweite Gleis der Kanonenbahn nach dem Ersten Weltkrieg demontiert wurde, blieb für die Heiligenstädter Bahnlinie das Gleis nach Schwebda ab der Abzweigstelle in Betrieb bis in den Bahnhof Schwebda. Kurz vor Kriegsende wurde ein militärischer Sonderzug im Frieda-Tunnel auf dem Heiligenstädter Gleis abgestellt und vor dem Tunnel eine Weichenverbindung zum Leinefelder Gleis eingebaut. Am 2. April 1945 wurde der Viadukt über die Frieda von auf dem Rückzug befindlichen Wehrmachtseinheiten gesprengt und damit der Betrieb unterbrochen. Ein Aufbau der Brücke ist nicht mehr erfolgt, da sie im Grenzgebiet zwischen Hessen und Thüringen, also der Grenze zwischen der amerikanisch und der sowjetisch besetzten Zone lag. Der Abschnitt zwischen Heiligenstadt Ost und Großtöpfer wurde noch bis Sommer 1947 befahren, danach stillgelegt und zügig abgebaut. Auf bundesdeutscher Seite wurde der Frieda-Tunnel vor dem Frieda-Viadukt vom Bundesbahn-Zentralamt in Minden als Klimakammer benutzt und war auf Schienen erreichbar. Heute ist der Tunnel verschlossen.
Der erste Abschnitt zwischen Heiligenstadt und Heiligenstadt Ost wurde noch bis zum 31. Dezember 1994 im Güterverkehr betrieben, zuletzt als Streckengleis des Bahnhofs Heiligenstadt. Zurzeit werden Teile der Gleisanlagen noch von Heiligenstädter Eisenbahnfreunden genutzt. Die Weichenverbindung zur zweigleisigen Strecke von Halle an der Saale nach Kassel wurde zwischenzeitlich ausgebaut.
Quelle des Textes: Wikipedia, Bahnstrecke Heiligenstadt - Schwebda
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