Leinefelde - Silberhausen - Schwebda - Eschwege - Eschwege West
(Niederhone) - Waldkappel -(Burghofen)- Malsfeld - Treysa
Der Abschnitt zwischen der Frieda-Brücke bei Meinhard-Schwebda
und dem Bischofferoder Tunnel bei Waldkappel-Burghofen
befindet sich im Werra-Meißner-Kreis.
Vom Entstehen des Eschweger Stadtbahnhofs
Zunächst spukte die Vision etwa um den Herbst 1997 nur so im Kopf des damaligen Eschweger Bürgermeisters Jürgen Zick und dem Architekten Horst Rode herum, aber es gelang ihnen, etliche weitere Leute für ihre Idee zu begeistern. Vielleicht ist dem Bürgermeister die Idee zu einem neuen Eschweger Stadtbahnhof ja bereits während der Sonderfahrt nach Wanfried mit der 1950er Dampflok am 12. Juni 1994 gekommen, an der Jürgen Zick selbstverständlich mit Begeisterung teilgenommen hat.
Im Oktober 1996 befürwortet der damalige Geschäftsführer des NVV, Thomas Rabenmüller, vor dem Eschweger Bau- und Planungsausschuss einen Wiederanschluss der Stadt Eschwege an das Schienennetz und räumt diesem gute Chancen ein.
Im September 1997 beschlossen die Eschweger Stadtverordneten mit nur einer Gegenstimme den Ankauf des alten Bahngeländes. In einer gemeinsamen Sitzung vom Bau- und Planungs- sowie des Finanzausschusses im September 1998 wurde der Weg für den Bau des Stadtbahnhofes geebnet.
Die Stadt würde sich mit 10 %, das waren etwa 4 Millionen DM, an den veranschlagten Gesamt-Baukosten von etwa 40 Millionen DM beteiligen. Weil der Güterverkehr am alten Bahnhof noch lief, war damals die Rede von einem neu zu errichtenden 2. Gleis speziell für den Personenverkehr.
Auch vom Umbau der Bahnhofskreuzung in einen Kreisverkehr wurde schon gesprochen.
Im Frühjahr 2002 wurde die Vision dann konkretisiert und erste Planspiele gemacht.
Schließlich war Anfang Februar 2003 ein erster Bauplan fertig gezeichnet und der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Nur mit dem Zeitfenster hat man sich damals verrechnet.
Die ersten Züge sollten danach bereits im Dezember 2005 fahren. Nur ein Betreiber musste noch gesucht und gefunden werden, zumal die Stadt das alte Bahngelände fast geschenkt bekäme, nachdem die DB keinerlei Verwendung mehr für das Grundstück hatte.
Nachdem im Oktober 2004 der Neubau des Bahnhofs plötzlich wieder in weite Ferne gerückt war. Man rechnete mit einer Verzögerung von 2 Jahren, da die Finanzierung der Neubaustrecke über das Finanzierungsprogramm der Bahn nicht mehr gegeben war, verfiel das Bahngelände in einen Dornröschenschlaf und wuchs immer mehr zu. Aber die Stadt Eschwege und der NVV ließen nicht locker. Nun wurde ein privates Eisenbahn-Infrastruktur-Unternehmen gesucht, nur die Bahn-Tochter DB-Netz musste dem Vorhaben noch ihre Zustimmung erteilen. Inzwischen wurde der Betriebsbeginn nach 2005 und 2006 auf 2008 festgelegt.
Nachdem die Stadt Eschwege über den Preis des Bahngeländes nochmals verhandelt hat, reduzierte sich im Mai 2005 die Grundstückfläche von 83.746 m² auf 81.161 m² und der Preis wurde dadurch von 907.000 Euro um 81.700 Euro auf 825.300 Euro reduziert, zahlbar in 4 Jahresraten zu je 206.450 Euro, deren Raten erst im Jahre 2006 beginnen sollten. Die Bahn würde sich auch an den Kosten für die Altlasten-Beseitigung in Höhe von maximal 49.000 Euro beteiligen, das Zeitfenster hierfür wurde von 24 auf 60 Monate erweitert.
Nach allem hatte der Magistrat beschlossen, den bereits am 15. Juli 2004 gefassten Beschluss über den Ankauf des Bahngeländes nun endlich durchzuführen.
Anfang August 2005 gab es bereits vier Bewerber für den privaten Ausbau und den Betrieb der Strecke zum Stadtbahnhof.
Anfang Juni 2006 verabschiedeten die Eschweger Parlamentarier eine Resolution für das Verkehrsprojekt Stadtbahnhof, worin der NVV aufgefordert wurde, dieses Projekt endlich zu verwirklichen. Alle Fraktionen des Eschweger Stadtparlaments stimmten einstimmig für diese Resolution.
Am Mittwoch, den 12. Juli 2006 bekam Bürgermeister Zick vom neuen Landrat des Werra-Meißner-Kreises, Stefan Reuß, per Autotelefon die erlösende Nachricht: »Der Stadtbahnhof wird gebaut!«
Das Land Hessen und der NVV hatten endlich zugestimmt, das Projekt Stadtbahnhof mitzufinanzieren, während der Bund sich bereits mit rund 80 % an der Finanzierung beteiligen würde.
Am Freitag, den 20. April 2007 war es endlich so weit. Im Rathaussaal unterzeichneten der damalige hessische Minister für Wirtschaft und Verkehr, Dr. Alois Riehl, und der Geschäftsführer des NVV, Wolfgang Dippel, den Vertrag über den Bau und die Finanzierung des Eschweger Stadtbahnhofs sowie der Stichstrecke, während der Eschweger Bürgermeister Jürgen Zick die Rolle des Notars übernahm. Nach der Zeremonie schnitt der Minister einen Marzipankuchen an, auf dem die Stichstrecke zwischen Eschwege-West und der Kernstadt nachempfunden worden ist.
Nun sollen endlich im Dezember 2009 die ersten Züge rollen.
Zunächst aber mussten nun sämtliche Planungen auf den neusten Stand gebracht werden, das sollte bis zum September 2007 abgeschlossen sein.
Am Montag, den 2. Oktober 2006 erfolgte in der Nähe des alten Toilettenhäuschen vom alten Bahnhofsgebäude der erste Spatenstich für das Bahnhofsumfeld, wo eine Straßenverbindung zwischen der Kuhtrift und dem Schützengraben errichtet werden sollte. Für die Bahn muss anschließend eine Brücke errichtet werden.
Für den eigentlichen Bahnbau sollte der Planfeststellungs-Beschluss nun Priorität besitzen. Dieser Schritt sollte bis Ende 2007 beendet sein.
Die Hessische Landesbahn Basis AG als Bauherr beantragte am Donnerstag, den 5. Oktober 2007 die Planfeststellung für das Bauvorhaben »Reaktivierung SPNV Eschwege-Stadt« beim Regierungspräsidium in Kassel. Nach Beendigung des Verfahrens durch den dann folgenden Planfeststellungs-Beschluss könnte voraussichtlich im Frühjahr 2008 mit dem Bau begonnen werden.
Am Montag, den 7. Juli 2008 war es endlich so weit. Die Baugenehmigung war da.
Nun musste nur noch auf den Startschuss gewartet werden, dann konnte mit dem Neubau begonnen werden. Während von Eschwege-West bis Eschwege die alte Trasse verwendet werden konnte, musste für die Verbindung nach Göttingen eine neue Nordkurve gebaut werden, wofür der Mühlgraben und die Wehre überquert werden mussten. Dafür waren alleine zwei Brücken erforderlich. Kurz vor der Einfädelung in die Strecke von Bebra nach Göttingen wurde für die Trasse sogar ein Wohnhaus abgerissen.
An der Südkurve mussten drei Brücken saniert werden, nämlich die Wehrebrücke und die zwei historischen Flutbrücken am Sportplatz von Niederhone. Hinter der Brücke über die Landstraße nach Oberhone, die erst wenige Jahre zuvor für den Güterverkehr nach Eschwege neu gebaut worden war, sollte ein neuer Haltepunkt für den Ortsteil Niederhone entstehen.
In Richtung Eschwege musste die Brücke über die Bahn saniert sowie der Bahnübergang am ehemaligen Posten 47 erneuert werden, stadteinwärts noch eine Brücke bei Stiebel-Eltron und eine große Brücke über die neue Straßenverbindung zwischen Kuhtrift und Schützengraben errichtet werden.
Am Stadtbahnhof selbst sollte ein Parkhaus entstehen sowie das Empfangsgebäude mit Fahrkartenverkauf, einem Cafe mit integriertem Kiosk und einem Abstellraum für Fahrräder.
Als Letztes sind dann noch die Bahnsteig-Überdachungen und ein neuer Busbahnhof mit großem Parkplatz zu nennen. Die Gesamtkosten für das Projekt sollten rund 16 Millionen Euro erreichen. Ob es bei diesem Betrag geblieben ist?
Das große Warten auf den Startschuss begann und es wurde diesem bereits sehnsüchtig entgegen gefiebert.
Als es dann am Freitag, dem 19. September 2008 um 12 Uhr endlich so weit war, gab der damalige Hessische Wirtschafts- und Verkehrsminister Alois Riehl gemeinsam mit dem damaligen Eschweger Bürgermeister Jürgen Zick unweit der historischen Wehre-Flutbrücken mit dem ersten gemeinsamen Spatenstich den Startschuss für die Bauarbeiten zur Reaktivierung der Stichstrecke nach Eschwege.
Am darauf folgenden Montag wurde dann sofort mit den Bauarbeiten begonnen, da die Zeit drängte, um alle gesetzten Termine einhalten zu können. Zunächst wurden die alten Wehrebrücken an der bereits bestehenden Südkurve saniert und die neuen Brücken an der Nordkurve gegründet. Gleichzeitig wurden die alten Gleise, soweit noch vorhanden, weggerissen und die Trasse geebnet.
Am alten Bahnhof verschwanden die Unterführung zum Zwischenbahnsteig und die am Bahnübergang, die beide aus dem Jahre 1912 stammten, sowie der Bahnübergang selbst. Die Güterabfertigung und der Tunnel zwischen Schützengraben und Kuhtrift, der so alt war wie die Bahn selbst, mussten schon vorher dem Straßenbau weichen.
Als Letztes wurde hier der Teil der Güterabfertigung abgerissen, der bis wenige Tage vor dem Abriss noch den Rundfunk Meißner beherbergt hatte. Unweit des Bahnüberganges mussten noch riesige Betonbrocken beseitigt werden, die wahrscheinlich noch vom alten Stellwerk Eo herrührten, das noch bis im Sommer 1980 am Bahnübergang gestanden hatte.
Direkt neben dem alten Empfangsgebäude wurden vor dem Winter noch die Fundamente für das neue Parkhaus ausgegossen. Eine weitere Baustelle tat sich auf, als mit dem Abbruch der alten Unterführung unweit der ehemaligen Abzweigung zum Eschweger Flugplatz Platz geschaffen wurde für den Bau einer modernen Fußgängerunterführung. Auch an der Kuhtrift wurde mit dem Brückenbau begonnen. Die Verschalungen für das erste Widerlager waren am 16. November 2008 bereits gezimmert und warteten auf das Eingießen des Betons.
An Weihnachten 2008 hatte sich an sämtlichen Schauplätzen der Großbaustelle schon Einiges getan.
Die alte Wehrebrücke aus den 1930er Jahren am Bahnhof Eschwege-West war zwischenzeitlich eingepackt und hatte auch eine neue Isolierung bekommen.
Das alte Einfahrtssignal vom Bahnhof West stand noch, sogar der Telefonkasten war noch vorhanden, nur das Schild »F« hatte inzwischen einen Liebhaber gefunden.
Die Isolierungsarbeiten an den beiden alten Wehre-Flutbrücken wurden inzwischen beendet und die Trasse mit Schotter versehen.
Das Parkhaus war um Einiges über die Grundmauern hinaus gewachsen und dort, wo einmal das Empfangsgebäude stehen wird, wurde eine Invasion von schwerem Arbeitsgerät geparkt.
Das erste Widerlager an der Kuhtrift ist fertig gegossen, der zweite wurde inzwischen für den Guss vorbereitet und die Brücke im Niederhoner Einschnitt, die über die Bahn hinweg führt ist ebenfalls eingepackt.
Am Bahnübergang Posten 47 wurde Arbeitsgerät abgestellt und die kleine Brücke bei Stiebel ist fertig eingeschalt, dort steht sogar noch der alte Kilometerstein km 46,7.
Nachdem an der Baustelle Kuhtrift/Schützengraben bis Anfang Februar 2008 rund 45 Tonnen Stahl in Form von 7 in Luxemburg gefertigten Trägern von 6,3 Tonnen Gewicht und 22 Metern Länge in die Widerlager eingefügt worden waren, musste bedingt durch Frost und reichlich Schneefall im Februar eine kurze Winterpause eingelegt werden.
Anschließend machten die Baustellen im Laufe des Frühjahrs an allen Schauplätzen wieder rasch weitere Fortschritte, so dass am 20. Mai 2009 beim Stadtbahnhof bereits das Richtfest gefeiert werden konnte. Anscheinend haben die Bauarbeiter dieses so kräftig gefeiert, so dass der Baubetrieb in der Woche darauf fast vollständig geruht hat. Auch das Parkhaus und die Fußgängerunterführung bei km 46,7 waren inzwischen fertig gestellt worden. Sogar die Masten für den Fahrdraht standen schon. Die Bahnsteigüberdachung war schon im Rohbau fertig gestellt worden und die neuen Brücken in der Nordkurve warteten in ihrer Verschalung auf den Betonguss. Die übrige Strecke wurde inzwischen komplett neu geschottert und am Bahnhof Eschwege-West lagen bereits die ersten neuen Gleise.
Nun ging alles rasend schnell vonstatten. Die neuen Wehrebrücken in der Nordkurve waren fertig gestellt, die ersten vorläufigen Gleise wurden an der gesamten Strecke verlegt, damit der Gleisbauzug schon mal fahren konnte, um auf dem Streckenabschnitt die endgültigen neuen Schienen verlegen konnte. Dieser fuhr am Montag, den 3. August 2009 zum ersten Mal in die neue Strecke ein, um die provisorischen 5-Meter-Gleisstücke gegen die neuen 120-Meter-Gleise, die per Stück etwa 6 Tonnen schwer sind, auszutauschen. Vorher wurde noch das Anschlussgleis von der Bebraer Strecke zur Kanonenbahn und zur Stichstrecke neu verlegt. Jetzt mussten nur noch die Gleise in der neuen Nordkurve verlegt und an die Göttinger Strecke angebunden werden. Zur Aufschotterung der Gleise rollten lange Schotterzüge in die Stichstrecke ein, außerdem wurden die Gleise der Nordkurve abgeschliffen und sonstige Restarbeiten an den Gleisen durchgeführt. Die Oberleitung an der Einfädelung der Nordkurve mussten neu ausgerichtet und verzweigt werden, gleichzeitig wurde die Verlegung der Oberleitungskabel entlang der gesamten Stichstrecke voran getrieben.
Inzwischen ist auch mit dem Bau des Haltepunkts Niederhone begonnen worden. Dort haben sich die Bauarbeiten erheblich verzögert, da beim für den Haltepunkt erforderlichen Abriss der alten Waggonfabrik nicht vermutete Altlasten gefunden worden waren.
Die Restaurierung der über die Strecke führenden Straßenbrücke unweit des Haltepunkts erstrahlte bereits seit Mitte Mai 2009 im neuen Glanz, aber die Arbeiten daran dauerten noch bis Mitte Juli. Nachdem der alte Posten 47 bereits Anfang Februar 2009 der Abrissbirne zum Opfer gefallen war, wird nun seit Oktober 2009 mit Hochdruck daran gearbeitet, den Bahnübergang technisch auf den neusten Stand zu bringen. Außerdem besitzt nun auch die Ziehung des Fahrdrahtes bis zum Stadtbahnhof höchste Priorität, damit der Cantus endlich bis dorthin fahren kann.
Inzwischen sieht auch der neue Kreisel am Stadtbahnhof seiner Vollendung entgegen. Am Bahnhof sind jetzt nur noch Feinarbeiten zu verrichten, wie zum Beispiel das Dach für die Bahnsteigüberdachung, die Errichtung der Schaukästen für die Fahrpläne oder das Anbringen der Bahnhofsuhren.
Seitdem die Vorderfront vom Servicegebäude fertig und mit dem Schriftzug »Stadtbahnhof« versehen war, meint man als Autofahrer, wenn man dort im Vorbeifahren auf die Front sieht, auf eine Bunkeranlage zu blicken. Vielleicht war das ja als Erinnerung an die Toten der Bombardierung des alten Bahnhofs am 22. Februar 1945 gedacht.
Durch das Beseitigen der Altlasten an der alten Waggonfabrik kam es beim Bau des Haltepunkts Niederhone zu erheblichen Verzögerungen, so dass die Zufahrt zum Bahnsteig nicht mehr termingemäß fertig wurden und durch den lang anhaltenden Winter erst im Frühjahr 2010 beendet werden konnten.
Weiter zu Teil 42: Die Einweihung des Eschweger Stadtbahnhofs
Autor: Hermann Josef Friske
Das Eschweger Eisenbahnmuseum
In Eschwege existiert seit vielen Jahren ein kleiner aber feiner Verein, der den Namen »Freunde der Eisenbahn Eschwege e. V.« trägt und der am Pommertor 3 in Eschwege ein kleines Eisenbahnmuseum betreibt.
Dieses Museum ist in der wärmeren Jahreszeit zwischen April und Oktober eines jeden Jahres an jedem 2. und 4. Sonntag des Monats in der Zeit von 9.30 Uhr bis 11.30 Uhr geöffnet und wird von den Mitgliedern des Vereins regelmäßig betreut. Wenn das Museum geöffnet ist, hängt in der oberen Etage das »Markenzeichen« aus dem Fenster, ein Formsignal mit einer Dampflok.
Schon wenn man den Eingangsbereich betritt, weiß der Besucher, dass er sich in einem Eisenbahnmuseum befindet. Da lehnen riesige Schraubenschlüssel, wie man sie für die alten Dampfloks benötigt hatte, an der Wand und Ölkannen, die man zum Abschmieren der Loks gebaut hatte, stehen ebenfalls dort.
Wenn man sich anschließend in das Innere der »heiligen Hallen« begibt, betritt man zunächst den Clubraum, in dem sich die Mitglieder des Vereins regelmäßig zu ihren Clubabenden treffen. Die dort ausgestellten Sitze aus alten D-Zugwagen dienen dabei auch als Sitzgelegenheiten. Die Wände sind mit allerlei Fotos und Diensturkunden aus der großen Eisenbahnzeit in Eschwege und Eschwege-West behangen. Dabei wurde auch die Nachbildung des Führerstandes einer Dampflok nicht vergessen, wo sämtliche Armaturen und Hebel genau dort angebracht wurden, wie die Anordnung auf der Lok tatsächlich gewesen war. Außerdem sind dort noch alte Fahrkartendrucker zu sehen, die aus den ehemaligen Bahnhöfen der umliegenden Orte stammen und die auch heute noch funktionsfähig sind, sowie das Führerpult eines Schienenbusses aus der Baureihe VT 95 zu sehen. Schilder von Dampfloks, die in den 1950er Jahren in Eschwege-West beheimatet waren, sind an den Wänden ebenfalls zu bewundern, wie eine alte Bahnhofsuhr aus einem Büroraum, alte Bahntelefone aus dem Wanfrieder Bahnhof oder eine Sammlung alter Pappfahrkarten sowie ein Hebel aus einem der hiesigen Stellwerke.
Sogar entlang der steilen Treppe, die ins Obergeschoss führt, wurden mangels Platz Exponate von besonderen Streckenjubiläen oder von letzten Zugfahrten aufgehängt, während andere Schilder, die alle aus dem Bereich der Eisenbahn stammen, am Treppenrand einfach gegen die Wand lehnen.
In der oberen Etage treffen wir auf das Herzstück der Ausstellung. Dort gibt es nicht nur ein Relief zu bewundern, auf dem sämtliche Bahnhöfe und Haltepunkte, die es einmal in der Gegend um Eschwege gegeben hatte, vermerkt sind, sondern auch eine Sammlung historischer Eisenbahneruniformen viele Fotos aus Ereignissen aus der Eisenbahnzeit, wobei auch die Kanonenbahn nicht zu kurz kommt. Ausgestellt werden auch eine ganze Reihe von Utensilien, die aus dem Bereich der Eisenbahn stammen bis hin zu Bauplänen von Stellwerken und Bahnhöfen. Fahrpläne aus längst vergangener Zeit sind ebenso dort zu sehen, wie Signallampen und alte Bahnhofsschilder. Sogar eine Sammlung alter Triebwagen- und Fabrikschilder sind zu sehen, dabei darf das Schild von den Orion-Anhängern natürlich nicht fehlen.
Leider platzt das Museum aus sämtlichen Nähten und viele Exponate können dadurch nicht gezeigt werden, aber Abhilfe ist leider nicht in Sicht. Es wäre wünschenswert, wenn es in der Nähe vom Stadtbahnhof ein Gebäude gäbe, in dem das Museum unweit der ehemaligen Kanonenbahn mehr Aufsehen erregt und alle Erinnerungsstücke auch gezeigt werden können.
Leider hat der Verein Nachwuchssorgen. Daher wendet er sich an die Eisenbahnfreunde in der Region, ob nicht der eine oder andere Interesse daran hat, Mitglied des Vereins zu werden. Interessenten wenden sich bitte an Erwin Bödicker in Eschwege, Telefon: 05651 / 21301, an den sich auch Interessenten für eine Gruppenführung mit mindestens 5 Personen außerhalb der regulären Öffnungszeiten wenden können.
Weiter zu Teil 44: Vom Bahnhof Eschwege zum Haltepunkt Ober-Niederhone
Autor: Hermann Josef Friske
Vom Haltepunkt Ober-Niederhone zum Bahnhof Eschwege-West
Nachdem wir die Brücke und den ehemaligen Abzweig zur Zuckerfabrik bei km 47,9 hinter uns gelassen haben, treffen wir bei km 48,2 auf den ehemaligen Haltepunkt Ober-Niederhone. Die beiden Gemeinden erhielten ihren Haltepunkt im Jahre 1954. Es wäre möglich, dass der Baubeginn noch Ende 1953 war, genaues dazu lässt sich derzeit nicht erfahren, da es keinerlei Aufzeichnungen über den Haltepunkt in der Tagespresse oder in internen Ortschroniken der jeweiligen Ortsteile vorhanden sind.
Die ersten Schienenbusse hielten ab dem 23. Mai 1954, dem Tag, ab dem der Sommerfahrplan des Jahres 1954 in Kraft trat. Im Fahrplan war der Halt in Ober-Niederhone nur in einer kleinen Fußnote gekennzeichnet, gemeinsam mit den Haltepunkten Friemen-Mäckelsdorf, Allendorf-Verna, Spieskappel und Rörshain.
Der Haltepunkt wurde zu einer festen Einrichtung und wurde von den Bewohnern von Ober- sowie Niederhone über all die Jahre gut angenommen, und wenn es nur für die Fahrt nach Eschwege war. Der Haltepunkt wurde bis zur Einstellung des Personenverkehrs auf der Strecke von Eschwege nach Kassel am 31. Mai 1985 bedient. Die Haltestelle wurde dann am 20. September 1986 abgerissen.
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Ganz verschwunden ist der alte Haltepunkt dann im Herbst 2008, als die alten Gleise für die neue Strecke zum Eschweger Stadtbahnhof endgültig weichen mussten. Wo sich vorher die Reste vom Haltepunkt befanden, wurde eine Zufahrt zur Baustelle angelegt und schräg gegenüber entstand ein neuer großzügig angelegter Haltepunkt für den Stadtteil Niederhone, an dem der Cantus später bei der Einfahrt in Richtung Eschwege als auch bei der Ausfahrt in Richtung Bebra oder Göttingen halten würde.
Bis das aber so weit war, mussten zunächst das Gebäude der ehemaligen Waggonfabrik sowie Teile der ehemaligen Zuckerfabrik abgerissen werden, was erst im Herbst 2009 geschah, um für den großzügig angelegten Parkplatz für Pendler und sonstige Bahnreisende Platz zu schaffen.
Die alte Stützmauer zur Straße hin, musste zwar nicht weichen, wurde aber zugeschüttet, um den Hang schräg an das übrige Gelände anzugleichen.
Der neue Haltepunkt Niederhone bei km 48,2 wurde gemeinsam mit dem Eschweger Stadtbahnhof am 12. Dezember 2009 eröffnet, da der Bahnsteig bereits fertig gestellt war. Die Bauarbeiten am Umfeld des Haltepunktes verzögerten sich jedoch, weil auf dem Gelände der ehemaligen Waggonfabrik Altlasten gefunden wurden, die zunächst noch beseitigt werden mussten. Erst im Spätherbst 2010 waren die Arbeiten am Parkplatz endlich fertig gestellt.
Da die für den neuen Haltepunkt abgerissenen Gebäude der Waggonfabrik auch Kanonenbahngeschichte darstellen, lohnt es sich, an dieser Stelle auch über die Geschichte dieser Gebäude zu berichten.
Bei km 48,2 befand sich seit dem Jahre 1836 an der Nordseite der Kanonenbahn die Zuckerfabrik Niederhone Aktiengesellschaft in Niederhone bei Eschwege (Hessen-Nassau), so lautete die offizielle Bezeichnung, die wahrscheinlich bereits seit dem Bau der Bebra-Friedländer Eisenbahn mit der Stichstrecke nach Eschwege über ein eigenes Anschlussgleis verfügte. Dieser Gleisanschluss verlief offensichtlich vom Bahnhof Niederhone, heute Eschwege-West, her zunächst parallel zum Gleis der Kanonenbahn, die ja bis ins Jahr 1906 nur eingleisig betrieben wurde.
Am 4. November 1900 kam es an diesem Gleisanschluss nur wenige Meter vor der Ladestelle der Zuckerfabrik zu einem tragischen Unfall. Der Bahnhofsarbeiter Wilhelm Hupfeld aus Oberhone begleitete einen Güterzug, der für die Zuckerfabrik bestimmt war und morgens kurz vor 7 Uhr, nur zwei Minuten vor dem regulären Zug mit der Nummer 331 zwischen Waldkappel und Leinefelde, den Bahnhof Niederhone, heute Eschwege-West, auf dem Anschlussgleis der Zuckerfabrik verließ. Nachdem der Zug gehalten hatte, betrat Hupfeld das Durchgangsgleis der Strecke nach Eschwege, wahrscheinlich, um sich die Nummern der einzelnen Waggons zu notieren, wobei er nicht an den Personenzug nach Leinefelde gedacht hatte. Der Warnruf eines anderen Bahnarbeiters kam zu spät, der Zug war bereits bis auf 30 Meter herangekommen. Hupfeld versuchte noch, zur Seite zu springen, aber es war zu spät. Er wurde von der linken Seite der Lok erfasst, die mit Volldampf herangebraust kam, wurde auf das Gleis geschleudert und einige Schienenlängen mitgeschleift. Das sofort herbei eilende Personal des Rangierzuges kam zu spät. Hupfeld, der schrecklich zugerichtet war, starb noch an der Unfallstelle. Ihm waren beim Aufprall beide Unterschenkel abgefahren worden. Außerdem hatte er schwerste Schädelverletzungen davon getragen, die wahrscheinlich zu seinem sofortigen Tod geführt haben. Hupfeld war nur 34 Jahre alt geworden und hinterließ eine Frau mit drei Kindern. Am Tag darauf berichtete das Eschweger Tageblatt über den Unfallhergang.
Im Bericht unterhalb des Unfallberichtes wurde ein weiteres Ereignis erwähnt, dass in Frieda eine »schmucke« Feldbahnlok für den Materialtransport an der Schwebda-Treffurter Eisenbahn angeliefert wurde.
Nachdem am 25. Juni 1906 zwischen Eschwege und Niederhone mit dem Bau des 2. Gleises begonnen wurde, musste natürlich auch ein neues Anschlussgleis her, von dem der Oberbau am 15. Januar 1907 in Angriff genommen wurde. Die Verbindung zur Zuckerfabrik erfolgte nun durch eine Weiche, die von Eschwege her etwa bei km 47,9 vom neu errichteten Streckengleis nach Niederhone abzweigte, als drittes Gleis neben den beiden Streckengleisen verlief und vor der Straßenbrücke geendet hat. Der neue Gleisanschluss ging dann am 30. April 1907 gleichzeitig mit dem 2. Gleis in Richtung Eschwege in Betrieb.
Von dem Anschlussgleis zur Zuckerfabrik ausgehend war geplant, eine Verbindungskurve nach Norden hin zur Friedländer Eisenbahn zu bauen, um von hier aus eine direkte Verbindung von Göttingen nach Eisenach zu erhalten, aber dieses Vorhaben ist leider nie verwirklicht worden. Es wäre möglich, dass das Militär, das bei der Kanonenbahn ein Wort mitzureden hatte, diesen Plan vereitelt hat.
Die Niederhoner Zuckerfabrik wurde im Jahre 1916 von der Aktien-Zuckerfabrik Obernjesa übernommen und spätestens im Jahre 1918 stillgelegt.
Wahrscheinlich im Jahre 1920 etablierte sich in den verlassenen Hallen eine Waggonfabrik, die »Hessischen Maschinen und Waggonfabriken Reichelt & Co. GmbH, Niederhone«, die Anfang der 1930er Jahre, wahrscheinlich im Jahre 1932 mangels Aufträgen aufgegeben wurde. Da die vorhandenen Platzverhältnisse sehr beengt waren, wurde extra für diese Waggonfabrik am Ende des ehemaligen Zubringers für die Zuckerfabrik eine Drehscheibe mit knapp 10 Meter Durchmesser errichtet, die per Hand betrieben wurde. Nur so konnte Material direkt in die Hallen transportiert und die fertigen Waggons, die die Fabrik verlassen haben, aus den Hallen heraus auf die Strecke gebracht werden. Nach Schließung der Fabrik verwahrloste das Gelände und die Drehscheibe wurde schließlich nach dem Ende des 2. Weltkriegs im Jahre 1946 oder 1947 abgebaut, ebenso das Gleis mit dem Zubringer.
Auf der Strecke folgen als nächstes auf etwa 800 Meter gleich vier Brücken bis zum Bahnhof Eschwege-West.
Die erste Brücke führt bei km 48,25 über die Landstraße von Nieder- nach Oberhone und ist in den Jahren ihres Bestehens zweimal erneuert worden. Wir können davon ausgehen, dass der erste Umbau im Jahre 1932 stattfand, wo sie durch eine stabilere Stahlkonstruktion ersetzt wurde und dann später nochmals nach dem Jahre 1985, wo sie eine Betonkonstruktion erhielt, weil der Durchlass mittlerweile zu eng und für LKW auch zu niedrig geworden war. Der Brücken-Neubau wurde damit gerechtfertigt, dass die Eschweger Güterabfertigung noch für mindestens weitere 10 Jahre in Betrieb sein sollte, daraus sind aber bloß 8 oder 9 Jahre geworden. Die heutige Ausführung besitzt eine Gesamtlänge inklusive der Widerlager von 23 Meter, ist 5 Meter breit und besitzt eine Höhe von etwa 5 Meter. Der Durchlass alleine besitzt eine Breite von 13 Metern.
Die zweite Brücke ist die große Wehre-Flutbrücke bei km 48,35, die in der Zeit vom Herbst 2008 bis zum Frühjahr 2009 für die neue Strecke zum Eschweger Stadtbahnhof einer gründlichen Restaurierung unterzogen wurde. Sie besteht aus 3 Bögen mit etwa 7 Metern Breite und besitzt an der oberen Kante an beiden Seiten eine Brüstung aus Sandstein. Die Länge des Bauwerks beträgt ungefähr 33 Meter, die Höhe liegt bei 6 Meter und die Breite der Brücke inklusive der Stützmauern beträgt etwa 22 Meter. Der bloße Brückensockel, ohne die Stützmauern, besitzt eine Breite von 9 Meter. Das Bauwerk wurde in seiner Architektur dem Westportal des Frieda-Tunnels nachempfunden.
Im gleichen Atemzug sei die dritte Brücke, die kleine Wehre-Flutbrücke bei km 48,447 zu nennen, die im Baustil der großen Wehre-Flutbrücke ähnelt, jedoch nur einen einzigen Bogen besitzt. Dieses Bauwerk besitzt lediglich eine Länge von etwa 13 Metern, eine Höhe von etwa 5,50 Meter und eine Breite einschließlich der Stützmauern von etwa 22 Meter. Ohne die Stützmauern ist das Bauwerk lediglich 8,50 Meter breit. Das Besondere an diesem Bauwerk ist, dass die Brüstung am oberen Rand auf der Nordseite aus Sandstein besteht, an der Südseite jedoch mit einem Stahlgeländer versehen wurde, das bis im Jahre 2009 noch original erhalten war, das aber im Zuge der Renovierungsarbeiten durch ein neues Geländer ersetzt wurde. Ansonsten sind beide Sandsteinbrücken im Originalzustand erhalten geblieben.
Bei km 48,7 befand sich an der alten Strecke das Einfahrtssignal zum Bahnhof Eschwege-West, das aber beim Streckenneubau entfernt wurde. Während der Umbauarbeiten stand das funktionierende Signal ohne Gleis gemeinsam mit dem Fernsprecher noch nutzlos in der Landschaft herum.
Im Laufe des Jahres 2009 ist das Signal dann einer Streckenteilung gewichen. Nach rund 100 Jahren, seitdem die Forderung erstmals gestellt wurde, ist endlich auch die Nordkurve, die eine Verbindung nach Göttingen darstellt, gebaut worden, auch wenn heute keinerlei Verbindungsmöglichkeit nach Eisenach mehr besteht. Für dieses nur knapp 500 Meter lange Teilstück wurden 2 Brücken über die beiden Wehrearme neu errichtet, außerdem mussten auf der Trasse 2 Häuser vom Ortsrand des Stadtteils Niederhone dem Gleisbau geopfert werden.
Seit dem 12. Dezember 2009 rollt der Cantus nun auch über die neue Nordverbindung in Richtung Göttingen. In Höhe der Weiche sind am Fahrdrahtmast 2 Kilometerangaben angebracht. Am Mast in Richtung Eschwege-West zeigt das Schild die alte Angabe km 48,7 und am Anfang von der Kurve steht auf dem Schild km 0,0.
In Richtung Eschwege-West wird die Bahntrasse ab km 48,85 auf der Mühlgrabenseite für etwa 60 Meter von einer bis zu 2 Meter hohen Stützmauer gegen Hochwasser gesichert, bevor wir endlich bei km 49,0 die vierte Brücke erreichen.
Mit ihr wird die Wehre in Höhe einer Staustufe überquert. Das Bauwerk wurde im Juli 1932 erstmals umgebaut, wobei die Brücke weitgehend ihr heutiges Aussehen erhalten hatte. Bei einer Höhe von ungefähr 5,50 Meter über dem Wasserspiegel der Wehre und einer Länge von lediglich 20 Metern, ohne Widerlager, gehört die Wehrebrücke nicht zu den großen Kanonenbahnbrücken. Da auch diese beim Streckenneubau gründlich renoviert worden ist, bekam sie bei dieser Aktion auch ein neues Widerlager aus Stahlbeton. Die Brücke selbst ist für 2 Gleise ausgelegt, jedoch wurde dieses Mitte der 1970er Jahre beim Rückbau des 2. Streckengleises entfernt. Bei der Restaurierung wurde der Stahlüberbau neu gestrichen und die Brückenwanne neu isoliert, bevor frischer Schotter aufgetragen und das neue Gleis verlegt wurde. An der Westseite verläuft am Rand der Brücke ein Fußgängerüberweg auf einer eigenen Trasse.
Das Vorsignal zur Bahnhofseinfahrt Eschwege-West befand sich bei km 47,9, das Einfahrts-Hauptsignal stand nur wenige Meter vor der Wehrebrücke bei km 48,65.
Schon bei der großen Wehre-Flutbrücke beginnt eine lang gezogene Linkskurve, an deren Ende sich der Eingang zum Bahnhof Eschwege-West bei km 49,1 befand, dessen Kilometerstein noch vorhanden ist.
Hier steht auch noch heute noch unmittelbar hinter der Wehrebrücke auf der linken Seite direkt neben dem Kilometerstein das Rondell der Grundmauer für die Bahnhofsflak aus dem zweiten Weltkrieg.
Hier stand auch bis ins Jahr 2009 das alte Ausfahrtssignal in Richtung Eschwege. Seitdem steht das neue Einfahrtssignal noch vor der Wehrebrücke, aber nicht für die Bahnhofseinfahrt, sondern für die freie Fahrt zur Überquerung des Göttinger Richtungsgleises von der Bebra-Göttinger Bahn, um auf das Streckengleis in Richtung Bebra zu gelangen. Auf dem Weg dorthin führt das neue Gleis am gesamten ehemaligen Rangierbahnhof entlang, um etwa bei km 49,9 in ein Ausweichgleis der Bebra-Göttinger Bahn einzumünden.
Weiter zu Teil 46: Der Bahnhof Eschwege-West bis 1945
Autor: Hermann Josef Friske
Der Bahnhof Eschwege-West von 1945 bis 1963
Nach dem 2. Weltkrieg sollte sich die Verkehrssituation in Deutschland in vieler Hinsicht grundlegend ändern. Verliefen dort die Hauptverkehrsströme bisher zwischen Ost und West, so traten durch die seit 1945 mitten durch das Land verlaufende Zonengrenze hauptsächlich Eisenbahnverbindungen zwischen Nord und Süd an deren Stelle. Das traf auch für den Bahnhof Eschwege-West und die Kanonenbahn zu. Da das Betriebsamt Eschwege in Hinblick auf die Kanonenbahn eingerichtet worden war, standen nun die Strecken, die östlich von der Friedabrücke lagen, als Folge der Grenzziehung, für das Amt nicht mehr zur Verfügung. Daher wurde die Zuständigkeit für den Bahnhof Eschwege-West sowie der Hauptstrecke zwischen Km 169,0 (vor Bebra) und Km 225,0 (vor Eichenberg) ausschließlich der Endbahnhöfe nun dem Eschweger Amt als Ersatz zugeordnet.
Sofort nach Kriegsende setzte sich der nach der Bombardierung des Eschweger Bahnhofs und des Betriebsamtes Eschwege nur für einige Monate eingesetzte Chef dieses Amtes, Reichsbahn-Oberrat Widinger, mit den amerikanischen Behörden in Verbindung, wobei er große Überzeugungsarbeit leistete. Er erreichte, dass die ersten Bahnverbindungen um den 20. Juni 1945 wieder notdürftig hergerichtet waren und die ersten Züge wieder fahren konnten. Auf der Strecke zwischen Eschwege und Kassel begann sich der Verkehr noch im Spätherbst 1945 zu normalisieren.
Wie aus einem der ersten Fahrpläne vom Hauptbahnhof Kassel nach dem Krieg vom 25. November 1945 hervor geht, gab es zwischen 4.50 Uhr Abfahrt (Ankunft in Eschwege 7.39 Uhr) und 17.35 Uhr Abfahrt (Ankunft 20.19 Uhr) immerhin schon wieder 4 Zugverbindungen in Richtung Eschwege. Diese Züge hielten natürlich auch am Bahnhof Eschwege-West. Außerdem gab es um 22.30 Uhr noch einen Abendzug nach Walburg, der um 23.44 Uhr dort ankam.
Unweit der schwarzen Brücke bei Km 51,75 der Kanonenbahn, die auch schiefe Brücke genannt wurde, befand sich bei Kriegsende ein durch Tiefflieger-Beschuss liegen gebliebener Zug, der auf der Kanonenbahn gestanden haben soll, mit Kesselwagen, die große Mengen Methyl-Alkohol geladen hatten. Nach Kriegsende wurde dieser überwiegend von russischen und polnischen Fremdarbeitern geplündert. Nach dem Genuss des Methyl-Alkohols verstarben 48 Personen im Eschweger Krankenhaus.
Ebenfalls durch Fremdarbeiter wurden nach Kriegsende auf den Bahnhöfen und Stellwerken in Eschwege und Umgebung die Signalanlagen, Uhren, sowie andere Einrichtungsgegenstände zerstört, außerdem stahlen sie alles, was nicht niet- und nagelfest war.
Der Vormarsch der amerikanischen Truppen im Frühjahr 1945, verbunden mit der Besetzung der Stadt Eschwege und gleichzeitiger Einnahme der Bahnhöfe Eschwege-West, Hoheneiche und Eschwege, verhinderte den Weitertransport verschiedener Güterwaggons, die dann auf den jeweiligen Bahnhöfen stehen blieben, bis sie entweder von den amerikanischen Besatzern beschlagnahmt und verwertet oder vernichtet (Munition und Wehrmachtsgut) wurden, vor Ort zur Verwertung durch die öffentliche Hand für die allgemeine Versorgung der Bevölkerung beziehungsweise der Fremdarbeiter freigegeben, an Gewerbebetriebe verkauft, oder aber soweit möglich, dem Empfänger des Frachtgutes erneut zugestellt wurden. Die Abgabe an Gewerbebetriebe erfolgte gegen Bezahlung, wobei der festgelegte Betrag vom Warenempfänger auf ein extra für diese Fälle angelegtes Sonderkonto eingezahlt werden musste, dessen Betrag später dem Absender des jeweiligen Waggons zu Gute kam.
So standen am Bahnhof Eschwege-West 45 Waggons, die Frachtgüter aller Art enthielten, angefangen mit einem defekten Flugzeug über Maschinen und Ersatzteile bis hin zu Bau- und Grubenholz. Außerdem standen dort 59 Waggons mit Munition, Baracken, Feldöfen, Horchgeräten, Panzerteilen, Motoren, Pulver und leeren Geschosskörben. Der Inhalt dieser Waggons wurde gewiss von den amerikanischen Besatzern sofort zur Vernichtung beschlagnahmt oder, soweit möglich, dem Eigenbedarf der amerikanischen Truppen zugeführt.
In Hoheneiche waren 33 Waggons mit dem unterschiedlichsten Inhalt stehen geblieben, darunter zwei Waggons mit Stückgut. Es scheint so, als seien sämtliche stehen gebliebenen Waggons aus den Bahnhöfen in der Umgebung von Eschwege auf diesen beiden Bahnhöfen konzentriert abgestellt worden.
Aus diesem Bestand wurden per Freigabebeschluss der Militärregierung am 5. Juli 1945 folgende 13 Waggons einer Verwertung durch Notempfänger durch die Güterabfertigung Eschwege zugeführt:
N. S. 88.252 mit Grubenholz ging an die Firma Poppenhäger, France 57.564 mit Ziegelsteinen ging an das Amt für Wiederaufbau, Waggons Regensburg 14.276 und 14.010 die mit Bauholz beladen waren, sowie die beiden Waggons B M B 919.791 und 921.734, die Stangenholz enthielten, erhielt die Eisenbahn, der Waggon France 35.241 enthielt Buchenscheite, die an die Firma Döhle gingen, der Waggon München 38.498 enthielt Papierwebgarn und ging an die Firma Jost, Waggon France 153.328 enthielt Eisenbahnschienen für die Bahn, Waggon Kassel 77.623 enthielt eine Spezialdrehbank und eine Rohrziehbank, jeweils mit Zubehör, sowie Leitungsröhren. Dieser Inhalt wurde eingelagert, ein Empfänger geht aus dem Dokument nicht hervor.
Der Waggon Hannover 10.060 war ebenfalls mit Leitungsröhren beladen, die gleichfalls eingelagert wurden. Da es sich bei den Röhren um gebrauchte Röhren gehandelt hatte, ist es zu vermuten, dass diese zu Reparaturzwecken an die Stadtwerke Eschwege abgetreten wurden. Der Waggon B M B 716.341 war beladen mit Ersatzteilen für landwirtschaftliche Maschinen und wurde an den Eigentümer der Ladung, die Hessenland, Landwirtschaftliche An- und Verkaufsgenossenschaft, in diesem Falle die Filiale Hoheneiche (anstatt Altmorschen).
In den Wirren der letzten Kriegstage wurde der Waggon DMB 716.341, der am 26. März 1945 vom Lager Kassel der Hessenland-Verkaufsgesellschaft mit landwirtschaftlichen Ersatzteilen beladene und an die Außenstelle Altmorschen adressiert gewesene Waggon infolge Feindeinwirkung schließlich zum Bahnhof Hoheneiche umgeleitet, wo er der dortigen Filiale zugeführt werden sollte. Durch die Besetzung des Raumes Eschwege durch amerikanische Truppen blieb der Waggon jedoch im Bahnhof stehen und konnte erst nach langem hin und her nach dem Erbringen eines Nachweises der Eigentumsverhältnisse schließlich am 16. Juli 1945 dem Güterbahnhof in Eschwege übergeben werden, während die Bezahlung der Ladung immer noch im Raum stand und am 26. August 1945 immer noch nicht von den Behörden erledigt war, obwohl es sich um Eigentum der Hessenland handelte, wo nur eine interne Umbuchung auf eine andere Filiale erfolgen musste und sich somit eine (somit doppelte) Bezahlung an das Landratsamt hätte erübrigen müssen.
Außerdem fand noch der Waggon Kassel 4.136 eine Verwertung, der Holzbetten enthielt, die dem Landratsamt für die Verwendung in der Flüchtlingsbetreuung zur Verfügung gestellt wurden. Die Betten wurden im Flüchtlingslager Schulberg in der Handelsschule aufgestellt.
Außerdem wurden die beiden mit Stückgut beladenen Waggons France 171.109 und France 134.238 mit unzustellbaren Stückgütern am 30. Juni 1945 der Eschweger Güterabfertigung für Notempfänger zugeführt.
Der Reichsbahn wurden insgesamt fünf Waggons, beladen mit Bauholz und Stangenholz, mit folgenden Waggonnummern zur Verfügung gestellt: Regensburg 14.010, Regensburg 14.376, B M B 919.791 und 921.734 sowie der mit Eisenbahnschienen beladene Waggon France 153.329.
Außerdem standen am Güterbahnhof Eschwege noch folgende Waggons, die in der ersten Liste nicht enthalten war und die einer entgeltlichen Verwertung zugeführt worden waren. Das betraf die Waggons:
Breslau 98.934 und Augsburg 91.926, die Winkel- und Flacheisen enthielten, France 227.040 und Hannover 89.563, die Chlornatrium enthielten, sowie Italia 040.578, France 87.619, Villach 34.886 und Ludwigshafen 99.161, die mit Torfmull und Torfstreu beladen waren.
Außerdem gibt es noch Einzelhinweise über Waggons mit Flach- und Winkeleisen, die an die Schlosserinnung weiter gereicht wurden, die aber nicht in der Auflistung der freigegebenen Waggons enthalten war.
Aus den am Bahnhof Eschwege-West stehen gebliebenen Waggons mit Versorgungsgütern wurde bereits in den ersten Wochen nach der Besetzung durch die Amerikaner in deren Auftrag von dem Fahrbereitschafts-Leiter der Firma Ph. Gerlach folgende Mengen an Versorgungsgütern für die Verpflegung der Ausländer entnommen:
7.860 Kg Margarine, 33.525 Kg Zucker, 700 Kg Erbsen, 28.200 Kg Salz, 406 Kisten mit Kerzen, 662 Karton mit Zigaretten, 3.050 Kg Marmelade, 220 Kg Puddingpulver, 2.500 Zentner Brikett sowie 280 Zentner Nusskohlen. Diese Mengen wurden aber nur zum Teil für die unentgeltliche Verpflegung der Ausländer verwendet, ein weiterer Teil wurde kostenpflichtig an die Bevölkerung des Kreises Eschwege abgegeben. Ein mengenmäßiger Nachweis darüber konnte von der Firma Gerlach aber nie erbracht werden. Hierbei sei die Frage erlaubt, ob sämtliche Güter auch in die vorgesehenen Kanäle geflossen sind oder Teile davon dem schwarzen Markt zugeführt wurden.
Über den Verbleib von folgenden vier Waggons war in Eschwege nichts bekannt und konnte somit nicht geklärt werden:
Königsberg 10.305, beladen mit Buchenrollen, Italia I 115.551, beladen mit Werkzeugbänken und Behälter, Essen 38.605, beladen mit Eisenstücken, sowie Klagenfurt 26.542 beladen mit Maschinen.
Die entgeltliche Verwertung der restlichen frei gegebenen 11 Waggons erbrachte den auf das Sonderkonto eingezahlten Betrag von 659,38 RM.
Mit diesen Maßnahmen wurde versucht, wieder Ordnung in das Chaos zu bringen, das durch den Zusammenbruch des Hitlerreiches und der damit verbundenen Anarchie entstanden war, da die ersten Tage nach der Besetzung durch Plünderung und Verwüstung von Eisenbahnwaggons geprägt war, verursacht durch die Plünderung durch die frei gelassenen Kriegsgefangenen und Fremdarbeiter, sowie durch die eigene Bevölkerung, die sich meistens aus der Not heraus auch an Eisenbahnwaggons vergriffen hatte.
Einen recht hohen Anteil an den am Bahnhof Eschwege-West stehen gebliebenen Waggons bildeten militärische Güter, ein Zeichen dafür, dass sich auch gegen Kriegsende noch eine recht große Anzahl von Militärmaterial auf der Schiene befand.
Hier einige Beispiele:
Waggon France 238478, beladen mit Material für Flugzeugbau, bestimmt für Reichsnährstand Zennern, France 96273, beladen mit 5 Tonnen Pulver für die Firma Genschow und Co, Wabern, France 257885, beladen mit 15 Tonnen Munition für die Chemische Fabrik Allendorf Kreis Marburg und so weiter, alles in Allem 59 Waggons.
Von der amerikanischen Militärregierung und durch amerikanische Truppen wurden aber auch Waggons als Beutegut beschlagnahmt, da deren Inhalt sehr knapp und begehrt war und auch für die Versorgung der amerikanischen Truppen interessant zu sein schien.
Ein Beispiel dafür war der in Hann. Münden durch die Firma Pannertz am 26. März 1945 der mit 16.370 Kg Schmirgelersatz im Wert von 491,10 RM (verpackt in 332 Jutesäcken zu je 2 ) beladene Waggon Bremen 5612, der eigentlich für die Chemische Fabrik Fritz Triban in Wanfried als Empfänger adressiert war. Dieser Waggon hatte wochenlang am Bahnhof Eschwege-West gestanden, bevor er von amerikanischen Truppen einem Transport mit unbekanntem Ziel beigefügt wurde.
Um das Chaos, das während der Wochen des Zusammenbruches des »Dritten Reiches« in den letzten Kriegswochen im März und April 1945 beim Transport von Gütern mit der Deutschen Reichsbahn entstanden war, etwas zu lichten und den Verbleib von Gütern unmittelbar nach dem Zusammenbruch zu klären, erging vom Regierungspräsident in Kassel am 4. April 1946 folgende Rundverfügung an die an die Herren Oberbürgermeister, Landrate und Wirtschaftsämter des Bezirkes folgender Aufruf:
Die Reichsbahndirektion Kassel führt eine umfangreiche Suchaktion durch nach den Gütern, die nach der Besetzung durch die amerikanischen Truppen bis zur Wiederaufnahme des Bahnbetriebes verwertet wurden oder abhanden gekommen sind. Zur Unterstützung dieser Aktion bitte ich, baldmöglichst an die Reichsbahndirektion Kassel - Abt. 7 V 2 Vgse - eine Aufstellung zu senden, über alle Güter, über die Sie in der angegebenen Zeit verfügt oder über deren Verbleib Sie Kenntnis erhalten haben. Dabei ist wesentlich die Angabe der Station, der Wagennummer, des Inhalts und der durchgeführten Verwertung. Außerdem sind wichtig, Anhaltspunkte über Eigentümer, Versender und Empfänger des Gutes, soweit bei Ihnen Feststellungen darüber vorliegen. Fehlanzeige an die Reichsbahndirektion ist notwendig.
Über den Verbleib der Güter und deren Verwertung gibt eine Akte im Staatsarchiv Marburg unter der Nummer »Stadtarchiv Eschwege_180 Eschwege 4292« weitgehend Auskunft.
Dabei konnte aber der Inhalt der durch Fremdarbeiter und Bevölkerung geplünderten Waggons nicht mehr ermittelt werden. Teilweise wurden Reste aus diesen Waggons in die 2 Stückgutwaggons France 171.109 und France 134.238 integriert, die am 30. Juni 1945 der Eschweger Güterabfertigung zur Weitergabe an Notempfänger in der Industrie sowie der öffentlichen Hand übergeben wurden.
In den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg kam auf das Personal durch den Totalausfall des Eschweger Betriebswerkes noch weitere Aufgaben zu, vor Allem in der Lokwartung, denn nicht nur die Loks von der Nord-Süd-Strecke und der Kanonenbahn, sondern auch diese der Nebenstrecken nach Walburg, Großalmerode, Witzenhausen-Süd und Heldra mussten von nun an gewartet werden. In diesen Jahren waren bis zu 50 Loks der Baureihen 44, 50, 52, 55, 56, 86, 91 und 94 in Eschwege-West stationiert.
Selbst die 18 323 aus Minden wurde im neuen 5-ständigen Lokschuppen gewartet, wann immer sie den Messzug aus Minden mit Triebzügen oder Kühlwagen für den Frieda-Tunnel nach Eschwege-West gebracht hatte.
Die Lehrlingswerkstatt des Betriebswerkes, die sich vom 1. April 1943 bis zum 22. Februar 1945 am Eschweger Bahnhof im Treffurter Schuppen befand, wurde nach dem Krieg ab Sommer 1945 bis April 1961 zunächst in einem alten Packwagen untergebracht, der auf dem Bahnhof Eschwege-West gestanden hatte. Danach zog die Werkstatt bis zur Schließung des Betriebswerkes am 1. Oktober 1965, in eine Baracke neben dem Wasserturm um.
Im Laufe des Jahres 1953 wurde gegenüber dem Wasserturm neben dem Kanonenbahngleis eine neue Zuckerrüben-Verladestation gebaut, an der am Prellbock des Zufahrtsgleises auch das alte Verladegleis der Schmalspurbahn endete, die quer durch Oberhone verlief und bis zu den Gipsbrüchen oberhalb des Ortes geführt hatte.
Durch eine falsche Weichenstellung und dichtem Nebel fuhr die Lok 86 485 im März 1960 in die Drehscheibengrube hinein. Sie musste mit einem Spezialkran aus der Grube geborgen werden. Die Bergung wurde fotografisch festgehalten und nach getaner Arbeit stellte sich das Lokpersonal vor der wieder aufgegleisten Lok dem Fotografen.
Nach dem Jahre 1961 sollte es für die Nord-Süd-Strecke und somit auch für den Bahnhof Eschwege-West zu groß angelegten Umbaumaßnahmen kommen, die im Rahmen der Streckenelektrifizierung zwischen Würzburg und Hannover an vielen Bahnhöfen entlang der Strecke und damit auch an der Strecke selbst anstanden.
So mussten zum Beispiel die Gleise im Bereich der Tunnel zur Aufnahme des Fahrdrahtes um 80 bis 120 cm gesenkt werden, wie das im Bereich vom Betriebsamt Eschwege mit dem Bebenroth- oder Schürzenberg-Tunnel geschah.
Andere Tunnel wurden einfach aufgeschlitzt, wie es beim Braunhäuser Tunnel geschah, wo die Strecke nun durch einen tiefen Einschnitt führt.
Bei all diesen Arbeiten mischte die Eschweger Baufirma Bödicker kräftig mit.
Außerdem wurden viele Bahnhöfe umgebaut, die dort vorhandene Streckenführung vereinfacht und nicht mehr benötigte Streckenanbindungen von stillgelegten Strecken, die in Richtung DDR führten) und Gleise abgebaut.
So waren für den Bahnhof Eschwege-West für das Jahr 1962 folgende Baumaßnahmen vorgesehen:
Zwei Überholgleise sollten um 160 Meter verlängert werden, damit diese auch längere Güterzüge aufnehmen könnten. Damit verbunden war die Vereinfachung und Neueinrichtung von Weichenverbindungen.
Außerdem sollten im Bahnhofsbereich zwei breite Bahnsteige errichtet werden, verbunden mit dem Bau von Bahnsteigunterführungen, damit die Fahrgäste nicht mehr über die Gleise laufen mussten, um zu den Zügen zu gelangen.
Für den Güterbereich war für das gleiche Jahr der Bau eines 1,80 Meter hohen Ablaufberges mit den damit verbundenen Gleisabänderungen geplant, weil die alten Anlagen durch der enormen Zunahme von Handel und Industrie in der nahen Kreisstadt Eschwege, die östlich vom Bahnhof an der Kanonenbahn liegt, bei Weitem nicht mehr ausgereicht hatten.
Durch diese Umbaumaßnahmen sollten trotz der Erweiterung im Güterbereich insgesamt 300 Meter Gleise und 23 Weichen eingespart werden.
Des Weiteren war für das Jahr 1964 noch der Abbau der Betriebswerks-Anlagen vorgesehen, verbunden mit einem weiteren Abbau von 980 Meter Gleisen sowie weiteren 5 Weichen.
Aber ganz so, wie der Plan es vorsah, sind die Umbauten am Bahnhof Eschwege-West nicht vorangekommen, aber beginnen wir mit den Umbauten, die noch im Jahre 1961 in Angriff genommen wurden.
Um den Zugdurchlauf im Bahnhofsbereich flüssiger zu gestalten, wurde zunächst damit begonnen, Unterführungen zu den inzwischen verbreiterten Bahnsteigen zu bauen, damit keine Rücksicht mehr auf Fußgänger auf den Gleisen mehr genommen werden musste und dadurch die Durchfahrtsgeschwindigkeit erhöht werden konnte. Die Unterführungen waren im Oktober 1962 fertig gestellt und wurden am Nachmittag des 30. Oktober im Rahmen einer Feierstunde in Betrieb genommen. Die Kosten alleine für die Unterführungen schlugen mit 1,25 Millionen DM zu Buche. Dadurch konnte auch den verschiedenen D-Zug-Halten Rechnung getragen werden, die seit Mitte der 1950er Jahre wegen der damals stark zunehmenden Bevölkerung in der Kreisstadt Eschwege und der aufstrebenden Industrie notwendig geworden waren. Bei der Neutrassierung der B 27 in den Jahren 1967/68 wurde die Unterführung bis hinter die neue B 27 verlängert, um den Fahrgästen das problemlose Erreichen der dort haltenden Omnibuslinien zu gewährleisten.
Weil die Güterzüge künftig mit E 40 und E 50 gefahren werden sollten, die so stark waren, dass sie wesentlich längere und schwerere Güterzüge als bisher durch das nordhessische Bergland befördern konnten, die E 50 sogar ohne Schiebelok und dann immer noch mit etwa 55 km/h bei 1.800 t Zuglast. Selbst die berüchtigte Cornberger Höhe bereitete mit ihrer 12,5 Promille Steigung keine Schwierigkeit mehr. Diese konnte die E 50 bei gleich bleibender Geschwindigkeit und immer noch 1.500 t Zuglast überqueren. Da die Züge durch das höhere Zuggewicht in der in der Lage waren, längere Güterzüge transportieren zu können, entfielen künftig auf einen Güterzug bis zu 140 Achsen bei 750 Meter Zuglänge einschließlich der Lok. Das bedeutete eine Erhöhung der Zugleistung um etwa 12 bis 15 Prozent. Es musste bei höherer Leistung weniger Züge gebildet werden, so konnte die Zahl der dauerhaft durchfahrenden Züge auf der Strecke erhöht werden, so durchfuhren den Bahnhof Flieden statt 228 Züge Regelleistung nun 266 Züge pro Tag und Richtung, weil durch die längeren Überholgleise auch die Durchfahrtsgeschwindigkeit an den Bahnhöfen erhöht werden konnte.
Durch den Einbau von Weichen mit 500 Meter Radius, auch am Bahnhof Eschwege-West, konnte der Durchfluss noch weiter erhöht werden, da diese am abzweigenden Strang eine Geschwindigkeit von 60 km/h bei der Durchfahrt erlaubten.
Bei dieser Gelegenheit wurden in beide Fahrtrichtungen je ein Überholgleis auf 750 Meter Nutzlänge, das sind etwa 900 Meter Gesamtlänge, verlängert, damit diese künftig die höheren Zuglängen aufnehmen konnten.
Da die Stückgutabfertigung am Bahnhof Eschwege-West Anfang der 1960er Jahre aufgegeben wurde, konnte diese nun auf den Eschweger Bahnhof konzentriert werden.
Im Gegenzug wurde die Bildung von Güterzügen vom Eschweger Bahnhof abgezogen und nach dem Neubau des 1,80 Meter hohen Ablaufberges noch im Jahre 1961 und weiteren neuen Zugbildungsgleisen mit 250 bis 550 Metern Länge auf der Kanonenbahnseite, die im Jahre 1962 auf den Bahnhof Eschwege-West übertragen.
So konnte der gesamte Rangierbetrieb im Raum Eschwege auf die neue leistungsfähige Gleisanlage in Eschwege-West übertragen werden.
Die alten Gleisanlagen mit der Stückgut-Umladebühne wurden in Eschwege-West durch die Stückgutkonzentration auf den Eschweger Bahnhof nun nicht mehr benötigt und konnten abgerissen werden.
Nachdem die Vorarbeiten an den Tunneln sowie die Umbauten an den Bahnhöfen vollendet waren, konnte mit dem Setzen der Masten begonnen werden, das teilweise auf große Schwierigkeiten gestoßen ist, so bereiteten die Herstellung der Betonsockel zur Aufnahme der Masten große Schwierigkeiten durch die teilweise recht widrige Bodenbeschaffenheit, außerdem wurden die Arbeiten im Winter durch Schnee und Eis behindert. Bevor der Fahrdraht gezogen wurde, mussten noch die Träger und die Isolatoren für den Fahrdraht befestigt werden. Erst dann konnte mit der Ziehung des Fahrdrahtes und der anschließenden Befestigung an den Isolatoren begonnen werden, außerdem wurden die alten Formsignale nach und nach durch moderne Lichtsignalanlagen ersetzt.
Schließlich war es soweit. Der Fahrdraht auf der Nord-Süd-Strecke wurde am 24. Mai 1963 auf der etwa 320 km langen Strecke zwischen Gemünden am Main und Hannover mit einem Sonderzug, gezogen von der E 10 273, auf allen Bahnhöfen entlang der Strecke feierlich eingeweiht. Überall entlang der Strecke und an den Bahnhöfen standen Menschen, um den mit Girlanden geschmückten Eröffnungszug zu begrüßen und an den Bahnhöfen in Bebra und Eichenberg spielten DB-Orchester auf. Am Endpunkt Hannover wurde der Zug schließlich durch ein minutenlanges Begrüßungs-Pfeifen aller Dampfloks gebührend empfangen.
Für die meisten Dampfloks bedeutete dieses Dauerpfeifen aber gleichzeitig das Abschieds-Geheul, denn diese fuhren an diesem Tag schon auf das Abstellgleis, nur einige wenige wurden noch anderen Heimatbahnhöfe zugewiesen.
Mit dem 1. Oktober 1965, infolge der offiziellen Einstellung des Dampflok-Betriebs für den Personenverkehr auf der Nord-Süd-Strecke, dampfbespannte Güterzüge gab es noch immer seltener werdend bis etwa 197), begann der zunächst schleichende Niedergang von den beiden Bahnhöfen Eschwege und Eschwege-West. Die Tore von den nun ungenutzten Rundschuppen in Eschwege-West wurden zugemauert, die Schuppen selbst zeitweilig noch als Getreide-Silo genutzt.
Der für das Jahr 1964 vorgesehene Abbau von den Anlagen des Betriebswerkes rückte in weite Ferne, da die bis zu diesem Zeitraum anberaumte völlige Verdieselung der Strecken von Schwebda nach Treysa, von Kassel nach Eschwege sowie von Eschwege nach Wanfried und von Walburg nach Witzenhausen-Süd erst Mitte 1973 zum Tragen kam, also rund 9 Jahre später wie ursprünglich geplant. Erst danach wurden Teile vom Betriebswerk abgebaut, wenn auch ein Teil der Gleise vorerst liegen blieb. Die beiden Drehscheiben wurden sogar erst in den 1980er Jahren entfernt. Die Lokschuppen stehen mittlerweile unter Denkmalschutz, stehen aber leer, vegetieren vor sich hin und verfallen langsam. Beim neuen Schuppen ist mittlerweile das Dach eingestürzt, der große Schuppen beginnt inzwischen dank seiner eingeschlagenen Scheiben ebenfalls zu bröckeln, wobei die Nebengebäude mittlerweile eingestürzt sind, die Gebäude zwischen den Schuppen wurden inzwischen abgerissen.
Obwohl im Bahnhof Eschwege-West die Anbindung der Kanonenbahn an die Bebra-Friedländer Eisenbahn genau so dürftig ausfiel wie die an die Halle-Casseler Eisenbahn in Leinefelde, trat auch hier in all den Jahren des Bestehens keine Besserung ein. Eine Anbindung an die Nord-Süd-Strecke gab es nur in Richtung Süden nach Bebra hin. Nach Norden mussten die Züge auch hier Kopf machen. Obwohl es hier etliche Eingaben und Vorschläge zur Verbesserung der Anbindung auch nach Norden hin gab, wurde diese nie ausgeführt. Dabei war die Bauausführung als leicht durchführbar eingestuft und die Baukosten der Anbindung im Jahre 1906 auf lediglich 80.000 bis 100.000 Mark beziffert worden. Möglicherweise, dass hier die Militärs ihre Hand im Spiel hatten und den zivilen Bahnverkehr erfolgreich behindert haben, damit im Ernstfall möglichst nur die Strategen die Strecke benutzen konnten.
Auch die direkte Anbindung an eine Ausweichstrecke nach Süden deutet darauf hin.
In den letzten Betriebsjahren konnte man nur noch von der Nord-Süd-Strecke her auf die Kanonenbahn in Richtung Kassel auffahren, die Weiche von der Kanonenbahn zu dieser Strecke wurde heraus genommen und das Gleis der Kanonenbahn diente nur noch als Abstellgleis.
Nach Süden hin war das Gleis nach etwa 200 Metern stillgelegt, nach Norden in Richtung Leinefelde war gleich hinter dem Bahnhof Eschwege-West Schluss.
Es sollten mehr als 100 Jahre seit der ersten Eingabe vergehen, bis die Nordkurve im Jahre 2009 endlich Realität wurde, aber da gab es schon fast keine Kanonenbahn mehr.
Weiter zu Teil 48: Der Bahnhof Eschwege-West von 1964 bis heute
Autor: Hermann Josef Friske
Das Ende vom Bahnhof Eschwege-West
Nachdem Mitte der 1970er Jahre das Bahnbetriebswerk stillgelegt wurde, standen die Lokhallen leer und nur eine kleine Halle wurde noch für Triebwagen und Köfs genutzt. Als dann auch die Güterzüge von E-Loks gezogen wurden, war auch die Zeit für die Wasserkräne abgelaufen und der Wasserturm verlor dadurch ebenfalls seine Bedeutung. In den 1980er Jahren wurden schließlich die beiden Drehscheiben ausgebaut.
Nach der Einstellung des Personenverkehrs zwischen Eschwege und Kassel im Mai 1985 wurde die Ausfahrt in Richtung Eschwege auf ein Gleis zurückgebaut.
Weitere Rückbauten folgten im Jahre 2000, als das »große Aufräumen« entlang der Strecke Bebra-Göttingen begann und fast alle ehemaligen Bahnhöfe bis auf die beiden Streckengleise zurück gebaut wurden. Bei uns im Raum waren das Bad Sooden-Allendorf (teilweise), Albungen, Hoheneiche, Sontra (teilweise), Cornberg und der Bahnhof Eschwege-West. In diesem Zusammenhang wurden auch die Strecke von Wanfried nach Eschwege total und der Bahnhof Eschwege bis auf ein paar wenige Gleise zurück gebaut.
In Eschwege-West wurden sämtliche Gleise, die einstmals zur Kanonenbahn gehörten, mitsamt fast alle dem Güterverkehr dienenden Gleise, abgebaut. Ein Opfer dieser Baumaßnahmen wurde dabei auch die Verbindungsweiche, die die Strecke von Bebra nach Göttingen mit der Kanonenbahn in Richtung Eschwege verband, somit musste der Restgüterverkehr nach Eschwege von nun an zunächst auf der Strecke in Richtung Kassel Kopf machen.
Spätestens im Jahre 2005 war es auch damit vorbei, da in Eschwege auch der letzte noch verbliebene Bahnkunde verloren ging.
Im Jahre 2009 wurde durch den Bau des neuen Stadtbahnhofes in Eschwege die Zufahrt dorthin völlig neu aus dem Bahnhof Eschwege-West heraus geführt, wenn auch die Angabe der alten Streckenkilometer gleich geblieben ist.
Seit 13. Dezember 2009 hält in Eschwege-West außer, ab und zu ein langsam fahrender Güterzug, der dort überholt wird, kein Zug mehr.
Das letzte Kapitel wurde während der Osterfeiertage 2011 eingeläutet, als bei weiteren Umbauarbeiten am ehemaligen Bahnhof auch die letzte Verbindungsweiche zur alten Kanonenbahn in Richtung Kassel ausgebaut wurde und mit ihr etwa 400 Meter Gleis in Richtung Kassel verschwanden. Kurioserweise blieb vor dem Bahnübergang ein 10 Meter langes Reststück zurück, das exakt am alten Kilometerstein 50 endet.
Die Zugänge zu den Bahnsteigen wurden im gleichen Jahr ebenfalls zugemauert, die Wartehäuschen und das vor sich hin gammelnde Empfangsgebäude mitsamt seinen Nebengebäuden werden wohl auch bald abgerissen und für die unter Denkmalsschutz stehenden alten Ring-Lokschuppen dürfte die Zeit auch bald abgelaufen sein. Der Neuere verfällt bereits, wobei das Dach inzwischen total eingestürzt ist und am alten großen Schuppen zeigen sich mittlerweile ebenfalls die ersten, zum Teil mutwillige Zerstörungen.
Nur das Stellwerk bleibt, es wird auch in Zukunft weiter gebraucht werden, wenn auch die Reststrecke bis zur »Schiefen Brücke« im Rahmen einer Verlegung der B 27 ebenfalls verschwinden wird, aber für die Regelung des Güter-Durchgangsverkehrs sowie die Einfädelung des Personenverkehrs in und aus Richtung Eschwege ist es unentbehrlich.
Die alten Gleise wurden im Bahnhofsbereich auf der Kanonenbahnseite komplett weggerissen. An der Stelle des von Kassel kommenden Gleises wurde etwas weiter rechts das neue Gleis nach Eschwege hin verlegt, das linke Gleis am Bahnsteig wurde komplett zugeschüttet.
Am Gebäude der ehemaligen Bahnmeisterei, das heute leer steht, haben inzwischen Sprayer ihre Spuren hinterlassen.
Das Empfangsgebäude, aus dem Eschwege-Est geworden ist, befindet sich in einem total desolaten Zustand. Zertrümmerte Fensterscheiben, ein mit Spanplatten verschlossener Fahrkartenschalter, sowie ein mit Scherben übersäter Fußboden, so zeigt sich das Gebäude dem Betrachter. Kurioserweise hing am 27. März 2011 die Bahnhofsuhr in der Halle noch an ihrem Platz und ging auf die Minute genau. Aber auch diese hat in der Zeit bis zum 23. Juni 2011 inzwischen einen Liebhaber gefunden. Neuerdings wurden sämtliche noch verbliebenen Gebäude an Fenstern und Türen mit großen Stahlblech-Platten verschlossen.
Ab dem 26. Oktober 2015 wurde dann das letzte Kapitel des Bahnhofs eingeläutet. Das Empfangsgebäude samt Dienststellenanbau wurde abgerissen. Nur die Gebäude der ehemaligen Bahnmeisterei stehen derzeit noch, es ist aber eine Frage der Zeit, wann diese, teilweise schon recht desolat, ebenfalls der Abrissbirne zum Opfer fallen werden.
Am ausgedienten Fahrradständer hat jemand ein altes Fahrrad abgestellt oder sogar »vergessen«. Nur am alten Stationsschild am »Berg« meint man, die Zeit sei stehen geblieben. Es grüßt die Reisenden wie in früheren Zeiten.
Weiter zu Teil 50: Die Bahnhofsgaststätte Eschwege-West
Autor: Hermann Josef Friske
Vom Bahnhof Eschwege-West zur schiefen Brücke
Hinter der Kopfanbindung des Kanonenbahn-Gleises, die inzwischen ebenfalls zurückgebaut wurde, ist die Strecke seit dem Frühjahr 2011 komplett stillgelegt.
In den Jahren davor war sie noch bis zum zweiten Bahnübergang in Richtung Waldkappel bei km 50,7 befahrbar. Das Gleis des Berges, das bereits im Jahre 1998 abgebaut wurde, führte früher ebenfalls über den ersten Bahnübergang bei km 50 hinweg und endete nach etwa 700 Metern bei km 50,7. Das Ausfahrtssignal war auch noch vor dem Berg bei km 49,9 bis zur Stilllegung und Umbau der Bahnhofsgleise erhalten.
Unmittelbar hinter dem Bahnübergang bei km 50,02 überqueren die Bebra-Göttinger und die Kanonenbahn nebeneinander den Schweinsbach. Diese Brücke stammt wohl aus den 1950er Jahren. An deren Seitenwänden werden diverse Versorgungsleitungen unter der Bahn entlang geführt.
Bei km 50,5 finden wir ein wohl einmaliges Kuriosum: Fast nebeneinander finden wir diesen Kilometerstein an der Kanonenbahn und an der Göttingen-Bebraer Bahn, von Würzburg ausgehend, den Kilometerstein km 200,3.
Die Kanonenbahn verläuft jetzt für etwa 1,7 km auf der östlichen Seite parallel zur Nord-Süd-Strecke, wo sie rasch an Höhe gewinnt. Das ist aber eigentlich der Anfang von einer langen Rampe, die sich bis zum Bischofferöder Tunnel im Stölzinger Gebirge hinzieht.
Auf diesem kurzen Stück befindet sich zunächst bei km 50,56 der zweite Bahnübergang, der ebenso wie der erste, an der Landstraße nach Oberhone, Kanonenbahn und Nord-Süd überquert, allerdings führt dieser nur in die Feldflur von Niddawitzhausen. Daher wird die Schranke stets geschlossen gehalten und nur bei Bedarf als Anrufschranke für kurze Zeit geöffnet.
Als Nächstes treffen wir bei km 50,83 auf eine kleine Brücke aus dem Jahre 1931, die einen Bachlauf unter der Bahn hindurch leitet. Die Brücke besitzt die Besonderheit, dass die Betonkonstruktion einfach auf den alten, aus Sandstein gemauerten, Tunnel aufgesetzt wurde. Die Konstruktion war in ihrer ursprünglichen Form für 2 Gleise ausgelegt, wovon offensichtlich nur ein Gleis realisiert wurde. An Stelle des zweiten Gleises wurde dort, wo etwa die Gleismitte gewesen wäre, ein Kabelschacht verlegt. An den Seiten der Widerlager befinden sich kleine Türmchen, wie sie bei vielen Brücken auf der Kanonenbahn üblich sind. Ursprünglich hat vermutlich eine Stahlkonstruktion den Bach überspannt.
Befinden sich bereits bei km 50,5 und 50,58 kleinere Wasserdurchlässe, so treten bei km 50,59 und km 51,09 größere Röhren zu Tage, die allerdings in neuerer Zeit verändert wurden. Direkt vor den Röhren verläuft ein Kabelschacht. Der Bachlauf bei km 51,09 führt Sommer wie Winter eine milchig trübe Brühe mit sich, als ob es sich dabei um einen Abwasserkanal handelt. In der Röhre verfängt sich der Wind, so dass es sich immer anhört, als würde jemand hindurch laufen.
Der Kilometerstein km 51,0 weist auf der Vorderseite den Kilometer 55,7 aus, der einfach mit dem Kilometer 51 übertüncht worden ist, die Rückseite wurde mehrmals überschrieben. Dies ist ein Zeichen dafür, dass auch alte Steine an der Kanonenbahn Verwendung fanden, die vorher an anderer Stelle oder sogar an einer anderen Strecke gestanden haben.
Bei km 51,1 treffen wir schließlich auf die Überreste der Bahnsteigkante vom Haltepunkt Niddawitzhausen, an der es kein Wartehaus gab, denn bei Regenwetter wurde das Vordach des Schrankenpostens 199, nur ein paar Meter entfernt an der Nord-Süd-Strecke gelegen, als Wetterschutz benutzt. Hier verkaufte der Schrankenwärter Horst Möller auch die erforderlichen Fahrkarten für die Kanonenbahn. Der kleine Haltepunkt wurde erst am 1. Oktober 1954 eingerichtet und in den letzten Betriebsjahren der Strecke Eschwege-Kassel hielt bereits kein Zug mehr am Haltepunkt.
Das Stationsschild vom Haltepunkt ist erhalten geblieben, aber derzeit nicht zugänglich. Es wäre zu begrüßen, wenn man es wieder an seinem angestammten Platz oder zumindest in dessen Nähe für alle sichtbar aufstellen würde.
Die Brücke über einen Feldweg folgt bei km 51,15. Diese war zwar für zwei Gleise vorgesehen, jedoch wurde der Überbau nur eingleisig ausgeführt und zeigt sich heute mit einem Überbau aus Stahlbeton wahrscheinlich auch aus dem Jahre 1931. Beim Umbau wurden die Widerlager unter der Brücke bis auf den unteren Sockel vollständig in Stahlbeton erneuert, während bei der Seite für das einmal vorgesehene zweite Gleis lediglich die obere Kante mit einer kleinen Betondecke versehen und zur Sicherheit ein Geländer angebracht wurde. In der Umgebung der Brücke kann man recht gut die für den zweigleisigen Ausbau ausgelegte breite Trasse erkennen.
Das erste Einfahrts-Vorsignal vom Bahnhof Eschwege-West finden wir auch heute noch bei km 51,4. Lediglich die Lichtanlage wurde inzwischen abgebaut. Sogar der Schienenkontakt war im Jahre 2012 noch vorhanden.
Einen etwas größeren Tunnel finden wir bei km 51,55, durch den sich ein Bachlauf seinen Weg nimmt und durch den ein nicht zu großer erwachsener Mensch durchaus hindurch gehen könnte. Die beiden Sandsteinfronten wurden vor Jahren (eventuell auch 1931?) mit einer Schicht aus Beton versehen, die zum Teil andersfarbigen Steine des Gewölbebogens (an der Westseite) blieben von dieser Aktion immerhin verschont.
Bei km 51,73 wurde mit der so genannten »Schiefen Brücke«, auch »Schwarze Brücke« genannt, die Nord-Süd-Strecke überquert, um von hier aus rasch an Höhe gewinnend, zunächst an deren rechten Seite weiter führt.
Dieser Streckenabschnitt wurde letztmalig um das Jahr 1970 erneuert, die Schienennägel an den Schwellen stammen aus dem Jahre 1969, die Gleise sind zum Teil noch älter.
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Autor: Hermann Josef Friske
Der Schrankenposten 24 im Sündersgraben
Nur etwa 15 Meter hinter den Resten der Schiefen Brücke finden wir noch den Kilometerstein km 51,8 und gleich dahinter von Gebüsch umgeben den leeren Blechkasten eines alten Bahn-Telefons. Die linke Seite des Bahndamms am Widerlager wird in Richtung Waldkappel für eine Länge von etwa 15 Metern von einer gut 1 Meter hohen Mauer gestützt.
Anschließend führt die Bahn in einen Graben-Einschnitt hinein, den »Sündersgraben« (alter Flurname), wie ihn die Reichensächser nennen, während der Graben von den Niddawitzhäusern »Im Schacht« genannt wird. Da dieser beim Bahnbau von Menschenhand ausgeschachtet wurde, um die Steigung bis zum Bischofferöder Tunnel, auch Eisberg-Tunnel genannt, gleichmäßig ausfallen zu lassen und um Füllmaterial für die Rampen der schiefen Brücke und dem Reichensächser Viadukt zu erhalten.
Etwa 20 Meter hinter dem Kilometerstein 51,8 beginnt ein größeres eingezäuntes Areal, aber gerade darin befindet sich die interessanteste Anlage im Verlauf des Grabens. Hier befand sich zu Zeiten, als noch keine Einzäunung bestand, das kleine Reich von Valentin Vaupel, der von 1895 bis 1974 lebte, der in Reichensachsen nur Valtin genannt wurde und seiner Familie, die aus sechs Personen bestand. Außer ihm und seiner Frau lebten noch 2 Töchter und 2 Söhne in dem kleinen Wohnhaus vom Schrankenposten.
In Reichensachsen geboren, heiratete Valentin im Jahre 1921 seine Braut Anna. Weil Valentin Vaupel Kriegsversehrter war, bekam er im Jahre 1923 vom Vater Staat die Anstellung als Schrankenwärter bei der DRG und bezog im gleichen Jahr das kleine Wohnhaus vom Schrankenposten 24 bei km 52,1.
Da es in dem Gebäude keinen Stromanschluss gab, bestand die Beleuchtung aus Petroleumlampen. Gekocht und geheizt wurde mit einem Herd und die Wasserversorgung bestand aus einer Pumpe, die direkt links oberhalb der Schranken, da wo der Hohlweg beginnt, noch heute steht. Da die Pumpe etwa 50 Meter von Wohngebäude entfernt stand, war im Tagesverlauf etliche Male Wasser schleppen angesagt. Besonders schlimm war dieses an den Waschtagen und auch beim Schlachtefest.
Im Gebäude befanden sich immerhin drei Zimmer (Wohn-, Schlaf- und Kinderzimmer) sowie eine Küche. Heutzutage würde man dafür die dreifache Fläche beanspruchen. Die 4 Kinder kamen in 2-jährigem Abstand zwischen 1922 und 1928 auf die Welt, die Älteste war Auguste, dann folgte Otto und danach Friedrich. Als letzte erblickte dann Johanna im Jahre 1928 das Licht der Welt.
Obwohl sich die Vaupels als Reichensächser fühlten und auch ihre Einkäufe dort tätigten, auch an den Kirmessen wurde nur in Reichensachsen teilgenommen, mussten die Kinder in Niddawitzhausen zur Schule gehen, da die postalische Anschrift »Im Schacht« zur Gemarkung Niddawitzhausen gehörte.
Nach Reichensachsen hin wurde der Trampelpfad genommen, der entlang des Schienenstranges auf der Trasse für das vorgesehene zweite Gleis verlief. Auch Sohn Friedrich nahm diesen Weg, um vom Haltepunkt Reichensachsen-West aus zu seinem Ausbildungsplatz nach Eschwege zu gelangen. Das Zusteigen am Posten wie vom Entenberg her bekannt, war hier anscheinend verpönt.
Rechts vom Wohnhaus im Sündersgraben war das Kartoffelfeld und dahinter befindet sich heute noch ein größerer Obstgarten. Hinter dem Haus befanden sich die Stallungen für das Vieh sowie die Aborte, lediglich der Hühnerstall befand sich unter der Eingangstreppe, und das damals bei Bahngebäuden dieser Art durchaus übliche Backhaus.
Links vom Wohnhaus gab es einen kleinen Gemüse- und Blumengarten, an den sich das Läutewerk anschloss.
Unmittelbar vor dem sich dort befindlichen Bahnübergang bei km 52,15, der auch die Gemarkungsgrenze zwischen Niddawitzhausen und Reichensachsen bildet, steht auch heute noch ein kleines Postengebäude, in dem das Telefon in einem abschließbaren Raum stand, in dem sich ansonsten etliche Gerätschaften befanden. Außerdem stand ein Ofen in dem Gebäude sowie Tisch und Stühle für die Rotte, die darin ihre Pausen machte, wann immer diese in der Nähe war und an der Strecke gearbeitet hatte.
Vor diesem Gebäude befanden sich auch die Kurbeln für die Schranken vom Übergang km 52,15, aber auch die Schranken des zweiten Überganges, der sich etwa 900 Meter weiter bei km 52,98 vor dem Birkenwäldchen im Sündersgraben befand, wurden von hier aus bedient. Dieser Übergang war stets geschlossen und wurde nur für kurze Zeit geöffnet, vorausgesetzt, es war kein Zug gemeldet, wenn dort an einem Seil gezogen wurde, wodurch an dessen anderem Ende beim Schrankenposten eine Klingel ertönte. Die Kinder aus Reichensachsen trieben gerne Schabernack und zogen gern am Klingelseil und wenn daraufhin die Schranken geöffnet wurden, war das für diese stets ein Riesenspaß.
Mit der Zeit wurde Valentin Vaupel dieser Job als Schrankenwärter allein zu langweilig, daher übernahm er im Jahre 1940 den Posten des Streckenläufers zwischen Reichensachsen oder Eschwege-West und Burghofen, wobei er am ersten Tag die Strecke zwischen Waldkappel und Burghofen ablief, wobei er von Reichensachsen bis Waldkappel mit dem Zug hinfuhr und am darauf folgenden Tag von Waldkappel her nach Reichensachsen zurück gelaufen kam, das Ganze etwa 1-mal pro Woche.
Während der Abwesenheit von Valentin Vaupel versah seine Frau Anna den Dienst an den Schranken und am Diensttelefon, das inzwischen ins Wohnhaus verlegt worden war, da Anna Vaupel etwas gehbehindert war. Erst im Jahre 1950 verließ Valentin Vaupel mit seiner Familie die Idylle im Sündersgraben, um seinen wohlverdienten Ruhestand anzutreten und wieder nach Reichensachsen zu ziehen. Die Kinder hatten ihr Elternhaus inzwischen schon längst verlassen, da diese bereits »Flügge« geworden waren und auch keinen Bezug zur Eisenbahn mehr haben.
Nach der Familie Vaupel bezog der Bauzug-Werkmeister Aderhold mit seiner Familie das Wohnhaus im Sündersgraben, der das Gebäude bis etwa 1957 bewohnte. Bei der Familie Aderhold lieferte ein Bäckerlehrling aus Niddawitzhausen/Eltmannshausen regelmäßig die Brötchen und andere Backwaren zum Eisenbahnerhaus im Sündersgraben.
Als Nachfolger vom Bauzug-Werkmeistern Adelhold im Wohnhaus des Schrankenpostens ist noch der Signalwerkmeister Fien zu nennen, der gleichzeitig sein Nachfolger als Streckenläufer war und das Grundstück in eine Ranch umwandelte.
Während dieser Jahre wurde das Wohnhaus mit seinen Nebengebäuden privatisiert und anschließend umgebaut, nur das kleine Dienstgebäude wurde noch von der Rotte genutzt.
Der Bahnübergang bei km 52,15 wurde ebenso wie sein Gegenstück bei km 52,98 in den frühen 1960er Jahren bei der Neutrassierung der B 27 aufgegeben und bald darauf entfernt.
Heute sind nur noch die Holzbohlen vom Übergang an der Gemarkungsgrenze und die inzwischen zugewachsene Auffahrt zum Übergang bei km 52,98 erhalten. Von diesem Bahnübergang aus führte ein etwa 275 Meter langes Stahlrohr-Geländer bis zum km 53,255, das die Bahntrasse aus Sicherheitsgründen von dem auf der Trasse des 2. Gleises entlang geführten Fahrweges getrennt hat, der kurz vor dem Reichensächser Viadukt in den von der Straße nach Vierbach abzweigenden Feldweg einbiegt.
Im Sündersgraben selbst haben zu Valentins Zeiten, er und auch einige Bedienstete vom Bahnhof Eschwege-West an den Hängen und am Bahndamm regelmäßig Heu gemacht.
Heute ist der Bahndamm bereits total verwildert und mit Bäumen bewachsen.
Aus dem reinen Graben »Im Schacht« herauskommend, geht die Strecke in einen Hochdamm über, wobei der Graben eigentlich aus einem Hang entlang des Bahndammes handelt, in dessen Mitte ein Feldweg entlang führt.
Indem sich die Kanonenbahn nun von der Bahnstrecke von Bebra nach Göttingen langsam aber stetig entfernt, verläuft diese immer noch in Sichtweite über den Damm, an dem sich noch zwei Wasserdurchlässe befinden, deren Einläufe durch eine Umfriedung, die aus alten preußischen Gleisstücken besteht, abgesichert sind. Das Gelände scheint hier schwierig gewesen zu sein, denn zwischen den beiden Wasserdurchlässen bei km 52,5 und km 52,7, die mit Sicherheit erst zu späterer Zeit etwa um 1920 in dieser Form angelegt wurden, befindet sich linker Hand an der Ostseite der Strecke eine etwa 100 Meter lange und bis zu 2,50 Meter hohe trutzige Stützmauer. Der Berghang auf der Westseite erreicht hier Höhen von etwa 30 Metern.
Beim ehemaligen Bahnübergang km 52,98 geht der Hochdamm in eine reine Hanglage über, wo rechter Hand nur der Weg auf der Trasse des zweiten Gleises verläuft, bevor sich der Hang etwa 10 bis 15 Meter hoch auftürmt.
Bereits bei km 52,3 befindet sich die erste von insgesamt vier Abflussrinnen. Die drei weiteren befinden sich erst bei km 53,2 in einem Bereich von etwa 100 Metern, die inzwischen stark zugewachsen sind und ihre Funktion heute nicht mehr voll ausüben können.
Anschließend erreichen wir nach weiteren 150 Metern den Viadukt über den Vierbach bei Reichensachsen, der auch »Die Schallbrücke« genannt wird.
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Autor: Hermann Josef Friske
Die Reichensächser Bahnhofsgaststätte
Noch während der Bauarbeiten zur Bebra-Friedländer Eisenbahn errichtete der Reichensächser Conrad Walter, wahrscheinlich ein findiger Gastwirt, unweit der Bahnlinie und nur einen Steinwurf entfernt von der bereits projektierten Berlin-Coblenzer Eisenbahn und der im Bau befindlichen Reichsstraße 27 mit gleichzeitigem Bau des Reichensächser Viadukts, welches das Vierbachtal überqueren sollte, eine Kantine für die Versorgung der vielen Bauarbeiter. Die meisten kamen als Gastarbeiter aus dem Ausland oder aus entfernten Gegenden, zum Beispiel aus Schlesien, des Deutschen Reiches. Unter diesen Arbeitern befanden sich auch viele Steinmetze, die angelieferte Rohsteine so hergerichtet haben, damit diese zum Brückenbau Verwendung finden konnten. Einer der Steinmetze war Paul Drewnjok, der aus dem Kreis Kreuzburg in Schlesien kam, als Gastarbeiter beim Brückenbau der Kanonenbahn sein Geld verdiente und nach Beendigung der Bauarbeiten hier im Raum kleben geblieben ist. Er heiratete nach Bischhausen ein. Weitere Namen aus dem dortigen Raum sind Olssok und Deichsel, die ebenfalls durch den Bahnbau hier heimisch wurden.
Nach Beendigung der Bauarbeiten erweiterte Conrad Walter das Kantinengebäude, wahrscheinlich eine Baracke, zu einer kleinen Gaststätte. Diese war bei den vielen Bahnreisenden und deren Begleitpersonen sehr beliebt. Egal, ob jemand zum Zug gebracht, von dort abgeholt werden sollte oder ein Reisender nur auf den Anschlusszug gewartet hat, die Zeit reichte stets für eine Erfrischung oder einen kleinen Imbiss. Die inoffizielle Bahnhofsgaststätte war geboren. Den Namen »Gasthaus zum Felsenkeller« bekam sie, weil sich südlich vom Gebäude der in den Felsen hinein gehauene Bierkeller der ehemaligen Reichensächser Brauerei Hohmann an der Landstraße 81, heute Gasthaus »Ab und Zu«, befand. Der Eingang zum Keller war noch bis in die 1950er Jahre zu sehen und wurde später zugeschüttet.
Nach Conrad Walter bewirtschaftete die Witwe Schäfer die Gaststätte für mehrere Jahre. Ob sie das Gastshaus käuflich erworben oder das Gebäude geerbt hatte, darüber schweigt sich die Geschichte aus.
Im Jahre 1907 veräußerte die Witwe Schäfer die Gaststätte samt dem zugehörigen Grund und Boden an den Gastwirt Georg Wächter für den in der damaligen Zeit recht stolzen Betrag von 24.000 Mark. Während im Jahre 1909 ein erster kleinerer Umbau ins Haus stand, folgte erst Jahre später ein weiterer aber größerer Umbau. Nach dem Jahre 1924 baute Georg Wächter das Gebäude um, stockte es bei dieser Gelegenheit auf und baute einen Saal an. Außerdem schuf sich Georg Wächter mit der Errichtung einer Tankstelle, die wahrscheinlich bis Anfang der 1950er Jahre bestanden hatte, ein zweites Standbein.
Im Sommer war eine Gartenwirtschaft eingerichtet, wo die dort anwesenden Kinder immer ihren »Kwatsch«, ein Himbeer-Kaltgetränk, serviert bekamen.
Wahrscheinlich ab dem Jahre 1955 verpachtete Georg Wächter die Gaststätte an Albert Buchbach, der sie bis ins Jahr 1967 bewirtschaftete. Ihm folgte Herbert Eisenhuth bis 1970, gefolgt von Ilse und Heinrich Giesen im Zeitraum von 1970 bis etwa 1973, die vorher das »Einbecker Fass« in Eschwege bewirtet hatten. Für die Familie Giesen bewerkstelligte der Autor im Herbst 1970 gemeinsam mit einem Trupp Stammgästen aus dem Eschweger Lokal den Umzug per LKW nach Reichensachsen, wo sie dann am Eröffnungstage im Oktober den Geburtstag eines ihrer Kollegen im Nebenzimmer zünftig gefeiert hatten.
Als wahrscheinlich letzter Wirt folgte noch Toni Ewerts, der das Gasthaus dann wahrscheinlich noch bis gegen 1977 geführt hat. Im Laufe des Jahres 1977 verkaufte die Familie Wächter das komplette Anwesen an Willi Fischer aus Datterode, der das Gasthaus zur Diskothek umbaute, aber bald an Reiner Betz weiter verpachtet hat, der das ganze Objekt später auch erwarb. Nach ihm folgten noch drei weitere Besitzer, einer davon war Alfred Gunkel, der die Disko noch mit einigem Erfolg betrieb, nochmals groß anbaute, aber im Laufe der Jahre, wohl bedingt durch das allgemeine Diskothekensterben, musste auch er aufgeben.
Nach dem Jahre 2005 erwarb das Objekt dann noch eine weitere Person, der es nochmals mit dem Betrieb einer Diskothek versuchte, aber scheiterte.
Danach stand das Traditionsgasthaus wieder einige Jahre leer und verfiel zusehends, bis der einstige Reichensächser Spediteur Manfred Liese den Gebäudekomplex mit samt den umliegenden Ländereien einschließlich der alten Zugangswege zum ehemaligen Haltepunkt Reichensachsen-West ersteigerte. Hier ist wohl im Rahmen des Autobahn-Neubaus zwischen Kassel und Herleshausen geplant, das ehemalige Gasthaus in eine Herberge für Bauarbeiter umzufunktionieren.
Die neue Autobahn, die in unmittelbarer Nähe vom Reichensächser Viadukt entlangführen soll, wird zwischen Waldkappel und Reichensachsen umfangreiche Veränderungen an der alten Bahntrasse der Kanonenbahn verursachen und etliche Bauwerke werden dabei unwiederbringlich verloren gehen.
Das Hinweisschild »Zum Haltepunkt Reichensachsen-West«, das sich gegenüber des heutigen Haltepunkts Reichensachsen an der Bebra-Göttinger Bahn links von der ehemaligen Tankstelle befand, stand bis weit in die 1990er Jahre hinein an seinem angestammten Platz, bis es bei Abbau-Arbeiten an der Strecke nach Waldkappel sang- und klanglos verschwand. Das Schild konnte aber durch einen glücklichen Zufall gerettet werden und befindet sich heute in privater Hand.
Der Aufgang zum Haltepunkt war jahrelang total zugewachsen, mit allerlei Müll und Unrat verunstaltet und daher nicht mehr zu begehen. Durch den Neuerwerb des Grundstücks durch den jetzigen Besitzer wurde das umliegende Gelände inzwischen grundlegend gesäubert. Der alte Weg zum ehemaligen Haltepunkt kann nun nicht mehr begangen werden, da er sich jetzt auf Privatgelände befindet.
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Autor: Hermann Josef Friske
Von Reichensachsen nach Bischhausen
Die Auspuffschläge der Dampfloks hallten einst über das ganze Becken des Wehretals hinweg, wenn die Züge am Haltepunkt Reichensachsen anfahren mussten und sich danach die Steigung in Richtung Oetmannshausen hinauf quälten.
Zwischen Reichensachsen und Oetmannshausen befindet sich etwa in der Mitte zwischen den beiden Haltepunkten bei km 54,486 die Zufahrt zur ehemaligen Ziegelei Abhau, die unter der Kanonenbahn hindurch führt. Diese Unterführung ist durch den Autobahnbau akut gefährdet und wird wohl in nächster Zeit abgerissen werden. Auch sämtliche Gebäude der ehemaligen Ziegelei samt modernem Wohnhaus mussten in 2015 dem Bau der A 44 weichen. Nur die alte Unterführung zur ehemaligen Lehmgrube wird wohl als Denkmal erhalten bleiben.
Nur etwa 100 Meter hinter der Bahnunterführung befand sich bei km 54,6 auf der südöstlichen Seite der Bahn eine weitere ungefähr 100 Meter lange und bis zu 3 Meter hohe Stützmauer, die ebenfalls dem Autobahnbau zum Opfer fiel. Beim Abriss der Mauer zeigte sich, dass sich der Bahndamm hier teilweise auf gewachsenem Gestein und zur anderen Hälfte über aufgeschüttetem Gelände befand. Durch den Rückbau sind die natürlichen Mäander des ehemaligen Verlaufs des Wehretals, an dessen Rand die Bahn gebaut worden war, sichtbar geworden.
Bei km 54,75 gibt es noch einen Wasserdurchlass, dessen Einlauf gemauert ist und da er recht tief ist, mit einem Eisengeländer umgeben ist. Der Einlauf stammt aus jüngerer Zeit, während der Abfluss hoch oben in einer Einbuchtung des Wehretals aus Sandsteinquadern besteht und aus der Bauzeit der Strecke zu stammen scheint.
Nur wenige Meter hinter der Stützmauer beginnt eine Rechtskurve, in der die Kanonenbahn endgültig die Begleitung der Hauptstrecke verlässt, um am Rande der Tal-Aue des Wehretals entlang bis nach Waldkappel zu führen.
Nach der lang gezogenen Rechtskurve wird schließlich bei km 55,35 der Haltepunkt Oetmannshausen erreicht. Die Oetmannshäuser bekamen ihren Haltepunkt, ebenfalls wie die Niddawitzhäuser, erst Ende Mai 1955. Dieser wurde erst möglich, nachdem die junge Bundesbahn im Herbst 1954 einen Teil ihrer Dampfzüge auf Triebwagen der Serien VT 95 und VT 98 - zunächst nur VT 95 - umgestellt hatte. Dadurch erhielten die drei Orte, auch Ober-Niederhone war dabei, die Möglichkeit, jeweils einen Haltepunkt am Ortsrand einzurichten. Die eiligst einberufenen Bürgerversammlungen endeten mit dem Ergebnis, das Angebot der DB zu nutzen. Die Gemeinden hatten den Bahnsteig selber zu erstellen, was in Oetmannshausen unter der fachmännischen Leitung des Rottenführers a. D. Adam Meister geschah. Im Zuge der Bauarbeiten, die im Spätherbst 1954 - wahrscheinlich am 1. Oktober - begannen, wurde auch gleichzeitig eine kleine Wartehalle errichtet.
Im Mai 1955 war es dann so weit. Wahrscheinlich gleichzeitig mit dem Fahrplanwechsel Ende Mai wurde der Haltepunkt eröffnet. Dieser konnte nur durch einen Weg, der vom Dorf her bergauf durch eine Unterführung der Kanonenbahn führte, erreicht werden, vorbei auch an einem ehemaligen Streckenposten vor der Unterführung. Die Straßenbeleuchtung zum Haltepunkt hin ist auch heute noch weitgehend intakt, vermutlich, weil sich in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Haltepunktes die Grillhütte des Dorfes befindet. Das ehemalige Wartehaus mit dem Bahnsteig sowie der leere Kasten des Streckentelefons sind ebenfalls noch erhalten.
Etwa 250 Meter hinter dem Haltepunkt, aber noch oberhalb der Ortslage bei km 55,455 befindet sich eine Brücke, die im Jahre 1927 in Betonausführung erneuert wurde, wie die Inschrift an der Talseite aussagt.
Bei km 56,325 befindet sich ein heute unbeschrankter Bahnübergang, der gewiss einstmals mit Schranken und eventuell auch mit einem Schrankenposten versehen war. Die Gleisjoche des Übergangs wurden vor ein paar Jahren entfernt und auf dem Gleis in Richtung Walkdkappel, mit der exakten Kilometerangabe des Übergangs versehen, abgelegt. Seit jüngster Zeit wurde der Übergang als Zufahrt für den Autobahnbau asphaltiert.
Eine Unterführung, über die von der Länge des Bauwerks her auch zwei Gleise hinweg führen können, befindet sich bei km 56,55. An der Südseite der Unterführung befindet sich auf dem Querstein über dem oberen Gewölbeschlussstein die Jahreszahl 1878, die aber mittlerweile so stark verwittert ist, dass sie kaum noch zu entziffern ist.
Von hier ist es nicht mehr weit bis zum Bahnhof Bischhausen, dessen Gleisanlagen etwa 150 Meter weiter in Richtung Waldkappel etwa bei km 56,7 beginnen. Hier sind noch eine Weiche mit Nebengleis sowie die Reste von weiteren Gleisen zu erkennen.
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Autor: Hermann Josef Friske
Von Bischhausen nach Waldkappel
Nachdem wir den Bahnhof Bischhausen über den Bahnübergang bei km 57,35 verlassen haben, erreichen wir dann bei km 57,4 noch vor dem Blinksignal für den Bahnübergang den ersten Wasserdurchlass, der die Strecke und den daneben verlaufenden Feldweg in einem Stück unterquert und somit eine Länge von etwa 20 Metern erreicht. Das Südportal ist um einiges höher als das Nordportal. Während am Nordportal früher ein Schild am Schlussstein angebracht war, die Löcher zeugen noch davon, scheint am dominanten Stein, der über dem Schlussstein des Bogens eingefügt ist, eine nicht mehr entzifferbare Jahreszahl eingefügt zu sein. Warum diese Art von Unterführungen so überdimensional proportioniert wurden. darüber lassen sich nur Mutmaßungen anstellen. Selbst für den Durchlauf von Sturzbächen fallen sie zu groß aus. Ich vermute, da sich rechts und links der Bahntrasse landwirtschaftlich genutzte Wiesen und Weiden befinden, dass durch diese Unterführungen auch das Vieh getrieben wurde bzw. auf der Weide ohne Barrieren die Strecke queren konnte. Auf diese Weise wurde eine Kollision zwischen Bahn und Vieh am Bahnübergang verhindert.
Nur etwa 400 Meter von der Unterführung entfernt stoßen wir am km 57,82 auf einen weiteren, allerdings bis ins Jahr 2009 beschrankten Bahnübergang beim Friedhof in Bischhausen. Hier waren bis vor kurzem noch die voll funktionsfähigen Schranken, das Drehkreuz für Fußgänger, sowie die Gegensprechanlage aus der jüngsten Zeit des Bahnbetriebs erhalten. Von dort aus war auf der vollkommen geraden Strecke der nächste Bahnübergang schon gut zu erkennen.
Am Übergang Friedhofsweg kam es Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre zu einem tödlichen Zwischenfall. Ein Selbstmörder warf sich vor einen Schienenbus, der vom Triebwagenführer Karl Bachmann gefahren wurde, wobei der Lebensmüde den Tod fand.
Unmittelbar im Anschluss an den Übergang etwa bei km 57,85 ist noch der erhaltene Doppeltunnel als Regenabfluss zu erkennen, der auch unter dem neben der Strecke entlang verlaufenden Feldweg hindurch führt und ähnlich dem Vorigen recht hoch ist. Dieser weist starke Ähnlichkeiten mit dem Tunnel bei Geismar sowie dem Doppeltunnel bei Schwebda auf, denn auch dort sind an den Portalen das Motiv mit der abgestuften Frontpartie anzutreffen.
Der vom Bahnübergang km 57,82 aus sichtbare Bahnübergang besaß den ersten von zwei Schrankenposten, die sich zwischen Bischhausen und Waldkappel befanden. Dieser erste, Posten 58, alte Bezeichnung Posten 25, befand sich noch in der Ortslage von Bischhausen am Weinberg bei km 58,0 und wurde über lange Jahre von der Familie Schade betreut, die das Gebäude später auch käuflich erworben hatte. Obwohl der Bahnübergang selbst in der Zwischenzeit entfernt wurde, werden einige Details noch liebevoll erhalten wie das Schild »Halt für Zugfahrten«, das noch aus der Zeit des zuletzt stattgefundenen Güterverkehrs stammt, oder den noch erhaltenen Kilometerstein 58,0. Leider wurde das Wohnhaus im Laufe der Jahre so stark verändert, sodass man das typische Bahngebäude darin kaum noch erkennen kann. Nach Auflösung des Postens in den 1950er Jahren wurde der Bahnübergang vom Bahnhof Bischhausen aus bedient.
Die erste von drei Weg-Unterführungen zwischen Bischhausen und Waldkappel folgte bei km 58,8. Der Wasserlauf floss unterirdisch auf der rechten Seite von Nord nach Süd durch die Unterführung. Am Schlussstein von der Nordseite war noch vage so etwas wie ein stilisierter Adler zu erkennen, der etwas in seinen Klauen hielt, der Stein war aber sehr stark verwittert. Am Südportal zeigte der Schlussstein so etwas wie einen stilisierten Adler, der nach Westen fliegt. Mittlerweile musste diese Unterführung dem Autobahnbau weichen, nur die steil aufragende Trasse sowohl an der Ost- als auch an der Westseite erinnern daran, dass hier einmal Schienen lagen. Lediglich an der Westtrasse wurde ein aus Schwellen bestehender Prellbock errichtet, damit niemand, wer eigentlich, über das Gleisende hinaus fahren kann.
Zwischen km 58,9 und km 60,8 hatte sich für ein paar Jahre eine weitere Draisinen-Strecke am Kanonenbahn-Abschnitt von Leinefelde nach Treysa etabliert. Ein kleiner eingetragener Verein VES e.V. (Verein zur Erhaltung von Signal- und Sicherungstechnik e.V.) hat dort ein kleines Freiluft-Museum mit einigen Bahnschranken, die auch dort standen, wo zu Betriebszeiten nie welche gewesen sind, mit Telefonen und einigen Signalen, eingerichtet. Die Draisinenstrecke war zu kurz und auch kaum verlängerungsfähig, um ihrem »großen Bruder« in Lengenfeld am Stein wirklich Konkurrenz machen zu können, aber meines Erachtens war man auch endlich im westlichen Teil der Kanonenbahn wach geworden und hat damit begonnen, diese für touristische Zwecke zu vermarkten. Nur so kann der Kampf wider des Vergessens des einstmals größten deutschen Bahnbau-Projekts gewonnen werden. Leider wurde der Draisinenbetrieb kurzfristig mangels Mitarbeiter mit Ende der Saison 2012 eingestellt und die Signale, Schranken usw. fanden bei der »großen« Draisinenstrecke von Lengenfeld am Stein eine neue Verwendung.
Im ersten Drittel der Draisinenstrecke in Richtung Waldkappel befindet sich im Pfontal bei km 59,6 der ehemalige Schrankenposten 59, alte Bezeichnung Posten 26, von dem das Wohnhaus in den Jahren nach 1954 abgerissen wurde, wovon man den ungefähren Grundriss aber immer noch gut erkennen kann. Bis 1951 wurde das Haus von Anna und Konrad Grebenstein bewohnt. Wenn im Sommer die Bauern spät am Abend vom Felde kamen und Durchlass forderten, stach Bauer Stange aus Bischhausen besonders mit seinem in die Länge gezogenen »Annaah, mach' de Schranken uff« hervor. Zwischen 1953 und 1954 wurden die Schrankenposten komplett abgeschafft. Seitdem wurde der Schrankenposten vom Bahnhof Bischhausen aus per Fernbedienung mit bedient. Vom einstigen Schrankenposten sind heute nur noch das Postengebäude, die Grundwasserpumpe mit Enteisungsanlage, die Mistgrube und der Bahnübergang selbst erhalten, neu sind nur die Schranken und der Fernsprecherkasten. Es war auf jeden Fall ein Ohrenschmaus, wenn man während des Draisinenbetriebs am Bahnübergang vom Posten 59 stand und beim Schließen der Schranken die vertrauten, aber seit der Jugendzeit nicht mehr vernommenen Klänge der Schrankenglocke hören konnte.
Der Doppeltunnel als Wasserdurchlass, der sich direkt im Anschluss an den Bahnübergang befindet, ist in diesem Fall nur als Fragment erhalten und durch Schlamm- und Schuttablagerungen fast völlig zugeschüttet.
Bereits seit dem Jahre 2005 wurde an der Draisinenstrecke gearbeitet, die Telegrafenmasten wieder errichtet und sogar mit Drähten versehen, die Kilometersteine, soweit vorhanden, wieder kenntlich gemacht und die Trasse von Unkraut und Bäumen befreit. Das geschah damals allerdings zunächst lediglich rechts und links vom Schrankenposten 59 zwischen km 59,2 und km 60,7, wo alles originalgetreu wieder hergerichtet wurde, auch wenn die alten Kilometersteine bereits stark verwittert waren und Schilder zum Sichtbarmachen der nicht mehr lesbaren Kilometer-Angaben daneben aufgestellt wurden.
Bei der Herrichtung der Strecke wurde mit allerlei Fahrzeugen gearbeitet, von denen einige vorher auf dem Waldkappeler Bahnhof gestanden hatten, wobei ein DB-Baufahrzeug aufgrund seines schlechten Zustandes leider diese Arbeiten nicht überdauert hat. Es hat immerhin schon seit vielen Jahren ungenutzt auf dem Abstellgleis am Waldkappeler Bahnhof gestanden. Der alte kleine offene Waggon stand einige Zeit noch bei km 60,7, in dem einst die Gleisbau-Arbeiter an ihre Baustelle transportiert worden waren. Dieser Wagen war in Waldkappel stationiert und wurde bei der Strecken-Stilllegung dort im Bahnhofsbereich einfach vergessen. Der Waggon stand im Jahre 1995 noch auf dem Betriebshof auf dem Gelände des ehemaligen Lokschuppens, wurde aber um das Jahr 2000 auf demselben Gleis, mitsamt dem anderen Gefährt, ein paar Meter weiter zur Weiche hin geschoben. Wahrscheinlich hatte die DB das Gelände des ehemaligen Betriebshofes zu diesem Zeitpunkt privatisiert.
Die zweite Unterführung in Richtung Waldkappel finden wir bei km 60,103, die in der Durchfahrt ein starkes Gefälle aufweist und deren Portale daher unterschiedlich ausgearbeitet wurden. Außerdem fließt von Norden gesehen rechterhand ein Bachlauf durch die Unterführung. Am Südportal wurden auf dem Stein über dem Schlussstein zwei stilisierte Fische eingemeißelt, die mit den Schwänzen ineinander verschlungen sind und deren Mäuler nach links bzw. rechts zeigen. Der Autor ist sich dessen nicht sicher, aber am Schlussstein des Nordportals kann man noch so etwas wie eine nach Westen fliegende Taube erkennen. Das Nordportal wurde an der Front außer am Gewölbebogen mit Beton ausgegossen, da das Gestein hier wahrscheinlich brüchig geworden war.
Das Einfahrts-Vorsignal vom Bahnhof Waldkappel, das sich am km 60,8 befand, wurde vom Verein VES leider entfernt. Nur der Hochstand, neben dem sich das Signal befand, steht noch heute.
Wie sich bei Vermessungen zur Autobahn herausgestellt hat, steigt die Draisinenstrecke auf den 1,5 km zwischen km 59,2 und km 60,7 um 16 Meter.
Bei km 60,85 ist die Strecke heute ein weiteres Mal durch die Schiebung eines neuen Feldweges auf einer Länge von etwa 50 Metern unterbrochen worden. Die herausgerissenen Gleisjoche hat man einfach auf das Gleis und daneben hin verfrachtet.
Nach der Streckenunterbrechung führt die Trasse in einen Einschnitt, in dem sich zunächst bei km 60,96 die erste von zwei fast identischen Brücken befand, die seit dem Bau der Strecke im Jahre 1878/79 die Trasse überspannten. Die Brücke war schon seit einigen Jahren wegen Baufälligkeit gesperrt, da der alte Bohlenbelag im Laufe der Jahre morsch geworden war. Sie verband die landwirtschaftlich genutzten Flächen südlich der Trasse mit denen, die nordöstlich vom Gut Hegenhausen liegen.
Da im Rahmen des Autobahnbaues nicht nur die Unterführung bei km 58,8 und die Durchfahrt zu Gut Hegenhausen bei km 61,193 daran glauben musste, wurde nur wenige Monate nach dem Abriss der Unterführung die desolate Brücke um den 20. November 2012 ebenfalls abgerissen. Am Samstag, den 1. Dezember 2012 war sie bereits Geschichte. Nur ein großer Steinhaufen auf der neuen Autobahntrasse erinnert noch an deren Vorhandensein in unmittelbarer Nähe. Vermutlich dienen diese alten Sandsteine inzwischen als Packlager für die Autobahn.
Ab km 61,0 verlief die Trasse für etwa 300 Meter über einen etwa 12 bis 14 Meter hohen Damm, dessen künstlich aufgeschütteter Südhang sonderbarerweise im hinteren Bereich etwa 3 bis 4 Meter über das Niveau des Dammes hinausragt, während der Damm an der Nordseite nur bis auf Gleishöhe gereicht hat. Es wäre möglich, dass dieser als Windschutz aufgeschüttet wurde. Durch den Sockel des Dammes führte die dritte Unterführung vor dem Bahnhof Waldkappel, die den Damm bei km 61,193 durchquert hatte. Die Röhre besaß die stolze Länge von 50 Metern, während Breite und Höhe bei etwa 6 Meter lagen. Diese Unterführung trat besonders durch die treppenartige Wasserablauf-Rinne an der Nordseite und dem stark rauschenden Rodebach, der mittels eines durchgehenden Geländers von der Fahrbahn abgetrennt wurde, hervor. An den beiden Schlusssteinen vom Nordportal waren leider Algen am Werk, so dass die Bildnisse, die dort flach eingemeißelt waren, zuletzt kaum noch zu erkennen waren, aber es hat den Anschein, als handelte es sich hierbei links um einen Reichsadler mit herab hängenden äußeren Flügelkonturen oder um einen Reichsapfel und auf dem rechten Stein um einen etwas verschnörkelten stilisierten Dolch.
Anfang des Jahres 2012 begannen dann die Arbeiten zum Bau einer Autobahnbrücke an dieser Stelle. Am 26. Februar war der alte Bahndamm bereits zur Hälfte abgetragen und am 25. März ragte die Unterführung bereits über das restliche Erdreich des Dammes hinaus. Am 2. Mai zeugte nur noch das gemauerte Bachbett vom Vorhandensein der ehemaligen Unterführung. Der alte Damm mit der Unterführung war in der Zwischenzeit komplett abgetragen worden und ein neuer für die Aufnahme der Widerlager von der neuen Autobahnbrücke war bereits geschoben.
Hinter dem Damm von der ehemaligen Unterführung wechselt die Trasse bei km 61,3 wieder in einen Einschnitt über, wo wir bei km 61,47 noch das alte Einfahrtshauptsignal für den Bahnhof Waldkappel finden können, wenn auch vom Gestrüpp überwuchert. Nur wenige Meter dahinter folgt die zweite der beiden fast identischen Brücken, die bei km 61,51 die Straßenverbindung zwischen dem Gut Hegenhausen mit dem Güterbahnhof und der Stadt Waldkappel herstellt. Diese Brücke unterscheidet sich von der ersten durch einen Stahlbeton-Überbau, der breiter ist als bei der ersten, da sie einen schmalen Bürgersteig auf beiden Seiten besitzt. Außerdem stehen hier auf beiden Seiten Masten für eine Stromleitung.
Die Überquerung der Kanonenbahn bei km 61,51 befand sich früher bereits auf dem Bahnhofsgelände, da das Auszugsgleis preußischer Bauart früher zunächst etwa 30 Meter über die Brücke hinaus ragte. Dieses Gleis wurde aber wahrscheinlich nach dem Ende der Dampflokzeit um ungefähr 50 Meter verkürzt und endet heute etwa bei km 61,54 vor einem Prellbock.
Die Ausfahrtssignale in Richtung Eschwege befanden sich bei km 61,57 und wurden erst im Februar 2005 entfernt, als die meisten Gleise im Bahnhofsbereich zwischen km 61,55 und kurz vor dem Bahnhofsgebäude bei km 62,5 abgeräumt wurden.
Leider wird sich die Gegend zwischen dem Ende der Draisinenstrecke über den Damm bei Gut Hegenhausen bis hin zum Bahnhof Waldkappel durch den Autobahnbau grundlegend verändern. Dadurch wird die Kanonenbahntrasse auf diesem Terrain ganz oder teilweise verschwinden oder von der Autobahn und deren Auf- und Abfahrten überdeckt werden.
Bevor wir das Empfangsgebäude vom Bahnhof Waldkappel erreichen, können wir aber noch die Grundmauern vom alten Stellwerk erkennen, das sich etwa in Höhe von km 61,54 befand, dort wo sich die Gleise des Bahnhofs verzweigen. Vor den Grundmauern des Stellwerks ist auch noch der Schaltkasten zu finden, der die elektrischen Relais für die Signale und Weichen enthielt, wovon er inzwischen aber komplett beraubt wurde.
Ein Wasserdurchlass der kleineren Art führt ungefähr bei km 62,0 quer zu den Gleisen unter dem kompletten Bahnhofsbereich hindurch. Durch ihn plätschert das ganze Jahr hindurch ein Bachlauf.
Nach der Stilllegung des Streckenabschnitts zwischen Waldkappel und Malsfeld wurden am Bahnhof Waldkappel auf den alten Gleisen der Kanonenbahn zunehmend Waggons abgestellt, erst recht nach dem Ende des Personenverkehrs. Anscheinend wurde mit dem Abtransport der Leerwaggons gewartet, bis ein ansehnlicher Zug zusammen kam. Zusätzlich wurden dort aber auch Schadwaggons abgestellt, die von dort aus zur Aufarbeitung oder sogar zur Ausmusterung gebracht wurden.
Die alte Bahnhofsuhr hat die Zeit überdauert und steht heute sauber restauriert auf einem Hof gegenüber der Stadtverwaltung von Waldkappel.
Der alte DB-Feuerwehranhänger, welcher längere Zeit auf dem DB-Gelände vor dem ehemaligen Betriebshof gestanden hatte, steht heute dort, wo sich bis in die 1950er Jahre der Lokschuppen und die Drehscheibe befand. Die Weiche zu diesem Gleis ist noch vorhanden und endet heute auf dem Gelände eines Altwagenhändlers unmittelbar dort, wo sich einmal die Drehscheibe befand.
In dem Bereich am Anfang des Bahnhofes, wo sich früher einmal die Gleise verzweigt hatten, wurde in jüngster Zeit ein Solarpark errichtet und von den vielen Gleisen ist inzwischen auch nichts mehr zu sehen, Restgleise sind nur noch im Umkreis des Empfangsgebäudes zu erkennen.
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Autor: Hermann Josef Friske
Fortsetzung des Textes von der rechten Seite:
Im Laufe des Jahres 1944 wurde die Stadt Waldkappel zur Großbaustelle. Am Hassel wurden Behelfsheime errichtet, von denen die ersten Doppelhäuser bereits bezogen wurden, für die Finnenhäuser im Teichgarten wurden die Abwasserleitungen gelegt und für die Kasseler »Adolf Hitler-Schule«, die nach Waldkappel verlegt werden sollte, wurden im Wehrfeld die Fundamente errichtet. An der vierten Baustelle für das Kinder-Landverschickungs-Lager waren die Planierarbeiten im vollen Gange. Da sämtliche Gebäude in Holzbauweise errichtet werden sollten, erfolgte die Anlieferung von Bauholz und Fertigteilen per Bahn, so dass am Bahnhof mittlerweile einige große Materiallager entstanden.
Ab Februar 1945 gab es fast täglich mittags und abends Fliegeralarm, hinzu kamen die gefürchteten Jabos, die vorrangig Straßen und Eisenbahnstrecken angriffen. Schließlich erreichten die amerikanischen Einheiten in der letzten Märzwoche den Nordhessischen Raum. Die Reste der Deutschen Einheiten versuchten, sich nach Thüringen abzusetzen, um dort eine neue Front aufzubauen, während die Angriffe auf die Straßen und Bahnlinien weiter zunahmen. Aber nicht nur fahrende Züge wurden angegriffen, sondern auch der Waldkappeler Bahnhof wurde nun täglich beschossen. Weil sich nun aber nur wenige Kilometer entfernt an der Eisenbahnlinie zwischen Waldkappel und Kassel die Munitionsfabrik Hirschhagen bei Fürstenhagen befand, rollten von dort aus auch über die Kanonenbahn nun fast täglich Munitionszüge, soweit noch möglich, in Richtung Treysa und nach Osten über Eschwege in Richtung Leinefelde und Nordhausen. Da sich aber die Situation in der letzten Märzwoche immer weiter zuspitzte und der Mangel an Lokomotiven sich fatal auszuwirken begann, sollte für den Bahnhof und auch die Stadt Waldkappel alles noch viel schlimmer kommen, obwohl man schon geglaubt hatte, der Krieg sei nun bald vorbei.
Weiter zu Teil 61: Bahnhof Waldkappel, die Katastrophe am 31. März 1945
Autor: Hermann Josef Friske
Die Einweihung des Eschweger Stadtbahnhofs
Stellvertretend für sämtliche der am Bau beteiligten Firmen möchte der Autor zwei Schilder nennen, die fast über die gesamte Bauzeit im Umfeld des alten Bahnhofs gestanden und von den Bauarbeiten verkündet haben. Zwei Arbeitsgemeinschaften bewältigten die Bauarbeiten.
Die Arbeitsgemeinschaft Gebr. Bommhardt/Beck-Bau bauten seit dem Jahre 2006 am Bahnhofs-Umfeld, wobei sie etwa 1.300 Meter Kanalrohre verlegten, etwa 23.000 m² Asphalt verarbeiteten und etwa 7.000 Meter Bordsteine setzten.
An der zweiten Arbeitsgemeinschaft waren sogar 3 Firmen beteiligt, die aus der Firma Beck-Bau, der Firma NTG Bau sowie der Firma Strassing-Limes Bau bestanden. Diese Arbeitsgemeinschaft war für die Reaktivierung des SPNV Eschwege (Schienen-Personen-Nahverkehr) zuständig und verbaute ca. 3.500 m³ Beton, verlegte 4.700 Meter Gleis und verarbeitete etwa 25.000 Tonnen Bahnschotter. Dafür benötigen die Arbeitsgemeinschaften bis zur Eröffnung des Stadtbahnhofs etwa 50.000 Arbeitsstunden.
Am Donnerstag, den 5. Dezember 2009 gab es schon einmal so etwas wie eine Generalprobe für die Einweihung des Stadtbahnhofs. Ein kleiner aber feiner Niederhoner Verein, genannt »Die Schrullen«, mit seinen 13 Mitgliedern, fuhr mit dem damaligen Bürgermeister Jürgen Zick mit einer beim Lengenfelder Kanonenbahn-Verein für das »Erlebnis Draisine« ausgeliehenen Fahrraddraisine schon einmal über einen Teil der Strecke bis zum Stadtbahnhof, um dort mit dem Bürgermeister mit einem Glas Sekt auf den neuen Bahnhof anzustoßen. Anschließend trat man mit dem Gefährt wieder die Rückfahrt nach Niederhone an.
In den letzten Tagen vor der Einweihung fuhren schon einmal ein paar Probezüge, um feststellen zu können, ob auch alle Weichen, Signale, der Fahrdraht, die Schranken vom Bahnübergang und die Lautsprecheranlage für die Ansagen richtig funktionieren.
Der Eröffnungstag vom Stadtbahnhof sollte mit einem zünftigen Bahnhofs- und Volksfest begangen werden, in das die Ansprachen der Prominenz mit eingebettet wurden.
Außerdem sollte während der Feierlichkeiten auch ein neuer Cantus-Triebzug getauft werden.
Am Samstag, den 12. Dezember 2009 um 12 Uhr war es dann endlich so weit. Die am neuen Stadtbahnhof bereits zahlreich vertretene Bevölkerung wartete auf die Einfahrt des ersten Cantus im neuen Bahnhof, in dem ab Niederhone ausschließlich geladene Gäste mitfahren durften.
Im Cantus saßen außer Bürgermeister Alexander Heppe und Landrat Stefan Reuß auch Wolfgang Dippel, dem Geschäftsführer des NVVs, Dr. Thomas Kortenhaus aus dem Hessischen Wirtschaftsministerium und Veit Salzmann von der Hessischen Landesbahn sowie Hessens damaliger Verkehrsminister Dieter Posch. Mit von der Partie waren auch die Mitglieder der Marchingband Dietemann, die bereits im Zug musikalisch für beste Laune sorgte.
Pünktlich um 12 Uhr strebte der mit einer Girlande geschmückte Cantus dem Endpunkt am Eschweger Stadtbahnhof entgegen, um schließlich am Bahnsteig 1 zum Stillstand zu kommen.
Endlich war die Stadt Eschwege nach rund 24 Jahren ohne Personenverkehr auf der Schiene wieder an das Streckennetz angeschlossen.
Nachdem die Ehrengäste den Cantus verlassen hatten, wurden sie durch die Marchingband Dietemann mit Musik zum Festzelt geleitet, wo im Anschluss die Festreden zur Eröffnung des Stadtbahnhofs gehalten wurden.
Im Anschluss an die Begrüßungsreden nahm Eschweges neuer Bürgermeister Alexander Heppe, der seit dem 1. Dezember 2009 im Amt ist, gemeinsam mit Hessens Verkehrsminister Dieter Posch die Taufe des neuen Triebzuges auf den Namen »Eschwege« vor, da die Amtszeit von Jürgen Zick am 30. November abgelaufen war.
Bei der Aktion durfte die Symbolfigur aller Eschweger, der »Dietemann«, verkörpert durch Edmund Rohrbeck, natürlich nicht fehlen. Nach der Zeremonie begutachtete die Bevölkerung das neue Fahrzeug von außen und natürlich auch von innen, bevor die regelmäßigen kostenlosen Pendelfahrten zum Haltepunkt Niederhone begannen.
Nach der Taufe des Cantus kam das Fest erst richtig in Fahrt. Die Chöre der 4. und 5. Klasse der Eschweger Waldorf-Schule sangen und die Band »Jazz Affairs« hatte einen Auftritt und auch die Kinder kamen nicht zu kurz. Eine Malaktion, Plätzchen backen, eine Bahnhofs-Rallye und ein Spielprogramm sorgte für die Unterhaltung der Kleinen. Für die Großen spendierte der NVV Give-Aways, die gleich an mehreren Ständen verteilt wurden. Ein als Schaffner verkleidetes Comedy-Künstlerpärchen sorgte für einige Späße am Rande der Veranstaltung.
Eine Eschweger Bäckerei eröffnete im Empfangsgebäude, in dem auch das neue Kundenzentrum des NVV untergebracht wurde, eine neue Filiale mit integriertem Cafe und einem Zeitungsstand. Die Verkäuferinnen hatten alle Hände voll zu tun, den Ansturm der Besucher zu bewältigen. Viele Kunden wollten nur ein Stück Kuchen »auf die Hand«, aber auch das Cafe war stets überfüllt.
Die Leute vom Kundencenter kamen auch ganz schön ins Schwitzen, die vielen Fragen der Besucher und künftigen Bahnfahrer zu beantworten, aber auch Fahrkarten wurden bereits erstanden.
Im Laufe des Fest-Nachmittags wanderten über 2.200 Stück Rostbratwürste und reichlich Steaks aus dem hauseigenen Grill von einem Regionalfleischer in die Mägen der Besucher.
Außerdem rannen unzählige Liter Glühwein, Punsch, Bier und alkoholfreie Getränke durch deren Kehlen.
Da der Autor am Eröffnungstag leider arbeiten musste, hatte er noch eine persönliche Odyssee zu erleiden. Als er mit seiner Frau dann endlich am Spätnachmittag von Reichensachsen her über Niederhone nach Eschwege zum Stadtbahnhof fahren wollte, stand am Haltepunkt Niederhone gerade der Cantus und wartete auf Fahrgäste. Geschwind hatte er seine Frau abgesetzt, damit sie schon zum Zug gehen konnte, und er hatte in der Zwischenzeit einen Parkplatz aufgesucht. Danach ist er zum Haltepunkt gerannt, aber leider nicht schnell genug.
Seine Frau saß schon im Zug, er hatte noch eben schnell das Foto vom Cantus am Haltepunkt Niederhone im Sonnenuntergang geschossen, da fuhr ihm der Zug auch schon buchstäblich vor der Nase davon. So kam mit Glück im Unglück auch noch ein zweites Foto vom Bahnsteig in Niederhone zu Stande, als der Zug gerade in Richtung Eschwege davon fuhr.
Also ist der Autor dann mit seinem Auto nach Eschwege gefahren, hatte dort seinen fahrbaren Untersatz am alten Güterbahnhof abgestellt, ist zum Stadtbahnhof gerannt, dort seine Frau gesucht, aber vergebens. In der Zwischenzeit war sie mit dem Cantus wieder zurück nach Niederhone gefahren, aber den Autor dort natürlich nicht angetroffen, also wieder zurück nach Eschwege. Als sie dort ausstieg, sah sie der Autor sofort und daraufhin ging es gemeinsam zum Bratwurststand, aber:
»Bratwurst sind alle«, so hieß es. Gottseidank wurde aber gerade eine Platte mit den letzten gegrillten Steaks in den Verkaufsstand gebracht, von denen sie dann zwei erstanden haben, also Glück im Unglück hatten.
In der Zwischenzeit hatte sich zum Cantus nach Eschwege auch noch einer in Richtung Bebra gesellt, der dann auf dem Nachbarbahnsteig Station machte.
So langsam verdunkelte sich der Himmel über Eschwege, die lange Dezembernacht brach an.
Plötzlich ein lauter Knall, etwas blitzte auf, das Feuerwerk hatte begonnen und die Leute strömten in die Richtung vom Parkhaus und Parkplatz. Der NVV hatte sich das Highlight des Abends etwas kosten lassen. Für gut 10 Minuten erfolgte ein »Aaah« und ein »Oooh« nach dem anderen, bis sich das ganze Feuerwerk buchstäblich in Schall und Rauch aufgelöst hatte.
Anschließend löste sich der Publikumsansturm auf und der Bahnhofsvorplatz begann sich zu leeren. Nur ein paar Unentwegte standen noch um den Getränkestand herum,um einige letzte Biere oder Glühweine hinter die Binde zu kippen.
Am darauf folgenden Morgen begann der Regelbetrieb. Seitdem wird der Bahnhof Eschwege-West ohne Halt »links« liegen gelassen und die Triebzüge in das neue Gleis zum Stadtbahnhof Eschwege hin einschwenken, um zunächst am Haltepunkt Niederhone anzuhalten und von dort zum Stadtbahnhof zu fahren. Auf der Rückfahrt erfolgt ein weiterer Halt in Niederhone und anschließend geht es auf der Kanonenbahntrasse durch die Südkurve in Richtung Bebra oder über die neu errichtete Nordkurve nach Göttingen.
Durch den neuen Eschweger Stadtbahnhof wurde ein kleines Stück der alten Kanonenbahn reaktiviert, wenn auch in Eschwege-West der Anschluss an die Strecke von Bebra nach Göttingen fast an der alten Stelle neu trassiert worden ist. An der Trasse stimmen die neuen Kilometerangaben mit den alten von der Kanonenbahn überein, nur die neue nur knapp 500 Meterm lange Nordkurve wird von km 0 bis km 0,5 neu angezählt.
Seit dem Hessentag in Homberg an der Efze gibt es auch dort Bestrebungen, die alte Kanonenbahn zwischen Treysa und Homberg zu reaktivieren und in den Schienen-Nahverkehr einzubinden.
Drücken wir beide Daumen, dass dieses Vorhaben keine Utopie bleibt, sondern in naher Zukunft verwirklicht werden kann.
Weiter zu Teil 43: Das Eschweger Eisenbahnmuseum
Autor: Hermann Josef Friske
Vom Bahnhof Eschwege zum Haltepunkt Ober-Niederhone
Der Bereich vom Bahnhof Eschwege begann unmittelbar hinter dem Bahnübergang bei km 45,7, wo sich die Gleise teilten und deshalb mussten bei jedem Rangiervorgang die Schranken herab gelassen werden. Die Gleise auf der linken Seite, Südseite, waren dem Personenverkehr vorbehalten, die auf der rechten Seite, Nordseite, waren für den Güterverkehr bestimmt, denn im Eschweger Bahnhof war dieser komplett vom Personenverkehr getrennt.
Nur die Zeitungen oder andere Expressgüter wurden in den letzten Betriebsjahren den Personenzügen, die von Kassel her kamen, mitgegeben. Meistens wurde am Gleis 2 entladen, da die Züge dort auch einfuhren. Nachdem Eschwege als Expreßgut-Stelle aufgegeben wurde, erfolgte diese Aufgabe von Kassel Hbf.
Dieser Zustand existierte etwa für 10 Jahre, bis am 31. Mai 1985 der letzte Personenzug fuhr.
Das Empfangsgebäude selbst wurde in den 1990er Jahren, da jetzt nicht mehr benötigt, von der DB veräußert. Da die Stadt Eschwege, obwohl daran interessiert, aus finanziellen Gründen das Objekt nicht erwerben konnte, wurde das Bahnhofsgebäude an den Waldorf Schulverein verkauft, der darin zunächst einen Waldorf-Kindergarten einrichtete. Ein Gebäudetrakt war darüber hinaus an das Organisationsteam vom »Open-Flair-Festival« vermietet, das darin Material für das jährlich stattfindende Festival lagerte.
Im Jahre 2009 wurde der linke Trakt des Empfangsgebäudes, von der Straßenseite aus gesehen, aufgestockt und optisch der rechten Seite angeglichen. Dabei wurde auch das alte Vordach vom Eingangsbereich entfernt. Inzwischen von außen und auch innen gründlich renoviert, ist aus dem Gebäude nun wieder ein Schmuckstück geworden.
Inzwischen ist im Gebäude nur noch der Eschweger Waldorfkindergarten untergebracht, der bei dieser Gelegenheit erheblich vergrößert wurde.
Zum Johannisfest 2010 wurde von der Stadt Eschwege das Thema Eschweger Bahnhof einst und jetzt zum Thema der Festplakette gewählt.
Der Güterschuppen, der etwa bei km 46,0 gestanden hatte, war nach dem in Leinefelde der wohl größte am Streckenabschnitt zwischen Leinefelde und Treysa. Außer Wagenladungen und Stückgut wurde auch Expressgut abgefertigt, wofür eine gesonderte Laderampe und in den letzten Jahren auch ein neuer Bürotrakt angebaut wurde. Neben dem Dienst im Güterschuppen gab es in den 1980er Jahren auch ein Außenbüro bei der Firma Massey Ferguson, in dem auch Dieter Rudolf aus Reichensachsen Dienst leistete und die ausgehenden Ladungen gleich an Ort und Stelle abfertigte.
Der Güterschuppen wurde im November 2006, schon einige Jahre nicht mehr benutzt, letztendlich abgerissen, um einer Straßenverbindung Platz zu machen.
Zwischen Bahnhofsgebäude und dem nicht mehr existierenden Güterschuppen hat sich noch das alte Toilettenhaus erhalten, in dem sich auch Aufenthaltsräume für das Lokpersonal befanden.
Wenn dieses Gebäude ebenfalls etwas renoviert würde, könnte es dem Bahnhofsvorplatz zum Vorteil gereichen und die ganze Umgebung aufwerten. Das Gebäude wurde zwischenzeitlich an einen Trödler vermietet, dem es als Lagerraum dient.
Auf der linken Seite schloss sich bei etwa km 46,3 (heute nur noch bei km 46,4) das Bahnbetriebswerk an. Hier wurden die Züge zusammengestellt, die Lokomotiven gewartet (in den letzten Betriebsjahren nur noch Triebwagen), anschließend auf kurzem Weg zum Bahnhof geschoben und am Bahnsteig für die nächste Zugleistung bereitgestellt.
Die Gleise wurden inzwischen alle abgebaut, nur die Überreste von den Strahlengleisen an der ehemaligen Drehscheibe sind noch erhalten. Die Grundmauern des im 2. Weltkrieg vollkommen zerstörten Rundschuppens kann man auch heute noch recht gut ausmachen.
Auf gleicher Höhe wie das Betriebswerk, das in den letzten Betriebsjahren nur noch als Lokschuppen Verwendung fand, war jenseits der Streckengleise das Gleis, das den Ablaufberg ersetzt hat, wobei die lose vor der Lok mitlaufenden Güterwaggons nur einen Anschub bekamen, von wo aus diese nun alleine auf das richtige Gleis der Zugzusammenstellung gerollt sind.
Von der ganzen Gleisanlage war zum Schluss nur noch die Gegensprechanlage und die »Kommandozentrale«, das kleine Backsteingebäude vor dem Raiffeisen-Silo am Rande der Gleise übrig geblieben.
Im ehemaligen Betriebswerk ist heute das Bahnbus-Unternehmen RKH (Regionalverkehr Kurhessen) untergebracht.
Bei km 46,2 zweigte zum Schluss noch ein Gleis in Richtung Gas-Tanklager ab, dem wohl letzten Kunden der Bahn am ehemaligen Eschweger Bahnhof. Dort hinten am Hang zur Eisenbahnstraße befindet sich zunächst der Tennisplatz vom TC 51, wo über dem Eingang zu deren Clubhaus noch ein altes Bahnhofsschild vom Eschweger Bahnhof hängt. Zwischen Tennisplatz und dem RKH steht noch das Gebäude vom Kegelclub Union, einst ein Kegelclub für Eisenbahner, in deren Gebäude sich bis 1945 die bahneigene Badeanstalt befand.
Vor diesem Gebäude sind bis heute die Prellböcke der Gleise zu erkennen, die sich bis in die 1980er Jahre links vom Betriebswerk befanden und ein Teil der ehemaligen Strahlengleise von der großen Drehscheibe vor dem Rundschuppen waren.
An die noch teilweise erhaltene große Halle des ehemaligen Betriebswerkes, die seit dem Jahre 1954 als Triebwagenhalle gedient hatte, schloss sich noch eine offene Halle an, die ebenso wie das Gebäude der ehemaligen Lokleitung, in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends abgerissen wurden.
Außer dem Streckengleis gab es noch Gleise am Raiffeisensilo und der Firma Gerlach, die teilweise auch zum Schluss noch zum Rangieren benötigt wurden. Außerdem lag das äußere Gleis vor der Güterabfertigung.
Etwa in Höhe von km 46,5 befindet sich das ehemalige Hotel Kasseler Hof, ein Gebäude aus der Gründerzeit, und unmittelbar daneben der frühere Betriebshof der Firma Ph. Gerlach, die es bei der Kohlenanlieferung einfach hatte. Die vollen Waggons wurden auf dem Gleis oberhalb des Betriebshofes abgestellt und die Kohlen wurden dann per Rutsche direkt zur Auslieferung auf den LKW verladen oder auf den Betriebshof gekippt.
Etwa bei km 46,7 trafen fast alle Gleise wieder aufeinander, nur rechts begleitete uns noch ein Ausziehgleis bis vor die Unterführung am Eingang des Industriehofs bei km 46,75. Ursprünglich an das dritte Gleis angebunden, zweigte der Schienenstrang zum ehemaligen Flugplatz bei km 46,76 nach rechts von der Strecke ab, um die B 249 zu überqueren, nachdem das Gleis über eine Rampe dorthin geführt wurde. Dieses dritte Gleis wurde wahrscheinlich verlegt, damit der Versorgungsbetrieb für den Flugplatz nicht den zweigleisigen Regelbetrieb behindern sollte. Dieses dritte Gleis führte sogar noch über den Bahnübergang beim Posten 47 hinweg und mündete ursprünglich direkt in der Kaserne für die Flakstellungen des Flugplatzes, wo es in 2 oder 3 Gleisen an einer Rampe endete. Dieser Zustand dauerte wahrscheinlich bis Mitte der 1970er Jahre, als der Streckenabschnitt zwischen Niederhone und Eschwege auf eingleisigen Betrieb zurück gebaut wurde.
Unmittelbar hinter der Brücke von km 46,75 stand bis Mitte der 1950er Jahre das Stellwerk »Ew« (Eschwege West), von dem bis heute der Sockel erhalten ist.
Eine weitere Abzweigung führt auf der linken Seite bei km 47,2 nach hinten in das Betriebsgelände von Stiebel-Eltron, früher Prometheus, hinein. Wenn die Lok von Eschwege her kam, musste vorher Kopf gemacht werden, um in das Gleis hinein zu kommen, von Eschwege-West her konnte direkt in das Gleis eingefahren werden.
Es folgte der malerisch gelegene Posten 47 mit seinem Bahnübergang, der etwa 60 Meter weiter bei km 47,26 in 167,845 Meter über Seehöhe lag. Der Posten 47, der ursprünglich als Posten 25 bezeichnet wurde, war seit der Streckeneröffnung Eschwege-Niederhone im Jahre 1875 in Betrieb und war bis zu seinem Abriss Anfang Februar 2009 voll funktionsfähig. Sogar der Höhenmeter war bis zum Schluss zu erkennen. Neben dem Parkplatz von Stiebel-Eltron steht bis heute das ursprünglich zum Posten gehörende Eisenbahner-Wohnhaus. Der romantisch gelegene Posten entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einem beliebten Fotoobjekt, so dass wir uns heute noch an etlichen Aufnahmen erfreuen können. Auch wenn vom Postengebäude heute nichts mehr zu sehen ist, so können wir doch auch jetzt noch diesen, wenn auch voll automatisierten, Bahnübergang bewundern.
Am Posten 47 war die Strecke mindestens bis in die 1970er Jahre dreigleisig, danach wurde das zweite Streckengleis abgebaut und es verblieb zunächst nur ein Streckengleis sowie die Anbindung der Firma Becker und Hach. Von dem ehemals 3. Gleis waren im Jahre 2006 in Höhe des Postengebäudes noch Gleisreste zu sehen, während die Schwellen noch bis zum Abriss der gesamten Strecke für den Anschluss zum Stadtbahnhof liegen blieben.
Es hat den Anschein, dass die Strecke zwischen dem Posten und dem Haltepunkt Niederhone nach der leichten Streckenkorrektur bei der Erbauung des Flugplatzes im Jahre 1936 nicht mehr grundlegend saniert wurde, da die Schwellen noch aus den 1930er Jahren stammten.
Nur knapp 150 Meter hinter dem Posten 47 erreichten wir bei km 47,4 über eine Weiche die erste Anbindung zur Firma Becker und Hach, früher Orion-Werke und bis 1945 Flak-Kaserne, die an der Einfahrt zum Betriebsgelände mit einem großen verschlossenen Tor versehen ist. Inzwischen ist die Weiche durch den Neubau der Strecke zum Stadtbahnhof verschwunden, nur ein Teil vom Zufahrtsgleis und das Stück auf dem Betriebsgelände ist noch vorhanden.
Nachdem wir bei km 47,4 die erste Anbindung der Firma Becker und Hach, früher Orion-Werke, rechterseits hinter uns gelassen haben, folgte nach einem kurzen geraden Stück entlang des Zaunes zum Werksgelände schließlich bei km 47,7 die nach rechts abgehende zweite Anbindung dieser Firma, die jedoch nach hinten abzweigte. Folglich hieß es hier auch wie bei Stiebel-Eltron Kopf machen, es sei denn, die Waggons wurden von Eschwege-West her in den Abzweig hinein geschoben. Es besteht die Wahrscheinlichkeit, dass die beiden Anbindungen früher mit einander verbunden waren. Die Gleise dieses Anschlusses sind inzwischen komplett verschwunden.
Zwischen km 47,6 und 47,7 gab es ebenfalls Stahlschwellen aus den Jahren 1928 und 1930, bevor die Gleise der Neubaustrecke weichen mussten.
Schließlich wird die Strecke bei km 47,8 von einer Brücke überquert, die Ähnlichkeiten mit denen bei Burghofen oder nahe Küllstedt aufweist. Diese stammt aus der Zeit um 1875, als die Strecke nach Eschwege neu gebaut wurde. Die Brücke verband die Gehöfte in Niederhone mit den Feldern, die sich jenseits der Bahn befanden. Inzwischen wurde sie beim Neubau der Strecke sandgestrahlt und erstrahlt nun wieder in frischem Glanz. Hinter der Brücke macht die Strecke einen Schlenker, etwa dort befand sich früher die Abzweigung zur Waggonfabrik.
Im Sommer 2009 wurden im Rahmen des Streckenneubaues nach Eschwege die Gleise der beiden Zufahrten zum Firmengelände von Becker und Hach komplett entfernt. Nur die Rampe ist noch vorhanden. Die Brücke bei km 47,8 wurde während dieser Zeit gründlich restauriert und zum Schutz vor eventuellen Selbstmordkandidaten Schutzgitter an die Geländer in Höhe des Fahrdrahtes angebracht. Bei der Renovierung hat sich heraus gestellt, dass sich am Schlussstein des mittleren Bogens in Blickrichtung Eschwege die figürliche Darstellung eines Löwen- oder Katzenkopfes befindet.
Nachdem wir die Brücke und den ehemaligen Abzweig zur Zuckerfabrik bei km 47,9 passiert haben, treffen wir bei km 48,2 auf den ehemaligen Haltepunkt Ober-Niederhone.
Weiter zu Teil 45: Vom Haltepunkt Ober-Niederhone zum Bahnhof Eschwege-West
Autor: Hermann Josef Friske
Der Bahnhof Eschwege bis 1945
Ursprünglich floss die Wehre, damals noch Wohra genannt, seit Jahrhunderten in Mäandern über das Gelände des späteren Bahnhofs Eschwege-West. Bevor hier nach 1870 die ersten Gleise verlegt werden konnte, musste der Lauf des Flüsschens zunächst erst ein neues Bett bekommen. So fließt diese seitdem direkt am Bahnhof vorbei.
Der Bahnhof Eschwege-West, alter Name Niederhone, war einst ein Doppel-Bahnhof und befindet sich in der Mitte von zwei Bahn-Strecken. Auf der linken Seite, von Norden gesehen, verläuft auf der Ostseite noch ein letztes Gleis der Kanonenbahn und rechts, auf der Westseite, die Göttingen-Bebraer Bahnlinie. Der Bahnhof wurde am 31. Oktober 1875 als 1. Klasse-Bahnhof der Bebra-Friedländer Eisenbahn eröffnet und befindet sich bei Km 49,3 der Kanonenbahn in einer Höhe von 167,585 Metern über dem Meeresspiegel. Für diese Bahn wurde bereits beim Bau der Strecke zwischen Bebra und Niederhone eine 3,29 km lange Stichstrecke vom dortigen Bahnhof aus bis nach Eschwege verlegt, die am gleichen Tag wie der Bahnhof Niederhone in Betrieb ging, bei der der Eschweger Bahnhof bis zur Fertigstellung der Strecke bis Friedland als vorläufiger Endpunkt galt.
Die Fertigstellung der Reststrecke bis Friedland ließ nicht lange auf sich warten. Sie wurde am 15. Mai 1876 eröffnet. Die Stichstrecke und der Bahnhof Eschwege wurden dann ab dem 15. Mai 1879 der Kanonenbahn zugeordnet.
Schon bald nach der Eröffnung des Bahnhofes Niederhone stellte sich heraus, dass der dort errichtete Lokschuppen nicht mehr den Anforderungen gerecht wurde und wohl auch im Hinblick auf die im Bau befindliche Strecke von Leinefelde nach Treysa, die den Bahnhof Niederhone kreuzen würde, am 17. April 1878 eine Ausschreibung für die Lieferung von Materialien für die Erweiterung des Schuppens um 6 weitere Stände veröffentlicht wurde.
Bereits am 18. Mai 1878 wurden an der Baustelle Kanonenbahn die Arbeiten für 17 massive Bahnwärterhäuser, sprich Strecken- oder Schrankenposten, für die Strecke zwischen Niederhone und Pfieffe, veranschlagt auf 17.500 Mark, öffentlich vergeben.
Die Bahnhöfe entlang der Kanonenbahn wurden kurioserweise mit aus Frankreich stammenden, wahrscheinlich aus dem Fundus der Reparationsleistungen entnommenen, mechanischen Standuhren ausgerüstet. Eine dieser Uhren ist erhalten geblieben und befand sich für viele Jahre in dem kleinen Eisenbahn-Museum im Bahnhof Eschwege-West, das leider nur gelegentlich für den Publikumsverkehr öffnete. Inzwischen ist das Museum aufgelöst, die Ausstellungsstücke lagern seitdem größtenteils im Depot und warten darauf, in einem vergrößerten Eschweger Eisenbahnmuseum in neuen Räumlichkeiten gezeigt zu werden, aber leider fehlt dazu auch hier das Geld. Nur ein kleiner Teil der Ausstellung konnte bisher in dem aus allen Nähten platzenden kleinen Eisenbahnmuseum am Pommerntor in Eschwege übernommen werden.
Im Eschweger Tageblatt und Kreisblatt Nummer 223 vom Montag, den 23. September 1895 war eine Bekanntmachung zu lesen, die folgende Bahnstrecken betraf: Cassel-Elze, Cassel-Guntershausen-Lollar, Cassel-Münden-Nordhausen, Treysa-Leinefelde, Ottbergen-Nordhausen sowie Seesen-Herzberg:
»Vom 1. Oktober 1895 an wird die Prüfung, Durchlochung und Abnahme der Fahrkarten an den Ein- und Ausgängen der Stationen vorgenommen und damit hierfür bestimmte Bahnsteigschaffner beauftragt werden; dem Fahrpersonal verbleibt nur noch eine Nachprüfung der Fahrausweise der Reisenden im Zuge. Der Zutritt zu dem abgesperrten Theile der Bahnhöfe und der Austritt aus denselben darf dann nur durch die hierfür besonders eingerichteten Ein- und Ausgänge genommen werden und wird nur gegen Vorzeigung eines gültigen Fahrausweises oder einer besonderen Bahnsteigkarte gestattet. Das Weitere enthält die auf den Stationen des Direktionsbezirks Cassel aushängende Bekanntmachung, auf welche hiermit aufmerksam gemacht wird.
Königliche Eisenbahndirektion«
Außerdem stand dort zu lesen, »dass während der nun beginnenden kalten Jahreszeit auf den preußischen Eisenbahnstationen viele Hunde zu Beförderung anstünden. Nach den neuesten Bestimmungen durfte die Mitnahme von großen Hunden, insbesondere Jagdhunden, in der III. Wagenabteilung nur gestattet werden, wenn die Beförderung der Tiere mit den begleitenden Personen in abgesonderten Abteilungen erfolgen würde. Ebenso könne es Jägern gestattet werden, mit ihren Hunden im Gepäck- oder Beiwagen Platz zu nehmen, wenn keinerlei Anstand bezüglich der darin verladenen Güter bestünde und im Bezug auf die persönliche Sicherheit der betreffenden Reisenden keine Bedenken bestehen würden. Der tarifmäßige Beförderungspreis sei auch in diesem Falle zu entrichten.«
Am 19. Mai 1900 wurde die zunächst im Jahr zuvor versuchsweise eingeführte Regelung, dass Ärzte, Tierärzte und Hebammen im Bereich der Preußischen Staatsbahnen auch Güterzüge benutzen durften, vom Eisenbahnminister die Fortführung der Regelung bis auf weiteres angeordnet, da während der Versuchsphase kein Missbrauch aufgetreten sei.
Auf der Durchreise nach Bremerhaven trafen gegen Abend des 3. August 1900 die beiden Bataillone des 4. Ostasiatischen Infanterieregimentes am Bahnhof Niederhone ein, wo diese von der größten Menschenmenge begrüßt wurden, die der Bahnhof seit langer Zeit gesehen hatte. Die Regimenter wurden anschließend von Bremerhaven aus nach Tsingtau in China verschifft, wo sie bei der Niederschlagung des Boxeraufstandes eingesetzt wurden.
Weitere Ereignisse im Jahre 1900 waren die bestandene Lokomotivführerprüfung vom Lokomotivheizer Krug II in Niederhone am 18. September sowie die Festsetzung der Tarife für die im Preußischen Eisenbahndienst tätigen Telefonistinnen. Diese erhielten nach bestandener Prüfung als Fernsprechgehilfinnen ab 26. September ein Gehalt von 720 Mark im Jahr.
Ab 1. Mai 1902 gab es am Bahnhof Niederhone von der Kanonenbahnseite her eine neue Zugverbindung. Nach der Einweihung der Strecke zwischen Schwebda und Treffurt am gleichen Tag fuhren nun Züge ab hier bis Treffurt, ab 13. Oktober 1907 über Hörschel sogar bis Eisenach.
Wir haben es dem Eschweger »Kaiserlichen Hofphotographen« Oscar Tellgmann zu verdanken, dass wir über ein alljährlich im Herbst auf dem Bahnhof Niederhone statt findenden Ereignis Kenntnis haben, bei dem die 20-jährigen wehrdienst-tauglichen jungen Burschen aus dem Kreis Eschwege vom Bahnhof Niederhone aus, ihren Weg in die jeweilige Kaserne antraten, um dort ihren 2-jährigen Wehrdienst abzuleisten. Im Herbst des Jahres 1905 war er mit seinem Fotoapparat zur Stelle, um das Spektakel im Bild fest zu halten. Er fotografierte die rege Betriebsamkeit auf dem Bahnhof mit den vielen Rekruten sowie den Reservisten, die ebenfalls zu Manövern einberufen wurden, da die jungen Burschen nach Beendigung ihres 2-jährigen Wehrdienstes noch weitere 5 Jahre in der Reserve dienen mussten, danach 5 Jahre in der Landwehr I, anschließend noch 7 Jahre in der Landwehr II weitere Wehrübungen ableisten durften und zu guter Letzt noch 6 Jahre dem Landsturm zur Verfügung stehen mussten. Das hieß für jeden tauglichen jungen Mann, insgesamt für 25 Jahre dem Wehrdienst zur Verfügung zu stehen. Die Rekruten wurden bereits auf dem Bahnsteig von Unteroffizieren und Feldwebeln unter die Fittiche genommen und dort mit Erbsensuppe und Speck für ihre teilweise recht lange Reise noch einmal verpflegt. Hierbei aßen die Offiziere teilweise mit größerem Appetit als die einrückenden Rekruten. An einer Theke vor dem Wartesaal wurden auch noch Getränke ausgeschenkt. Sicher hat sich so mancher Rekrut da noch etwas
Mut antrinken müssen.
Im Jahre 1906 wurden am 1. August die Aufträge zur Erweiterung von 5 Dienstwohngebäuden im Bereich des Bahnhofs Niederhone vergeben und am 28. August wurde wegen fortwährenden Beschwerden betreffs des Umsteigens am Bahnhof Niederhone in Richtung Eschwege eine Eingabe an den Minister der öffentlichen Arbeit gemacht. Die Vertreter der Handelskammer in Eschwege, vertreten durch den Kaufmann Lange und den Fabrikanten Thorey, schlugen vor, von der Bebra-Göttinger Bahnlinie aus eine Verbindungskurve bei Niederhone zur Bahnstrecke Niederhone-Eschwege zu bauen, damit die Züge aus Hannover nicht über Bebra nach Eisenach fahren müssten, sondern über Eschwege und Treffurt nach Eisenach geführt werden könnten, wobei das lästige Umsteigen in Niederhone entfallen würde. Außerdem sei diese Strecke wesentlich kürzer als über Bebra.
Schließlich brannte ab 3. November des gleichen Jahres Elektrisches Licht in einem Teil des Bahnhofs Niederhone, die komplette Beleuchtungsanlage ging aber erst am 28. Januar 1908 in Betrieb. Nur auf dem Bahnsteig der Kanonenbahn brannte weiterhin die alte Petroleum-Beleuchtung.
Am 30. Januar 1907 wäre es beinahe zu einem schweren Unfall am Bahnübergang unweit vom »Bergschlösschen« gekommen, als der Kutscher vom Gutsherren Hupfeld aus Weidenhausen seinen Brötchengeber mit einem Schlittengespann am Bahnhof Niederhone abholen wollte. Das Pferd scheute vor den geschlossenen Schranken und sprang über diese hinweg, als der D-Zug 19.09 Uhr sich ankündigte. Der Zug konnte noch im letzten Moment gestoppt werden, aber der Schlitten war in arge Mitleidenschaft gezogen worden. Der Kutscher und sein Pferd kamen mit dem Schrecken davon.
Am 8. August des gleichen Jahres kam es im Bereich des Bahnhofs Niederhone zu einem Unfall, bei dem 2 Lokomotiven zusammenstießen. Bei dem Unfall wurde niemand verletzt.
Schließlich wurde am 13. Oktober noch die neue Bahnlinie zwischen Treffurt und Hörschel eingeweiht, auf der die Züge nun von Niederhone aus bis Eisenach fuhren, wobei sie aber in Hörschel Kopf machen mussten.
Um das Jahr 1910 gab es Malerarbeiten im Bereich des Bahnhofes Niederhone. Die Bahnsteigüberdachung wurde gestrichen. Es wäre möglich, dass diese erst gerade neu errichtet worden war, da die Überdachung auf den ersten Aufnahmen vom Bahnhof noch nicht vorhanden war.
Ab dem 9. Dezember 1912 profitierten nicht nur die Lokomotiven in Eschwege, sondern auch die am Bahnhof Niederhone Wasser fassenden Loks der Strecken von Leinefelde nach Treysa und von Bebra nach Göttingen vom guten Meißnerwasser. Das Kesselspeisewasser mit seinen etwa 8 Härtegraden gegenüber den 30 bis 40 Härtegraden Werra-Pumpwasser, aus dem das Speisewasser vorher bestanden hatte, machte sich bei den Lokomotiven vorteilhaft bemerkbar, die nun bei Volldampf mit geöffnetem Regler nicht mehr spuckten. Machten die Lokführer um das Niederhoner Wasser vorher wegen seiner minderen Qualität möglichst einen großen Bogen, so beliebt und bekannt war es nun auch unter den auswärtigen Lokführern. Der Verbrauch schnellte in die Höhe und lag nun bei 1.000 m³ am Tag, die aus dem Niederhoner Wasserturm flossen.
Der Eisenbahnverein Niederhone feierte am 18. und 25. Januar 1913 im Saal der gegenüber des Bahnhofs liegenden Gaststätte »Bergschlösschen« den Geburtstag des Kaisers. Nachdem das Fräulein Buttlar ein Festgedicht gesprochen hatte, wurden die Gäste durch den Oberbahnhofsvorsteher Ludwig Hofferberth herzlich begrüßt, worauf sich ein zwangloses Beisammensein anschloss.
Mit der Ermordung des Österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand und seiner Gemahlin in der bosnischen Stadt Sarajewo begann ein zunächst diplomatischer Prozess, der mit der Kriegserklärung an Serbien durch Österreich-Ungarn am 28. Juli 1914 und dem Beginn der Mobilmachung in Deutschland am 30. Juli in ein bis zu dieser Zeit nicht da gewesenes Fiasko endete. Der 1. Weltkrieg mit all seinen Grausamkeiten hatte begonnen, der alle Teile der deutschen Bevölkerung erfasste, die zunächst voller Euphorie und Begeisterung in ein mehr als vier Jahre andauerndes systematisches gegenseitiges Abschlachten zogen. Beim Aufmarsch der Deutschen Truppen an den Grenzen spielte die Eisenbahn eine große Rolle, wobei in unserem Raum die von Berlin nach Metz führende so genannte Kanonenbahn und auch die Bebra-Göttinger Eisenbahn eine große Rolle spielte. So war gerade der eigentlich nur kleine Verbindungsbahnhof zwischen 2 sich kreuzenden Bahnlinien betroffen, das war der Bahnhof Niederhone.
Während des Aufmarsches waren sämtliche verfügbare Personale davon betroffen, vor Allem das Lokpersonal. Betroffen waren aber auch das Rote Kreuz und verschiedene Frauenverbände, die für Verpflegung der Truppen und die medizinische Versorgung von Gefangenen und Verwundeten sorgen mussten. Während dieses Krieges mussten auch immer mehr Frauen »ihren Mann stehen« und in vielen bisher nur von Männern erledigte Arbeiten übernehmen, da diese mit zunehmendem Maße an die Front mussten. Diese Situation traf auch für die Eisenbahn zu, wo zum Beispiel Frauen sogar in der Eisenbahnwerkstätte am Eschweger Bahnhof die Schiebebühnen betätigten, aber auch als Schaffnerinnen eingesetzt wurden.
Gleich zu Beginn des 1. Weltkriegs machte am 26. August 1914 ein Güterzug auf dem Bahnhof Niederhone Station, dem ein Waggon eingestellt war, der 2 erbeutete französische Geschütze geladen hatte.
Am 10. September 1914 traf ein Zug von der Front in Frankreich mit 200 französischen Kriegsgefangenen, darunter 9 Offiziere, im Bahnhof Eschwege-West ein, wo die Soldaten verpflegt und soweit erforderlich, auch medizinisch versorgt wurden. Anschließend fuhr der Zug auf der Kanonenbahn weiter über Eschwege in Richtung Berlin.
Am Abend des 19. September 1915 fuhren drei Züge mit russischen Kriegsgefangenen durch den Bahnhof Niederhone.
Während des 1. Weltkrieges drängten mangels männlicher Arbeitskräfte immer mehr Frauen in das Berufsleben, so auch auf den Bahnhöfen Niederhone und Eschwege und so wurden ab dem 16. Oktober 1916 im Bahnhof Niederhone die ersten weiblichen Bediensteten als Schaffnerinnen und an der Sperre eingesetzt. Sogar im Güterschuppen wurde der Dienst jetzt teilweise von Frauen versehen, da sich sämtliche irgendwie entbehrlichen Männer zu dieser Zeit schon an der Front befanden. Ein besonderes Lob muss an dieser Stelle den Rotkreuz-Schwestern ausgesprochen werden, denn sie waren stets zur Stelle, wo sie dringend gebraucht wurden, wenn auch nicht immer so ganz freiwillig.
Morgens gegen 4.30 Uhr kam es am 17. November 1916 zu einem Unfall im Bereich des Bahnhofes Niederhone, als ein aus Bebra kommender Güterzug einem anderen Güterzug in die Seite fuhr, der gerade in Richtung Bebra ausfahren wollte. Der Lokführer des Zuges aus Bebra hatte das ordnungsgemäß auf »Halt« stehende Signal nicht beachtet.
Im Jahre 1918 zerfiel die Ordnung im Reich immer mehr, so dass es am 16. oder 17. August 1918 zu einer Wildwest-Film- reifen Szene am Bahnhof Niederhone kam. 2 junge Burschen im Alter von 20 und 28 Jahren sollen in Bebra und Sontra Einbrüche verübt haben, so war es dem stellvertretenden Bahnhofsvorsteher von Niederhone, Oberbahnassistent Seelig, zu Ohren gekommen. Da die beiden kriminellen Subjekte mit gefälschten Urlaubsfahrscheinen versuchten, den Personenzug nach Göttingen kurz vor der Abfahrt zu besteigen, wurde die Fälschung bemerkt und die beiden wurden zum Verhör ins Dienstgebäude geführt, dem sie anstandslos Folge leisteten. Während des Verhörs aber sprang einer der beiden Beschuldigten auf, lief zur Tür hinaus, gab aus einer Browning mehrere Schüsse ab und floh entlang der Wehre in Richtung Oberhone. Mehrere Eisenbahnbeamte und Arbeiter verfolgten den Flüchtling, der während seiner Flucht noch etwa 16 weitere Schüsse abgab, wovon einer in Höhe der Stegemühle abgegebener Schuss den 34 Jahre alten verheirateten Eisenbahnrangierer Georg Bachmann aus Eltmannshausen in den Unterleib traf. Dieser verstarb am 19. August an seiner schweren Verletzung.
Ob der Täter schließlich noch gefasst wurde, ging aus dem Bericht nicht hervor.
Am Bahnhof Niederhone wurde im Wagen eines Güterzuges am 26. September 1918 von Oberbahnassistent Seelig ein französischer Kriegsgefangener entdeckt, der sich in einer Kiste versteckt hatte und darin versucht hatte, von Stendal aus nach Basel zu gelangen.
Ebenfalls im Jahre 1918 hatten russische Kriegsgefangene das »Vergnügen«, am Freiladegleis vom Bahnhof Niederhone einen Heizkessel zu entladen, der für das Braunkohlenkraftwerk Bransrode am Meißner bestimmt war.
Am 11. November 1918 war der 1. Weltkrieg militärisch gesehen durch die Unterzeichnung der Waffenstillstands-Vereinbarung durch den Zentrumspolitiker Matthias Erzberger zu Ende. Wirklich Frieden war aber erst am 28. Juni 1919, als die Unterschriften unter den Versailler Vertrag gesetzt wurden, das für Europa einen gewaltigen Umbruch brachte und für Deutschland weitreichende Auflagen nach sich zog und nach nur 20 Jahren in den nächsten Völkermord münden sollten.
Diese Veränderungen betraf auch die Kanonenbahn, die ihren eigentlichen militärischen Sinn, Truppen von Berlin aus schnell nach Metz verlegen zu können, mit dem Verlust von Elsass-Lothringen eingebüßt hatte. Ein weiterer Punkt war der Rückbau des, soweit vorhanden, 2. Gleises, Ausbau von verschiedenen Drehscheiben und Ausfahrtssignalen und teilweiser Rückstufung der Hauptstrecke auf Nebenbahnbetrieb mit all ihren Konsequenzen. All dieses traf vor Allem für den Streckenabschnitt von Leinefelde nach Treysa zu, der jetzt nur noch fast ausschließlich den regionalen Verkehr aufnahm, von einigen Umleitungszügen infolge Bauarbeiten an den Hauptstrecken abgesehen.
Nach dem verloren gegangenen 1. Weltkrieg trat am 1. Oktober 1919 eine allgemeine Tariferhöhung in Höhe von 50 Prozent in Kraft, das bedeutete für die billigste Tarifklasse, die 4. Klasse, eine Erhöhung von 3 Pfennig auf 4,5 Pfennig und in der teuersten Klasse, der 1. Klasse, eine Erhöhung von 18 auf 27 Pfennig pro Kilometer. Des Weiteren wurde am 22. Februar 1922 der Preis für die Bahnsteigkarte auf 1 Mark heraufgesetzt und für jeden Hund, der auf den Bahnsteig mitgenommen wurde, musste eine zusätzliche Bahnsteigkarte gelöst werden. Durfte der Hund dafür nun für 1 Mark Dreck auf dem Bahnsteig hinterlassen?
Am 21. Februar 1920 erfolgte die Funktionsprüfung des neuen Stellwerks »Nn« (Niederhone Nord) am Bahnhof Niederhone und am 12. Juni des gleichen Jahres kam es zu einem tragischen Unfall, bei dem der Rangierer Wilhelm Hupfeld so unglücklich zwischen die Puffer von zwei Güterwaggons geriet, dass ihm der Brustkorb zerquetscht wurde, worauf er kurz darauf verstarb.
Der Oberbahnhofsvorsteher Seelig verließ am 24. März 1922 den Bahnhof Niederhone und wurde nach Bad Sooden-Allendorf versetzt. Als Ersatz kam ein Herr Schmohl aus Gensungen nach Niederhone.
Schon seit dem Jahre 1921 gab es Pläne, die jeweils 5 äußeren Stellplätze des großen Rundschuppens nach hinten zu erweitern, um größere Lokomotiven besser unterbringen zu können. Außerdem sollten gleichzeitig darin mehrere Gruben angelegt sowie ein Werkstattgebäude in der Nähe des Rundschuppens errichtet werden. Auch ein 2. und größerer Rundschuppen sollte im Rahmen dieser Erweiterungsarbeiten gebaut werden. Diese geplanten Erweiterungen wurden nur teilweise umgesetzt und dauerten bis ins Jahr 1944, als dann schließlich doch noch ein großer Rundschuppen für die neuen 44-er Dampflokomotiven errichtet wurde, wenn auch nicht dort hin, wo es ursprünglich geplant war.
Der 6. Juni 1929 war ein großer Tag für den Bahnhof Niederhone und den Rangiermeister Bachmann, der an diesem Tag sein 40-jähriges Dienstjubiläum gefeiert hatte. Bahnhofsinspektor Schmohl übergab ihm die vom Reichspräsidenten Paul von Hindenburg sowie vom Reichsbahn-Generaldirektor Julius Dorpmüller unterschriebene Jubiläums-Urkunde im Rahmen einiger herzlicher Dankesworte.
Am 21. Februar 1930 kam es zu einem Brand im Bahnhofsgebäude Eschwege-West, bei dem der rechte Trakt, von der Kanonenbahn aus gesehen, in dem sich die Wartesäle mit der Bahnhofsgaststätte, sowie die Telegrafen-Abteilung befanden, ein Raub der Flammen wurde. Der Brand wurde durch den Bahnhofwirt um 4.35 Uhr entdeckt, als er über dem Wartesaal 2. Klasse eine starke Rauchentwicklung bemerkte, die wahrscheinlich von einem Schornsteinbrand herrührte. Sofort wurden die Feuerwehren aus Niederhone, Eltmannshausen, Eschwege, Oberhone und Niddawitzhausen gerufen, die sogleich herbei geeilt kamen und unter der Leitung von Kreisbrandmeister Eduard Döhle standen. Als die Feuerwehren eintrafen, stand der Trakt bereits in hellen Flammen und man begnügte sich mit der Schadensbegrenzung. So brannte der Trakt mit Ausnahme der Telegrafenabteilung vollständig nieder. Um 6 Uhr früh erreichte der Brand seine größte Ausdehnung und erst um 8 Uhr war dieser soweit gelöscht, dass die Feuerwehren wieder abrücken konnten, mit Ausnahme der aus Niederhone, die Brandwache schob. Infolge des Brandes wurde auch der Zugverkehr behindert, so dass es zu erheblichen Verspätungen kam, der Dienst jedoch wurde in vollem Umfang aufrechterhalten. Diesen hat man in den folgenden Tagen in der Telegrafenabteilung notdürftig weiter geführt, da das Gebäude bis auf den Nordflügel eingeäschert wurde und die Wartesäle zerstört waren. Bei dem Brand entstand ein Sachschaden von mindestens 40.000 Reichsmark. Am darauf folgenden Tag begann die Firma Bödicker aus Eschwege sofort mit dem Wiederaufbau und bereits 12 Arbeitstage nach dem Brand war das Gebäude im Rohbau wieder fertig gestellt.
Im Jahre 1931 wurde auf dem Bahnhofsgelände etwa auf der Höhe der Eisenbahner-Wohnhäuser eine große Umladehalle errichtet, wo Frachtgut zwischengelagert wurde, das von der Nord-Süd-Strecke auf die Kanonenbahn umgeladen werden sollte oder umgekehrt.
Im Jahre 1934 drehte sich am Bahnhof Niederhone wieder das Personalkarussell, als der bisherige Bahnhofsvorsteher, Reichsbahninspektor Nienstedt mit Wirkung vom 1. März nach Kassel versetzt wurde. Für ihn trat der Reichsbahnobersekretär Falz aus Bad Sooden-Allendorf den Dienst als Bahnhofsvorsteher an.
Ab dem 9. Juli 1935 gab es ein Rauchverbot in den dafür vorgesehenen Wagen, wobei die Hälfte der Wagen oder Abteile in den Zügen sowohl in der Polster- als auch in der Holzklasse für Nichtraucher reserviert wurden.
Bis ins Jahr 1936 trug der Bahnhof den Namen Niederhone, er wurde erst im Laufe des Jahres infolge der Eingemeindung des Dorfes Niederhone in die Stadt Eschwege als Folge des Flughafenbaus auf dem Gelände zwischen beiden Orten umbenannt und erhielt dadurch den Namen Eschwege-West.
Der zweite Weltkrieg verlangte vom Personal, besonders von den Lokführern und Heizern manchmal die letzten gesundheitlichen Reserven ab, da die Lokumläufe sowie die tägliche Dienstzeit ins unendliche stiegen. Auch in diesem Krieg mussten immer mehr Frauen den Dienst der Eisenbahner ersetzen, zum Beispiel die Schaffnerin und Aufsichtsbeamtin Liselotte Kniese am Bahnhof Eschwege-West, da diese teilweise zum Kriegsdienst einberufen waren. Andere Männer wiederum wurden als Lokführer im fernen Russland oder anderen besetzten Gebieten oder sogar als Feldeisenbahner eingesetzt.
Durch das während des Krieges enorm gestiegene Personen-Beförderungs- sowie Frachtaufkommen reichte bald der alte ursprünglich 10-ständige, aber bereits in den Jahren 1879 und 1880 auf 16 Stände erweiterte Ringlokschuppen, die Drehscheibe wurde dabei von 12 auf 16 Meter vergrößert, nicht mehr aus und daher wurde in den Jahren 1943 und 1944 südlich davon ein neuer 5-ständiger Lokschuppen für große Loks gebaut und mit einer 20,50 Meter-Drehscheibe verbunden, die aber nur wenig später durch eine mit 23 Meter Durchmesser ersetzt wurde. In diesen beiden Lokschuppen befand sich das Betriebswerk vom Bahnhof Eschwege-West, hier wurden die Lokomotiven, die dort stationiert waren, auch die Güterzugloks, die auf der Kanonenbahn fuhren, gewartet. Eine Lehrlingswerkstatt und eine Bekohlungsanlage waren dem Betriebswerk ebenfalls angeschlossen.
Während des zweiten Weltkriegs stand zwischen dem Kanonenbahn-Stellwerk »EWO« und dem Stellwerk »EWS« der Nord-Süd-Strecke entlang der Gleise der beiden Strecken eine Baracke, in der die Betreuung der Deutschen Soldaten erfolgte. Hier warteten aber bald nicht nur die Soldaten, sondern auch andere Reisende, vor Allem Berufspendler, auf die immer weniger werdenden und meist verspätet eintreffenden Reisezüge, denen das manchmal lange Warten mit einer mehr oder weniger guten Tasse Fleischbrühe versüßt wurde. Die Betreuungsbaracke überdauerte wahrscheinlich das Flüchtlings-Chaos, wurde aber danach mit Sicherheit bald abgerissen.
In den letzten Wochen vor Kriegsende, als bereits ein Fahrverbot für hochwertige D-Zug-Lokomotiven erlassen war, um sie vor Tieffliegern zu schützen, kam es am 2. oder 3. März 1945, wahrscheinlich aus Mangel an anderen Loks, am Bahnhof Eschwege-West zu einer Flankenfahrt mit einer Lok der Baureihe 01.10, der 01 1067 und zwei Lokomotiven der Baureihe 56. Die 01.10-er Lok soll dabei so stark beschädigt worden sein, dass der Unfall schließlich zur Abstellung der Lok geführt haben soll.
Obwohl auch Verschiebebahnhof und an der Kreuzung von zwei Bahnstrecken gelegen, wurde der Bahnhof Eschwege-West zum Glück niemals bombardiert oder gezielt beschossen. Man begnügte sich wahrscheinlich aus dem Grunde mit dem Eschweger Bahnhof, weil die Stadt eine größere wirtschaftliche Bedeutung besitzt und während des Krieges einen Militär-Flughafen besaß, der zwar überwiegend nur als Reparaturflughafen genutzt wurde, auf dem aber auch im Frühjahr 1945 bis zur Sprengung allen Materials am 2. April 1945 immer noch einsatzbereite Maschinen standen, nur der Sprit war zuletzt knapp und die Lufthoheit der Amerikaner überwältigend. Da galt es, die direkte Zufuhr von Ersatzteilen und Versorgungsgütern möglichst auszuschalten und verzichtete dadurch auf eine Bombardierung des Bahnhofs Eschwege-West. Der Bahnhof wurde gegen Ende des 2. Weltkriegs am 3. April 1945 um etwa 8.30 Uhr von amerikanischen Truppen besetzt.
Weiter zu Teil 47: Der Bahnhof Eschwege-West von 1945 bis 1963
Autor: Hermann Josef Friske
Der Bahnhof Eschwege-West von 1964 bis heute
Vom Rangierbahnhof aus, der in verkleinerter Form auch schon vor 1963 vorhanden war, fuhren die Güterzüge auch ursprünglich auf die Kanonenbahn in Richtung Leinefelde oder Treysa. Unmittelbar neben dem Ablaufberg befand sich die Zuckerrüben-Verladestation, die auch von einem Gleis der Kanonenbahn aus bedient wurde. Außerdem zweigte hier ein Gleis ab, das direkt zum Wasserkran unweit vom Wasserturm führte, wie man es heute noch erkennen kann: Das Schild »Nur mit O-Wagen zu befahren« ist noch erhalten und steht vor einem Mast für den Fahrdraht.
Am Prellbock vom Gleis der Verladestation begann auch eine Schmalspurbahn, die quer durch Oberhone zu den Gipsbrüchen oberhalb des Dorfes geführt hatte.
Aber nun der Reihe nach:
Durch die Elektrifizierung der Nord-Süd-Strecke im Jahre 1963, kamen auf den Bahnhof Eschwege-West, sowie die Gleisanlagen noch weitere Umbauten zu. So wurden nicht nur die Signalanlagen, sondern auch, soweit möglich, die Stellwerke, umgebaut. Anderenfalls wurden diese durch Neubauten ersetzt.
Außerdem wurde für die Strecke ein neues Blocksystem von etwa 13 km Länge pro Block eingeführt und entsprechende Streckentelefone neu angebracht, wozu neue unterirdische Telefonleitungen erforderlich waren. Das war besonders für die Überholgleise vor den Steilstrecken notwendig, um den Betrieb flüssig zu halten. Im Zuge der Umbauten wurden die alten Freileitungen entlang der Strecke abgebaut.
Nur auf der Kanonenbahnseite blieb im Bahnhofsbereich von Eschwege-West alles wie bisher. Die Fahrgäste mussten weiterhin die Gleise überschreiten, um zum Bahnsteig für den Gegenzug zu gelangen und auch die alten Bahnsteigkanten blieben erhalten.
In den Folgejahren machten sich immer mehr Rationalisierungsmaßnahmen bemerkbar, das traf auch auf die Bahnhöfe Eschwege und Eschwege-West zu.
Als eine Folge der Einstellung des Dampfbetriebes auf der Nord-Süd-Strecke kam es mit Wirkung vom 1. Oktober 1965 zur Auflösung des Bahnbetriebswerkes in Eschwege-West einschließlich der in einer Baracke am alten Wasserturm untergebrachten Lehrlingswerkstatt. Die zwischen Eschwege und Kassel bzw. auf der Kanonenbahn eingesetzten Dampfloks konnten aber auch weiterhin in Eschwege-West bekohlt, entschlackt und abgeölt werden.
Am 1. April 1968 wurden die Bahnhöfe Eschwege-West und Eschwege zusammengelegt und dem Eschweger Betriebsamt unterstellt, somit verlor der Bahnhof Eschwege-West seinen Bahnhofsvorsteher und die Dienststelle wurde aufgelöst. Der Letzte in der langen Reihe der Vorsteher war Herr Schaller.
Der 1. Spatenstich zum Neubau des Zentralen Stellwerks sowie des neuen Empfangsgebäudes im Bahnhof Eschwege-West erfolgte am 24. September 1968. Das neue Empfangsgebäude ging bereits im Laufe des Jahres 1969 in Betrieb, das alte wurde in der Zeit vom 7. und 17. September 1970 abgerissen. Der Bau des Stellwerkes hingegen nahm mehr als 3 Jahre in Anspruch, da auch die gesamte Technik neu angelegt werden musste. 109 Signale, sowie 86 Weichen mussten mit dem neuen Stellwerk verknüpft werden und wurden bei dieser Gelegenheit von Handbetrieb auf elektrische Bedienung umgerüstet.
Außerdem wurden noch die Schranken von 4 Bahnübergängen auf elektrischen Betrieb umgestellt. Bei dieser Gelegenheit wurde der gesamte Block mit all seinen Signalen auf vollautomatische Steuerung der modernen Spurplantechnik 60 umgestellt. Für diese ganze Aktion mussten mehr als 100 km Kabel neu verlegt werden, da beim Umbau auch gleichzeitig sämtliche Fernsprechanlagen des ganzen Bereiches modernisiert werden mussten. Der gesamte Umbau wurde von Seiten der DB vom technischen Bundesbahn-Oberinspektor Karl-Heinz Hohmann geleitet, während der örtliche Bauwart durch den technischen Bundesbahn-Inspektor Gerhard Dörfel vertreten war. Die Inbetriebnahme des neuen Stellwerks erfolgte schließlich am 18. und 19. März 1972. Durch die ganze Maßnahme wurden etwa 25 Arbeitsplätze eingespart. Die ausgedienten Stellwerke Ewf, Ews, Ewo und Ewn wurden anschließend in der Zeit vom 27. April bis 16. Mai 1972 abgerissen. Der letzte Bedienstete des Kanonenbahn-Stellwerks Ewo war Werner Wiegand.
Beim Neubau der B 27 wurde auch die »Bahnhofsgaststätte«, das malerisch gelegene Gast- und Pensionshaus »Bergschlösschen«, das sich in der Bevölkerung bis hin nach Eschwege und Umgebung auch als Tanzlokal großer Beliebtheit erfreute, in der Zeit vom 28. Juni bis 10. Oktober 1967 abgerissen, denn das Haus stand der neuen B 27 im Wege. Bei dieser Gelegenheit wurde auch der Bahnübergang am Stellwerk »Ewn« beseitigt, der mit seinem Stellwerk eine malerische Kulisse für etliche Fotos geliefert hatte. Selbst der bekannte Eisenbahnfotograf Carl Bellingroth hat den Bahnübergang im Jahre 1951 fotografisch festgehalten.
Am 17. März 1973 durchfuhren im Bereich des Bahnhofs Eschwege-West in 24 Stunden immerhin noch 100 Züge auf der Kanonenbahn in östlicher oder westlicher Richtung, während es auf der Hauptstrecke etwa 280 Züge pro Tag waren. Bereits ein Jahr darauf sollten es weniger werden, denn mit der Einstellung des Betriebes zwischen Eschwege und Treysa am 25. Mai 1974, dem Wegfall der VT 98 auf der Strecke und dem Güterverkehr in diese Richtung ab 26. Mai fiel der Bahnbetrieb schon wesentlich geringer aus.
Am 2. Juni 1973 wurde dann auch die letzte planmäßige Dampflok im Bahnhof Eschwege-West gesehen, da an diesem Tage mit der letzten Dampflokfahrt zwischen Eschwege und Kassel der Dampfbetrieb in der DB-Direktion Kassel eingestellt wurde. Bis zum allgemeinen Dampfverbot auf allen DB-Strecken Ende Oktober 1977 wurden aber immer noch einige dampfbespannte Sonderfahrten durchgeführt.
Die Güterabfertigung Eschwege-West, die bereits seit dem Jahre 1970 geschlossen war, wurde in der Zeit vom 22. bis 25. April 1975 von der Firma Heinrich Mandt aus Baunatal abgerissen. Sie befand sich auf der gegenüber liegenden Seite von der Nord-Süd-Strecke an der B 27. Nur die Freiladerampe blieb bis zum heutigen Tag erhalten.
Mit dem 1. September 1975 endete eine weitere Ära am Bahnhof Eschwege-West. Der Umladedienst für Dienstpost, Gepäck und Expressgut zwischen der Hauptstrecke und der Kanonenbahn bzw. der Kasseler Strecke fand nicht mehr statt, außerdem wurden keine Züge auf der Hauptstrecke mit diesen Gütern be- oder entladen.
Die Vermittlungsstelle der Deutschen Bundesbahn im Zentralstellwerk des Bahnhofs Eschwege-West wurde am 4. November 1976 außer Betrieb gesetzt und somit sämtliche Postleitungen abgeschaltet. Dafür wurde am 3. Januar 1977 der Zugbahnfunk auf der Strecke von Bebra nach Eichenberg in Betrieb genommen.
Im Jahre 1982 kreuzten auf der Hauptstrecke pro Tag 278 Züge den Bahnhof Eschwege-West, somit blieb dort die Anzahl der durchfahrenden Züge seit dem Jahre 1973 nahezu konstant, während es im Jahre 1983 mit 273 Zugfahrten am Tag schon weniger wurden.
Ab April 1984 wurde am Fahrkartenschalter vom Bahnhof Eschwege-West die Schalterstunden reduziert und war nun wochentags von 6.10 Uhr bis 7.45 Uhr sowie ab 8.45 Uhr bis 19.50 Uhr geöffnet. An den Sonntagen öffnete der Schalter in der Zeit von 11.00 Uhr bis 18.50 Uhr, während er an den Samstagen geschlossen blieb. Das war wohl schon im Hinblick auf die Veränderungen geschehen, die ab den 3. Juni 1984 greifen sollten:
Ab dem Sommerfahrplan fielen an der Hauptstrecke D-Zug-Halte in Eschwege-West und Bad Sooden-Allendorf ersatzlos weg und an der Kanonenbahn wurde der Reisezugverkehr an den Samstagen vollständig eingestellt. Die Fahrgäste mussten sich schon mal an das Busfahren gewöhnen, das bald darauf auf sie zu kommen sollte.
Bereits im Oktober 1984 wurden dann vollendete Tatsachen geschaffen. Das Bundeskabinett in Bonn hatte der völlige Einstellung des Personenverkehrs auf der Strecke zwischen Eschwege und Kassel zugestimmt. Obwohl oftmals auf der Strecke zwischen Hessisch Lichtenau und Eschwege Geisterzüge fuhren oder lediglich mit einer Hand voll Fahrgästen besetzt war, wurde durch die öffentliche Hand, angefangen vom Landrat Eitel O. Höhne bis hin zu den Parteien und Stadtparlamenten der Anrainer-Gemeinden, heftig dagegen protestiert. Sogar die Gewerkschaften bliesen in dieses Horn.
Schon 11 Jahre nach der Einstellung des Verkehrs auf der Kanonenbahn zwischen Waldkappel und Malsfeld, sank die Zahl der Zugfahrten auf der Kanonenbahnseite infolge der Betriebseinstellung auf der Strecke zwischen Eschwege und Kassel ab 1. Juni 1985 im Bereich des Bahnhofes Eschwege-West auf nahezu 0, da mit diesem Tag auch die Triebwagen und Diesel gezogenen Züge zwischen Eschwege und Kassel sowie die Pendelzüge, in der Regel ein solo fahrender Triebwagen, zwischen Eschwege und Eschwege-West, weg fielen.
Von diesem Tag an wurde nur noch die Eschweger Güterabfertigung sowie der Industriehof regelmäßig bedient, außerdem wurden noch einzelne Waggons oder gelegentliche kurze Güterzüge nach Wanfried oder Waldkappel geschoben, aber auch damit war nach wenigen Jahren Schluss, denn der Güterverkehr nach Waldkappel endete mit dem 31. Dezember 1992, nur 2 Jahre später folgte Wanfried am 30. September 1994 und schließlich die Eschweger Güterabfertigung am 31. Mai 1995.
Danach erfolgten noch gelegentliche Wagenladungen bis 31. August 2002 in Richtung Eschwege.
Seitdem lag die Strecke dorthin brach und ist langsam aber sicher zugewachsen.
Nach dem Jahre 1985 wurde das Gleis 21 auf der Kanonenbahnseite vom Bahnhof Eschwege-West abgebaut, das Gleisbett zwischen den Bahnsteigkanten zugeschüttet und seitdem gab es nur noch ein einziges Gleis in Richtung Eschwege.
Fuhren auf der Hauptstrecke in den 1980er Jahren immer noch einige hochwertige Züge, selbst wenn diese nicht in Eschwege-West hielten, so war auch damit bald Schluss und auf der Strecke dominierten die E-Lok gezogenen Regionalzüge, die von den Wendezügen abgelöst wurden, die dann mit ihren lediglich 2 Silberlingen dann geschoben wurden. Zunächst gab es aber noch einige Interregio-Züge, wie zum Beispiel den mit 6-minütiger Verspätung abfahrenden IR 1682 nach Göttingen.
Waren es Mitte der 80er Jahre sogar noch regelmäßig ehemalige TEE-Triebzüge als Reisebüro-Sonderzüge die über die Strecke von Bebra nach Göttingen verkehrten und somit auch am Bahnhof Eschwege-West zu sehen waren, so fuhren mit dem Fahrplanwechsel am 1. Juni 1991 letztmalig auch Fernzüge über diese Strecke.
Unter anderem handelte es sich um die letzte Durchfahrt von IC 693 Hohenstaufen von Hamburg-Altona nach München um 9.45 Uhr, den IC 583 von Hamburg-Altona nach München um 10.09 Uhr, den IC 676 Markgraf von Karlsruhe nach Hamburg-Altona um 10.19 Uhr, den EC 75 Tiziano von Hamburg-Altona nach Milano um 10.45 Uhr mit 10-minütiger Verspätung, da laut Fahrplan Durchfahrt um 10.35 Uhr und um 10.50 Uhr der IC 686 Veit Stoss von München nach Hamburg Altona.
Mit Beginn des Sommerfahrplans gehörten diese hochwertigen Züge endgültig der Vergangenheit an.
Im Laufe der 1980er Jahre war am Bahnhof Eschwege-West eine Motordraisine der Baureihe KLV 12 stationiert, die 12.4681, die Rotten-Personal als auch geringe Mengen an Arbeitsmaterial auf schnelle Art und Weise zum jeweiligen Einsatzort bringen konnte. Sie wurde auch bei Servicearbeiten an Schranken-und Weichenanlagen eingesetzt. Die Draisine war im BW Fulda beheimatet, für 6 Personen zugelassen, besaß eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h, die letzte REV fand damals im Jahre 1982 statt und die nächste wäre im Januar 1987 fällig gewesen. Meistens stand das Gefährt, wenn es gerade nicht gebraucht wurde, am Prellbock eines Abstellgleises, das sich zwischen der Kanonenbahn und der Bebra-Göttinger Bahn befand.
Nach der Elektrifizierung der Strecke von Bebra nach Göttingen im Jahre 1963 wurde am Bahnhof Eschwege-West eine Außenstelle der Fahrleitungsmeisterei eingerichtet, die für die Wartung des Fahrdrahtes einen Turm-Verbrennungs-Triebwagen der Baureihe VT 55 erhalten hatte, für den extra zur Unterstellung über Nacht und an den Wochenenden ein Schuppen errichtet worden ist. Das Gefährt besaß ursprünglich eine purpurrote Lackierung, wurde aber später in gelb umlackiert und wurde dann bei der DB unter der Baureihe 701 weiter geführt. Das Fahrzeug in Eschwege-West lief unter der Nummer 701 063-0.
Schließlich wurden die inzwischen nicht mehr benötigten Rangiergleise mit dem Ablaufberg auf der Kanonenbahnseite vom Bahnhof Eschwege-West in der Zeit zwischen Ende 1997 bis zum Frühjahr 1998 abgebaut.
Wo bisher immer noch leere Waggons zum Rücktransport oder ausgediente Güterwagen gesammelt wurden, sind die Gleise verschwunden, ebenso der Berg und die sonstigen Gleise der Kanonenbahn, nur ein Durchgangsgleis war jetzt am Bahnhof noch vorhanden, das mit einer einzigen Weiche von der Hauptstrecke her noch erreicht werden konnte. Dieses lag bis auf gelegentliches Abstellen von Waggons oder Baufahrzeugen brach, ansonsten wartete das Gleis auf die neue Anbindung des Stadtbahnhofs Eschwege an die Bebra-Göttinger Strecke.
Der Fahrkartenschalter im Bahnhof Eschwege-West wurde am 31. August 1998 nach jahrelangen Schließungs-Androhungen und Öffnungszeit-Verkürzungen für immer geschlossen. Der letzte Schalterbeamte im Bahnhof Eschwege-West war Reiner Mayer, man kann fast sagen, er war der letzte Mohikaner. In den letzten Jahren vor der Schließung des Schalters ließ er seine tägliche Dienstzeit freiwillig um die Hälfte reduzieren, um damit seinen Beitrag zu leisten, den Schalter zu erhalten, aber die DB und der NVV spielten nicht mit. Obwohl Reiner Mayer seine Umsätze beibehielt, wurde der Schalter dicht gemacht.
Nach der Schließung des Schalters in Eschwege-West wurde Reiner Mayer an den Bahnhof Bad Sooden-Allendorf versetzt, wo er ebenfalls als einziger Schalterbeamter in reduzierter Stundenzahl seine Schalterstunden abhielt. Auch dieser Schalter ist inzwischen geschlossen.
Seit der Schließung des Fahrkarten-Schalters arbeiten nur noch vier Personen im Bahnhof Eschwege-West, und zwar auf dem Stellwerk, dieses aber in drei Schichten rund um die Uhr.
Einer der Fahrdienstleiter auf dem Stellwerk, an dem täglich im Jahre 2005 etwa 180 Züge pro Tag vorbei fuhren, war Reinhold Gries, dessen Zuständigkeitsbereich sich von Hoheneiche bis Bad Sooden-Allendorf erstreckte.
Bis zum 9. Dezember 2006 fuhren die roten Triebzüge der DB-Baureihe 425 auf der Strecke zwischen Bebra und Göttingen, ebenso auf anderen Strecken des NVV (Nordhessischer Verkehrs-Verbund), aber seit dem 10. Dezember 2006 wechselte die Betreiber-Gesellschaft, die inzwischen auch den Fahrzeugpark stellt. An die Stelle der DB-Regio trat die Cantus-Verkehrsgesellschaft mbH, Kassel-Wilhelmshöhe, an der die Hamburger Hochbahn-AG und die Hessische Landesbahn zu je 50 % beteiligt sind. Die neuen blauen Komfort-Triebzüge mit dem orangefarbigen Streifen, genannt »Flirt«, inzwischen allgemein nur noch Cantus genannt, werden für die kommenden Jahre auf den Strecken in Nordhessen verkehren und sind somit auch seit dem 12. Dezember 2009 auf dem neuen Gleis zum Stadtbahnhof in Eschwege zu sehen.
Das Gelände, auf dem sich früher die Bahnsteige der Kanonenbahn sowie der Güter-Rangierbahnhof befand, ist heute weitgehend eingeebnet und mit Schotter von den ehemaligen Gleisen verfüllt, nur an einer Stelle ist noch ein Loch übrig geblieben, in das man einfach den Kilometerstein »49,6«, sowie zwei Gebotsschilder zum Signal geben hinein geworfen hat, ansonsten sind nur noch die Steine »49,1« und »49,3«, sowie »49,8« und »49,9« auf dem Gelände erhalten geblieben, die anderen sind bereits, ebenso wie die Gleise, verschwunden.
Bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof am Ende des Ablaufberges ist noch der Kilometerstein von km 50 erhalten, nur etwa 30 Meter weiter überquert die Landstraße zwischen Oberhone und Eltmannshausen die Bahn.
Im Herbst 2008 tat sich etwas auf der Kanonenbahnseite des Bahnhofsbereichs. Lange rote Abtrennungen wurden gezogen, Sandhaufen abgekippt und unebenes Gelände planiert. Die von verschiedenen Umbauaktionen her rührenden hohen Stapel alter Holzschwellen wurden endlich abgefahren, weil sie die nun anstehenden Bauarbeiten sonst behindert hätten.
Gab es im Februar 2008 noch eine Zufahrt vom Ausweichgleis zur Kanonenbahn bei km 49,9, so wurde dieses beim Bau eines neuen Ausweichgleises für die Hauptbahn total entfernt, gemeinsam mit dem alten Kanonenbahngleis. Vorher wurde etwas versetzt zum alten Kanonenbahngleis, das im Bereich des Bahnhofs komplett abgebaut worden ist, ein neues provisorisches Gleis verlegt, wobei die Grenze von dem DB-Gleisende zum Gleis der Hessischen Landesbahn genau fixiert wurde. Diese Grenze befindet sich am Streckenkilometer km 49,9. Als erstes wurde entlang der neuen Strecke der Untergrund mit Sand bestückt, auf dem später dann der Schotter aufgetragen wurde.
Am 24. Mai 2008 lagen im provisorischen Gleis bereits die endgültigen Schienenstücke bereit, die darauf warteten, verlegt zu werden. Diese waren, nachdem das neue Kanonenbahngleis an das neue Ausweichgleis angeschlossen worden war, bis zum 9. August 2008 schließlich verlegt und es wurden an diesem Tage schon die anstehenden Restarbeiten durchgeführt. Bis zum 6. September war zwischenzeitlich auch der Fahrdraht gezogen und die Strecke zum neuen Eschweger Stadtbahnhof war soweit fahrbereit.
Zum Schluss wurde noch die Signaltechnik an der neuen eingleisigen Strecke nach Eschwege installiert.
Was dann für den neuen Stadtbahnhof ein Freudentag, war für den Bahnhof Eschwege-West der Abgesang.
Am Samstag, den 12. Dezember 2009 hielten dort am Bahnsteig die letzten Cantusse des NVV und ab der Nacht zum Sonntag, den 13. Dezember 2009 gehörte der Bahnhof Eschwege-West der Vergangenheit an.
Seit diesem Tage halten am Bahnhof Eschwege-West nur noch Güterzüge, die wegen der Betriebsführung am Übergang zum Kanonenbahnstück vom Eschweger Stadtbahnhof her dem Cantus in Richtung Bebra Vorrang gewähren müssen oder andere sehr langsam fahrende Güterzüge, die durch schnell fahrende Güterzüge überholt werden.
Gelegentlich kann es auch vorkommen, dass am einzig verbliebenen Abstellgleis, das entlang der B 27 verläuft, noch Holz verladen wird oder dass Bauzüge über Nacht oder übers Wochenende dort abgestellt werden.
Nach dem letzten Halt eines Triebzuges am Bahnhof Eschwege-West wurden die Zugänge zu den Bahnsteigen und zu den Unterführungen zugemauert, zunächst konnte die Unterführung aber noch als Durchgang vom Ortsteil zur Bushaltestelle Eschwege-West genutzt werden.
Ostern 2010, genau genommen vom Karfreitag, den 2. April 2010 bis Ostermontag, den 5. April 2010 gab es wegen Gleisum- und Rückbauten im Bahnhofsbereich ein erstes Mal nach der Aufgabe des Bahnhofs zu Schienenersatzverkehr auf der kompletten Strecke zwischen Bebra und Eichenberg, während es am Wochenende 23. und 24. Oktober 2010 nochmals zum Ersatzverkehr mit Bussen wegen End- und Stopfarbeiten an den Gleisen zum Eschweger Stadtbahnhof sowie deren Anschlüsse zur Hauptbahn kam.
Ostern 2011 kam es in der Zeit von Karfreitag, den 22. April bis Ostermontag, den 25. April 2011 erneut zu Gleisbauarbeiten am Bahnhof Eschwege-West, verbunden mit Schienen-Ersatzverkehr. Die Streckengleise in Richtung Bebra mit dem Weichen vom Stadtbahn-Anschluss bis zum Bebraer Streckengleis wurden erneuert und die alte Weiche mit dem Anschluss an das stillgelegte Teilstück in Richtung Kassel wurde ausgebaut. Dabei musste natürlich auch infolge der veränderten Gleisführung der Fahrdraht neu gezogen werden. Die Arbeiten wurden von der Firma H. F. Wiebe aus Achim durchgeführt.
Für weitere Gleisbauarbeiten wurde erneut ein Wochenende benötigt, das Fronleichnamswochenende vom 23. bis 26. Juni 2011 bot sich dafür an, weil am Bahnhof Eschwege-West die Streckengleise sowie einige Weichen erneuert werden mussten. Dieses Mal gab es keinen Ersatzverkehr, sondern der Güterverkehr wurde lediglich über die Ausweichgleise um die Baustelle herum geführt, wobei es aber immer wieder zu Wartezeiten kam. Seitdem liegt der Bahnhof brach, lediglich die Leute im Stellwerk haben wegen der Durchleitung des Cantus und dem damit verbundenen Betriebshalt der Güterzüge auf dem Bahnhof Eschwege-West mehr Arbeit bekommen.
An die großen Zeiten des Bahnhofes Eschwege-West erinnern heute nur noch die alten Eisenbahner-Wohnhäuser, die beiden Lokschuppen und das Stellwerk.
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Autor: Hermann Josef Friske
Das Ende vom Bahnhof Eschwege-West
Alles begann mit einer Kantine in der Nähe von Eltmannshausen, die von den Eheleuten Karl-Friedrich-Wilhelm Pfaff und seiner Frau Auguste, geb. Mangold, für die Arbeiter vom Bahnbau an der Bebra-Friedländer Eisenbahn vor 1870 eröffnet wurde. Da dort kurz hintereinander zwei verschiedene Bahnstrecken gebaut wurden, ging der Betrieb in etwa ineinander über. Dabei verdienten sie so gut, dass sie sich bald darauf in Reichensachsen an der Landstraße ein älteres mehrstöckiges Fachwerkhaus kaufen konnten, das vorher den Eheleuten Schaumberg gehört hatte und aus dem nach dem frühen Tod ihres Mannes und der Wiederverheiratung im Jahre 1877 mit dem aus Pommern stammenden Seilermeister Julius Seibert später das Gasthaus Seibert wurde.
Die ersten Gastronomen der Bahnhofsgaststätte im alten Bahnhofsgebäude vom Bahnhof Eschwege-West sind leider nur sehr lückenhaft festgehalten worden, wodurch sich kein komplettes Bild in der Reihenfolge der Wirte ergibt. Zum Beispiel ist nicht erhalten, seit wann es dort eine Bahnhofsgaststätte gegeben hat.
Der erste bekannte Bahnhofswirt, ein Herr Eisenhuth, Vorname unbekannt, scheint jedoch die Gaststätte kurz nach dem Jahre 1892 übernommen zu haben. Fest steht, dass dieser Herr Eisenhuth am 5. November 1912 die Gaststätte der Station Niederhone nach fast 20-jähriger Tätigkeit verlassen hatte und anschließend nach Kassel verzogen ist. Wer sein Nachfolger war, wurde in diesem Zusammenhang nicht genannt. Eisenhuth scheint jedoch recht gut verdient zu haben, wenn er es fast 20 Jahre lang in der Gaststätte ausgehalten hat, wenn man nur an das jährliche im Herbst stattfindende Spektakel mit den einberufenen Rekruten und Reservisten auf dem Bahnhofsgelände denkt, die dort vor Antritt ihrer Reise zu den Kasernen nochmals ausgiebig mit »Speis und Trank« versorgt wurden. Selbst wenn die Erbsensuppe vom Militär bezahlt wurde, so hat Eisenhuth doch nicht schlecht an den Getränken verdient.
Wer die Bahnhofsgaststätte in den Jahren 1913 bis 1920 geleitet hatte, blieb bisher unbekannt. Es wäre auch möglich, dass die Gaststätte während der Kriegsjahre von 1914 bis 1918 nicht besetzt war, da es für einen Wirt in dieser Zeit kaum etwas zu verdienen gab und die Verpflegung der Durchreisenden mehr oder weniger durch das Rote Kreuz organisiert wurde.
Nach den Ersten Weltkrieg taucht erst im Jahre 1921 mit dem Namen M. Winter ein neuer Wirtsname auf, allerdings ohne jegliche weitere Angaben.
Seine Nachfolge trat Friedrich Dippel an, leider sind auch hier keine weiteren Daten bekannt, er führte das Lokal jedoch wahrscheinlich bis Ende 1945.
Welcher Bahnhofswirt es war, der bei dem Brand im Bahnhofsgebäude am 21. Februar 1930 um 4.35 Uhr in der Frühe die starke Rauchentwicklung über dem Wartesaal 2. Klasse bemerkt hatte, wird in der Beschreibung des Brandherganges leider nicht erwähnt. Ihm ist es jedoch zu verdanken, dass ein noch größerer Schaden vermieden werden konnte, da er sofort die Feuerwehr alarmiert hatte.
Nach dem 2. Weltkrieg war seit Januar 1946 Karl Richter der erste Wirt in der Bahnhofsgaststätte, die er von Friedrich Dippel übernommen hatte und bis Ende 1970 geführt haben könnte. Wahrscheinlich ist er im Laufe des Jahres 1969 mit seiner kompletten Gaststätte in die dafür vorgesehenen Räumlichkeiten des neuen Empfangsgebäudes umgezogen.
Anschließend war Gudrun Albrecht für die Dauer von zwei Jahren, in 1971 und 1972, für die Gaststätte verantwortlich.
Ein kurzes Zwischenspiel, wahrscheinlich in der Zeit von Anfang Januar bis Ende September 1973, gab noch ein Italiener namens Cosalter, oder ähnlich, als Wirt in der Bahnhofsgaststätte.
Danach übernahm Frau Ursula Otto ab Oktober 1973 die Bahnhofsgaststätte Eschwege-West, um diesen Betrieb bis September 1979 zu führen. Frau Otto machte einen Riesenumsatz an extralangen Bockwürsten mit Kartoffelsalat, die sie unter die Leute brachte, indem sie diese am Bahnsteig den Fahrgästen der in Eschwege-West haltenden Züge direkt zum Fenster hinein reichte. Da musste man schon sehr flink sein, um in der kurzen Zeit alle Wünsche zu erfüllen, aber auch die Gaststätte selbst war stets gut besucht, da es immer noch genügend Fahrgäste gab, die auf ihre Fernverbindung warten mussten. Während der Zeit, in der Frau Otto die Gaststätte geführt hatte, fiel auch die Einstellung des Betriebes auf der Strecke Eschwege-Treysa, die auch Einbrüche im Gaststättenbetrieb gebracht hatten, da es noch etliche Fahrgäste gab, die in Eschwege-West auf diese Strecke umsteigen mussten und dort Aufenthalt hatten.
Am Ende ihrer ära übergab Frau Otto die Gaststätte im Oktober 1979 an Frau Christa Zeidler, die lediglich für die Dauer von 3 Monaten bis Januar 1980 durchhielt danach wahrscheinlich wegen Gästemangel aufgab.
Nach ihr kam im Februar 1980 dann noch als allerletzter Bahnhofswirt in Eschwege-West Horst Schmidt ins Spiel, der aber ebenfalls mangels Gästen bereits im September 1980 das Handtuch warf.
Danach wurde die Gaststätte nicht mehr neu verpachtet.
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Autor: Hermann Josef Friske
Die »Schiefe« Brücke
Die Schiefe Brücke, die eigentlich korrekterweise »Die Überquerung der Bebra-Friedländer Eisenbahn« heißen müsste, überquerte aber nicht nur die Bahn, sondern gleichzeitig die Chaussee von Niddawitzhausen nach Reichensachsen, die heutige B 27, in einem schiefen Winkel von etwa 31 ° und einer Steigung von 1 : 130. Die Höhendifferenz zwischen den beiden Bauwerken betrug an den Schienenoberkanten 5,98 Meter, wobei die Durchfahrtshöhe lediglich 4,50 Meter betrug.
Für die lichten Weiten des Bauwerks war ausschlaggebend, dass sowie die Bahnstrecke als auch die Chaussee in einer jeweiligen Breite von 9 Meter überquert werden sollten, das bedeutete in der Bahnachse gemessen eine Weite von je 17,382 Meter.
Beim Bau bereitete der Untergrund keine besonderen Schwierigkeiten, da dieser im Tal der Wehre gelegen, aus einem festen Kiesbett bestand. Die Kostenrechnungen hatten ergeben, dass es am sinnvollsten wäre, einen Mittelpfeiler zu errichten und da die höchstmögliche Höhe lediglich ein Dreizehntel der Stützweite von 19,50 Meter betrug, einen eisernen Überbau aus Blechträgern für die Überquerung der Bebra-Friedländer Bahn zu wählen. Da die Überquerung in einer S-Kurve erfolgte, mussten die jeweils inneren Hauptträger um 3 cm tiefer liegen.
Diese Hauptträger waren in 3,10 Meter Abstand zueinander angeordnet und besaßen bei ihren 19,50 Meter Stützweite eine Höhe von 1,50 Meter bei 12 mm Blechstärke. Sie besaßen Winkeleisen mit 120 x 120 x 13 mm und drei Deckplatten von 252 x 13 mm. Der Nettoquerschnitt betrug somit 152,60 cm².
Um die Hauptträgerwände zu versteifen, wurden an den Querträgeranschlüssen je 2 waagerechte Winkeleisen angebracht.
Der Überbau wurde auf dem Mittelpfeiler fest verankert und wurde für eine Schienenlänge von 7 Meter ausgelegt. Daher mussten die Querträger in 3,50 Meter Abstand zueinander angeordnet werden, so dass sich außer den Endschwellen-Trägern stets gleichlange Schwellenträger ergaben. Dadurch wurde eine gleichmäßige Verteilung der Schwellen auf den Trägern erreicht.
Die Auflager der Hautträger wurden durch 10 mm starke Bleche, die an den Anschlüssen mit 36 cm die Höhe der freiliegenden Hochwand und an den Endstücken mit 1,18 Meter die Höhe der Hauptträger besaßen, mit 2 einfassenden Winkeleisen mit 72 x 72 x 10 mm fest miteinander verbunden. Das waagerechte Blech der Endverbindung wurde direkt gegen die Blechwand der Außenträger gelegt.
Das Gewicht eines Überbaus für eine Öffnung betrug an Gusseisen 335 kg und an Schmiedeeisen 25.334 kg.
Die Gesamtkosten für das Bauwerk, bei dem zunächst nur ein stählerner Überbau realisiert wurde, betrugen 46.123 Mark.
Obwohl keine genauen Daten zu finden sind, geht der Autor davon aus, dass das Bauwerk, wie auch die Vierbachbrücke bei Reichensachsen, in den Jahren 1877 und 1878 errichtet wurde.
Im Jahre 1931 hatte die alte Brücke ausgedient, da diese den Anforderungen der damaligen Zeit mittlerweile nicht mehr gewachsen war und die Widerlager aus Sandstein durch die ständige Beanspruchung inzwischen brüchig geworden waren. Zunächst wurde der obere Bereich der alten Widerlager, auf denen die bisherige Brücke aufsaß, abgetragen, und dort, wo die neue Brücke entstehen sollte, in Stahlbeton neu ausgegossen. Dabei wurde an der Westseite das linke Widerlager komplett neu gegossen, während beim Pfeiler und am Widerlager der Ostseite nur die obere Hälfte der Seite, die die neue Brücke aufnehmen sollte, in Stahlbeton erneuert wurde.
Die neue Brücke war, da die Möglichkeiten durch die geringe Durchfahrtshöhe begrenzt waren, ebenfalls eine flache Blechträger-Konstruktion, die im oberen Bereich eine Wannenkonstruktion enthielt, die unten sogar einen Abfluss für das Regenwasser besaß. In der Wanne fand das komplette Schotterbett seinen Platz, auf dem dann das Gleis verlegt wurde.
Bevor am 24. Mai 1963 mit dem elektrischen Betrieb auf der Bebra-Göttinger Bahn begonnen werden konnte, mussten an der schiefen Brücke zunächst noch einige Vorbereitungen getroffen werden. Damit der Fahrdraht überhaupt unter der Brücke hindurch geleitet werden konnte, musste die Blechträger-Konstruktion um etwa 1 Meter angehoben werden. Das geschah, indem ein »Häubchen« aus Stahlbeton in Höhe von 1 Meter auf die Betonsockel der Widerlager aufgesetzt wurde, was man noch heute deutlich erkennen kann. Allen Umbauarbeiten zum Trotz haben sich am östlichen Widerlager noch bis heute an zwei Seiten die alten schmiedeeisernen Brückengeländer aus dem Jahre 1879 erhalten.
Nachdem im Jahre 1985 der letzte Personenzug nach Kassel über die schiefe Brücke gefahren war, fuhren für einige Jahre zunächst noch Güterzüge über die Brücke bis nach Waldkappel. In späteren Jahren waren es auch hier nur noch einzelne Waggons, bis spätestens Ende 1992 auch dieser Restverkehr versiegte.
Anschließend verbrachte die Brücke noch weitere 14 Jahre auf dem »Denkmalsockel« und keinen störte sie, bis in der Zeitung stand:
»Ab Samstag, den 29. Juli 20 Uhr bis zum Sonntag, den 30. Juli 2006 20 Uhr wird die B 27 wegen Abriss einer Brücke zwischen dem Lido bei Reichensachsen und Ende der Ortsdurchfahrt Niddawitzhausen voll gesperrt«,
so hieß es zumindest in der kurzen Pressemitteilung der Werra-Rundschau. Im Laufe der Nacht vom 29. auf den 30. Juli wurde die »Schiefe Brücke«, die Überquerung der Nord-Süd-Strecke durch die Kanonenbahn, im Rahmen einer Streckensanierung auf der Hauptstrecke abgebaut und verschrottet.
Die einhellige Meinung der anwesenden Bauarbeiter soll gewesen sein: Warum man diese Brücke abgerissen hätte, könnten sie nicht verstehen, denn eine so stabile und gut in Schuss befindliche alte Eisenbahnbrücke hätten sie noch nie abgebaut.
Gegen 20 Uhr wurde mit dem Zerschneiden und Entfernen der Gleisjoche auf der Brücke begonnen, während bei dem schweren Autokran damit begonnen wurde, die Gegengewichte einzusetzen. So war bis gegen 23 Uhr die erste Hälfte der Gewichte eingefügt und es wurde mit dem Einfügen der zweiten Ladung begonnen. In der Zwischenzeit wurden mit dem Schweißbrenner die Löcher für die Stahlketten herausgeschweißt, damit der Kran die Brücke aus der Verankerung heben konnte. Der Abbruch erfolgte dann am frühen Sonntagmorgen so zwischen 2 und 3 Uhr.
Am Mittag des gleichen Tages war alles vorbei, die Brücke lagerte bereits auf dem Betriebsgelände des Eschweger Schrotthändlers Knauf & Orlik, nur der mitten auf der B 27 stehende schwere 500 Tonnen-Kran zeugte noch vom Brücken-Abriss, der von der Firma Anton Feldhaus uund Söhne aus Schmallenberg ausgeführt wurde.
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Autor: Hermann Josef Friske
Der Vierbachviadukt bei Reichensachsen
Inzwischen taucht bei km 53,444 der Vierbachviadukt von Reichensachsen auf, der im Jahre 1877 errichtet wurde und den Reichensächsern sogar im Jahre 1961 eine Festplakette zum Wichtelfest, ihrem alljährlichen Heimatfest, wert war.
Der Viadukt hat eine Länge von 43 Metern und eine Höhe von 14 Metern. Das Bauwerk wurde mit vier Öffnungen versehen, die jede eine Spannweite von 8,50 Meter besitzen. Das Objekt besteht komplett aus Buntsandstein, dessen Baukosten mit insgesamt 67.473 Mark angegeben wurden, das bedeutet für den laufenden Meter einen Preis von 1377 Mark.
Da sich der Viadukt fast am Anfang einer langen Rampe befindet, die bis ins Stölzinger Gebirge an den Bischofferöder Tunnel, bei km 70,3 in 583 Meter Höhe, reicht, ist auch dieser nicht völlig eben, sondern steigt auf die Länge von 43 Metern um etwa 50 cm an.
Die erste bekannte Darstellung des Viadukts stammt aus einer alten Ansichtskarte von 1905 mit Sehenswürdigkeiten aus Eschwege und seinem Umland. Wie auf dieser zu ersehen ist, waren die großen Schalllöcher damals auch noch offen und wurden wahrscheinlich erst nach dem Ende des 1. Weltkriegs zugemauert. Diese so genannten Schalllöcher dienten damals eigentlich der Entwässerung der Brückenoberfläche.
Gleichzeitig mit der Errichtung des Viadukts fand im selben Bauprojekt der Brückenbau von der späteren Reichsstraße 27 über den Vierbach statt.
Das Baumuster der aus Sandstein errichteten Eisenbahnbrücken entlang der Strecke von Leinefelde bis Treysa war eigentlich bei jeder Brücke gleich.
Diese Bauweise wurde bei dieser Art von Objekten dem Bau von teuren Stahlkonstruktionen aus Kostengründen vorgezogen, kam aber nur bei Dammhöhen bis zu 26 Metern in Frage. Die Brückenbauten selbst besaßen für eine auf 2 Gleise ausgelegten Trasse eine Einheitsbreite von 8 Metern. Es stellte sich auch als günstiger heraus, an Stelle von Kastenpfeilern oder Flügeln offene Bogenkonstruktionen zu wählen, deren Öffnungen mit dem Schüttmaterial des vor gelagerten Dammes teilweise ausgefüllt wurden.
Um die Länge der Steinbrücken auf ein Minimum zu reduzieren, wurden am Fuße des Bauwerkes Stützmauern eingefügt, die die Dämme auch gegen Hochwasser schützen sollten, was immer wieder vorkam. Bei der Fundierung der Bauwerke erwies es sich als günstig, dass im Untergrund schon in nur geringer Tiefe grober Kies oder sogar blanker Fels anstand. Als Baumaterial wurde weitgehend in der Nähe anstehende Sandstein-Bruchsteine verwendet.
Die Gewölbe selbst, die Brüstungen sowie die Bindeschichten, wurden aus guten Sandsteinquadern gemauert. Die Bindeschichten wurden aus Sicherheitsgründen bei der durchaus beträchtlichen Höhe der Pfeiler etwa alle 2 bis 3 Meter zur besseren Druckverteilung mit eingefügt.
Um weiteres Material einzusparen und zur Entlastung der Mittelpfeiler wurden zum raschen Austrocknen des Bauwerks gewölbte oder mit Platten überdeckte Hohlräume mit eingefügt.
Die Entwässerung des Bauwerks geschieht zu den Widerlagern hin, wozu eine doppelte Ziegelflachschicht dient, die mit Asphalt versehen wurde. Diese Schichten wurden mit einer entsprechenden Neigung versehen, damit sich das Schwitzwasser in den vorgesehenen Hohlräumen sammeln konnte und durch Öffnungen, die an der Stirnseite der Mittelpfeiler angebracht waren, nach außen dringen konnte. Dadurch sind die so genannten Schalllöcher entstanden.
Die Arbeits- und Lehrgerüste wurden größtenteils von der Bauverwaltung gestellt, während die Ausführung der Maurerarbeiten dem jeweiligen Unternehmer übertragen wurden.
Die Form der Gewölbebögen wurde entweder als Halbkreis oder überhöhte Korbbögen mit drei Mittelpunkten konstruiert, die sich aus der ungünstigsten Belastung der daraus resultierenden Stützlinie ergaben. Im Fall der hier behandelten Brücke wurden Rundbögen verwendet.
Trotzdem wurden die Widerlagerpfeiler vor der Befüllung der Gewölbe und nach der vollständigen Fertigstellung auf Stabilität untersucht, wobei nach Vollendung des Gewölbes auch das Verhalten des Bauwerks bei ungünstigster Belastung getestet wurde.
Auf der »Schallbrücke«, so wird der Viadukt im Reichensächser Volksmund genannt, wurde im Jahre 1944 ein Güterzug von zwei amerikanischen Jagdflugzeugen beschossen, aber glücklicherweise nicht getroffen. Der Lokführer brachte die Lok mit einem Ruck mitten auf dem Viadukt zum Stehen. Das ging relativ einfach, die Strecke geht stark bergauf. Geistesgegenwärtig ließ dieser jede Menge Dampf ab, damit die Flieger glauben sollten, die Lok sei tödlich getroffen. Die List gelang, die Flieger drehten nochmals eine Schleife um den Zug und verschwanden danach in Richtung Meißner. Dieser setzte anschließend seine Fahrt fort, um mit höchstmöglicher Geschwindigkeit in Richtung des rettenden Eisbergtunnel hinter Burghofen zu flüchten.
Seit der Beendigung des Güterverkehrs auf der Strecke nach Waldkappel zum 31. Dezember 1992 ruht auf der Strecke jeglicher Verkehr, die Gleise sind vom Unkraut überwuchert und sogar Bäume wachsen inzwischen auf der Vierbachbrücke.
Da in den letzten Jahren verschiedentlich bereits Sandsteinblöcke von der seitlichen Brüstung wegen Zerbröselung des Gesteins erneuert werden mussten, wurden im Sommer 2014 aus Sicherheitsgründen sämtliche oberhalb des Straßenbereichs befindliche Brüstungsteile entfernt und liegen nun mitten auf dem Gleis. Leider musste bei dieser Aktion auch die bis dahin in der Mitte der Ostseite sichtbare Jahreszahl 1877 mit entfernt. Dieses geschah, obwohl die Brücke unter Denkmalsschutz steht. Seitdem ist die Brücke total gesperrt und kann nicht mehr betreten werden.
Inwieweit diese durch den inzwischen anstehenden Autobahnbau gefährdet ist, kann heute noch nicht gesagt werden. Fakt ist, dass an der Strecke nach Waldkappel etliche Relikte der Bahn durch den Autobahnbau für immer verloren gehen.
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Autor: Hermann Josef Friske
Der Haltepunkt Reichensachsen-West
Da das Dorf Reichensachsen den Luxus besaß, gleich zwei Bahnhaltepunkte zu besitzen, holen wir an dieser Stelle etwas weiter aus.
Bereits am 31. Oktober 1875 wurde die Bebra-Friedländer Eisenbahn, die anfangs nur bis Eschwege führte, eröffnet. An dieser Strecke bekam Reichensachsen gleich zu Beginn einen Haltepunkt, der als Nieder-Reichensachsen bezeichnet wurde, eingerichtet.
Als am 1. Oktober 1877 in der Reichensächser Flur die Arbeiten an der Trasse der Kanonenbahn begannen, wahrscheinlich wurde zuerst mit der Errichtung des Viadukts begonnen, worauf die Jahreszahl 1877 am Bauwerk hinweist, legte man beim Bau der Trasse etwa in Höhe des späteren Haltepunktes Reichensachsen-West die Spuren des ehemaligen Dorfes Virbach frei. Unter dem heutigen Gleis wurden die Grundmauern der Kirche des Ortes, sowie mehrere Skelette freigelegt, die belegen, dass sich um die Kirche herum auch der Friedhof befunden hat. Gleichzeitig erhielt die Gemeinde von der Königlich-Preußischen Eisenbahn-Verwaltung (KPEV) beim Bau den Betrag von 1371 Mark als Entschädigung für verloren gegangenen Grund und Boden.
Bis zur Einrichtung eines Haltepunkts mussten die Reichensächser, um nach Kassel, Treysa oder Leinefelde zu gelangen, für einige Jahre zu Fuß bis zum Bahnhof Bischhausen gehen. Die Freude war groß, als Reichensachsen endlich im Laufe des Jahres 1894 bei Km 53,64, nur wenige Meter hinter dem Viadukt, endlich einen Haltepunkt an der Kanonenbahn in einer Höhe von 191 Meter über NN erhielt. Die Gemeinde hatte dazu lediglich außer dem für den Haltepunkt benötigten Grund und Boden nur den Betrag von 500 Mark Kostenbeteiligung an die Eisenbahnverwaltung beizusteuern, das waren noch zivile Preise. Dieser Haltepunkt erhielt zunächst den Namen Ober-Reichensachsen. Der Haltepunkt scheint aber schon wesentlich früher fertig gestellt worden zu sein, aber die Bahn ließ die Züge anscheinend trotz mehrerer Eingaben erst im Sommer 1897 dort halten, so berichtete der Reichensächser Chronist Christoph Hettehausen.
Am 15. Januar 1908 wurde der neue Bahnhof, der an der Bebra-Friedländer Bahn etwas versetzt zum alten Haltepunkt eingerichtet wurde und nun einige Nebengleise bekam, auch für den Gepäck- und Güterverkehr freigegeben, wobei dieser den Status Bahnhof 4. Klasse erhielt und seitdem »Reichensachsen« hieß. Die Umbaukosten in Höhe von 30.000 Mark übernahm die Gemeinde Reichensachsen, welch ein Luxus.
Fast zeitgleich wurde der Haltepunkt Ober-Reichensachsen in »Reichensachsen-West« umbenannt. Ob mit der Einrichtung dieses Haltepunktes sofort der Bau eines Wartehauses verbunden war, bleibt im Dunkel der Geschichte verborgen. Fest steht jedoch, dass sich im Jahre 1909 am Haltepunkt mindestens ein Haus, wahrscheinlich ein bereits zur Eröffnung der Strecke im Jahre 1879 als Strecken- oder Brückenposten errichtetes Gebäude befand, in dem wohl auch Betriebsstoffe wie Petroleum und Werkzeuge gelagert wurden, denn ähnlich wie am Frieda-Viadukt waren auf der Brücke wahrscheinlich Laternen zur nächtlichen Beleuchtung angebracht.
Am 25. April 1909 erlebte der Haltepunkt Reichensachsen-(West), so die offizielle Bezeichnung, ein besonders fröhliches Völkchen, das sich nach der Hochzeit von Ottilie Blum mit Karl Seibert zurück auf den Heimweg nach Kassel begab und von den übrigen Hochzeitsgästen am Haltepunkt mit »großem Bahnhof« verabschiedet wurde. Bevor die Heimkehrer mit dem bereits wartenden Zug den Haltepunkt verließen, entstanden während des Fototermins die Aufnahmen mit den preußischen Abteilwagen, dem Stationsschild Reichensachsen-(West), den winkenden restlichen Hochzeitsgästen und den Fragmenten von dem oder den Gebäude(n) am Haltepunkt.
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde im Wartehäuschen (oder Streckenposten) am Haltepunkt Reichensachsen-West ein Wachtposten der Brückenwache eingerichtet, da man befürchtete, dass feindliche Agenten Anschläge auf die Bahnstrecke verüben würden. Die Bewachung der Bahnstrecken war zu Beginn der Mobilmachung bereits angeordnet. Der Warteraum an der Leinefelde-Treysaer Strecke wurde zum Wachlokal ernannt. Die Posten waren allesamt bewaffnet, hier aber nicht uniformiert, das bedeutet, dass die Posten wahrscheinlich aus Zivilisten rekrutiert wurden, die in der näheren Umgebung beheimatet waren, zumeist älteren nicht mehr wehrtauglichen Männern sowie solchen, die im Hinterland als unabkömmlich galten. Die Posten standen mit geladenem Gewehr am Reichensächser Viadukt, der so genannten Schallbrücke, oder patrouillierten neben der Brücke und entlang des Grundweges. Die Posten hatten den Auftrag, auf Flugzeuge zu achten und verdächtige Kraftfahrzeuge anzuhalten, denn die Heeresleitung hatte Angst vor dem Eindringen feindlicher Spione. Diese und auch Flugzeuge sollen bereits zu Kriegsbeginn hier und da versucht haben, Bahnbauten zu zerstören und Bahnlinien zu unterbrechen, um den Aufmarsch der Deutschen Armeen zu bremsen. Nachdem im Hinterland alles ruhig geblieben war, wurden die Brücken- und Tunnelwachen bereits im Spätherbst 1914 wieder eingestellt.
Am Haltepunkt Reichensachsen stand zunächst ein kleines Wartehäuschen aus Backstein und Fachwerk, von dem heute niemand mehr sagen kann, ob dieses Gebäude bereits zur Eröffnung des Haltepunkts im Jahre 1894 entstand oder erst nach dem 1. Weltkrieg errichtet wurde.
Wahrscheinlich ist, dass der im Jahre 1909 vorhandene Streckenposten, etwa 3 x 4 Meter mit einem an der Nordseite errichteten etwa 90 x 80 cm messenden kleinen Anbau, nach dem 1. Weltkrieg nicht mehr benötigt wurde. Stattdessen wurde in diesem Gebäude der Abort vom Haltepunkt Ober-Reichensachsen mit zwei getrennten und sogar verschließbaren Plumpsklos und einem davor gesetzten Urinal eingerichtet.
Nur ein paar Meter weiter in Richtung Treysa und näher zum Gleis hin wurde ein neues größeres Wartehaus im Fachwerkstil mit einem quer gesetzten Anbau errichtet, der als Aufenthaltsraum für Streckenarbeiter diente. Beide Gebäude erhielten ein mit Teerpappe gedecktes Flachdach. Im Gebäude wurden in späteren Zeiten nach dem Abbruch des Abortgebäudes auch zwei getrennte Toiletten untergebracht. Wann das Abortgebäude abgerissen wurde, darüber gibt es unterschiedliche Aussagen. Obwohl die Gleispläne von 1947, die 1941 gezeichnet wurden, sowie von 1965 das Gebäude noch auswiesen, gehen wir davon aus, dass der Abbruch zwischen den 1940er und den frühen 1950er Jahren erfolgt sein wird, da sich fast ausschließlich nur noch sehr alte Personen überhaupt noch an das Gebäude erinnern können. Es ist nichts darüber bekannt, ob das alte Abortgebäude inzwischen baufällig geworden war oder ob es im Rahmen von Umbaumaßnahmen entfernt wurde.
Im neuen größeren Wartehaus soll auch eine abschließbare Kammer für Expressgut vorhanden gewesen sein, für die der Zugführer und der Diensthabende Schalterbeamte vom Bahnhof an der Hauptstrecke einen Schlüssel besessen haben soll. Fest steht, dass dieses Wartehaus nach der Stilllegung des Streckenabschnitts von Waldkappel nach Spangenberg im Jahre 1974 durch ein offenes Beton-Wartehaus ersetzt wurde, das heute noch am ausgedienten Haltepunkt vor sich hin vegetiert. Das Abortgebäude stand linkerhand am Ende des Weges, der vom Felsenkeller her zum Haltepunkt Reichensachsen-West herauf führte, auf einem Bergvorsprung. Die Grundmauern dieses Gebäudes sind noch vorhanden.
Die wenigsten Menschen außerhalb unserer näheren Umgebung werden wissen, dass die beiden Stationen in Reichensachsen auch Umsteige-Bahnhöfe waren, denn bis weit in die 1960er Jahre hinein gab es dort einen regen Umsteige-Verkehr, vor allem für die Fahrgäste an der Hauptstrecke aus dem Raum Sontra und Cornberg, die in Richtung Waldkappel, Kassel oder Treysa umsteigen wollten. Umgekehrt waren es die Fahrgäste aus den eben genannten Richtungen, die nach Sontra, Cornberg oder Bebra weiter fahren wollten. Für das Umsteigen in Reichensachsen gab es auch einen triftigen Grund. Man brauchte nicht mehr den Zipfel bis Eschwege-West zu fahren und sparte somit die Fahrkosten für etwa 8 km Strecke. Da das Geld bekanntlich bei uns in Nordhessen stets knapp war, wurde diese Möglichkeit des Umsteigens auf eine andere Strecke voll ausgenutzt. Dabei wurde sogar in Kauf genommen, dass zwischen den beiden Stationen gut 200 Meter zu Fuß zurück zu legen waren. Es wäre allerdings auch möglich, dass bestimmte Bahnverbindungen von Reichensachsen her zeitlich besser zu erreichen waren und der Anschlusszug in Eschwege-West bereits abgefahren war. In den Kursbüchern der Bahn befanden sich damals teilweise auch Hinweise auf diese Umsteigemöglichkeit.
Als der Kanonenbahn-Abschnitt zwischen Waldkappel und Malsfeld im Jahre 1974 weggefallen war, versiegte auch der Fahrgast- und Umsteige-Strom bis auf ein kleines Rinnsal. Die fortschreitende Motorisierung tat ihr übriges.
Schließlich war während der Betriebsjahre des hässlichen Beton-Wartehauses am Haltepunkt Reichensachsen-West nicht mehr viel los. Die Triebwagen nach Spangenberg und Treysa fuhren nicht mehr und die Fahrtmöglichkeiten beschränkten sich in westlicher Richtung auf Waldkappel oder Kassel und in östlicher Richtung auf Eschwege-West mit Anschluss an die Bebra-Göttinger Bahn sowie auf Eschwege und Wanfried, wohin von Reichensachsen aus immer noch einige Strickerinnen fuhren, die ehemals im Zweigbetrieb Reichensachsen, der in Wanfried ansässig gewesenen Strickwaren-Firma Bode gearbeitet hatten.
An ein paar Tagen im Jahr aber kam Leben in die Stille am Haltepunkt, wenn eine Schulklasse der Mittelpunktschule Reichensachsen auf »große Fahrt« ging und nach Kassel oder in andere Orte mit der Bahn auf Klassenfahrt fuhr. Federführend war hierbei der Klassenlehrer Günther Panzer, der mit etlichen seiner Schulklassen eine Klassenfahrt nach Kassel unternahm und dieses auf einigen Fahrten auch fotografisch dokumentiert hat. Die letzte dieser Fahrten war seine ganz persönliche Abschiedsfahrt auf einem Teilstück der Kanonenbahn mit einer ganzen Schulklasse und fand am 30. Mai 1985 statt. Nur einen Tag später, am 31. Mai 1985, fuhr der offizielle Abschiedszug und ein allerletzter Triebwagen zwischen Eschwege und Kassel.
Vom Ensemble am Haltepunkt Reichensachsen steht heute nur noch das offene Beton-Wartehaus. Das Bahntelefon, welches noch im Herbst 2008 rechts davon am Bahnsteigrand stand, ist inzwischen verschwunden. Es wird wohl einen Liebhaber gefunden haben.
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Autor: Hermann Josef Friske
Der Bahnhof Bischhausen
Der Bahnhof Bischhausen bestand bereits seit Eröffnung der Kanonenbahn am 15. Mai 1879 bei km 57,02. Der Einzugsbereich des Bahnhofs Bischhausen, der ein Bahnhof 4. Klasse war, erstreckte sich bis in den Ringgau. Besonders montags und samstags herrschte hier reger Betrieb, da viele Menschen aus dem Umkreis von etwa 20 km, die von hier aus mit der Bahn fuhren, während der Woche am Ort ihrer Arbeitsstelle blieben.
Um die Jahrhundertwende war man auch in Bischhausen stolz auf die Eisenbahnstrecke, die oberhalb vom Ortsrand entlang führte und den eigenen Bahnhof, der den Ort mit der Außenwelt verband. Daher gab es auch hier wie an vielen anderen Orten entlang der Kanonenbahn Bildpostkarten mit den Sehenswürdigkeiten der Umgebung, bei denen die Bahn eine wichtige Rolle gespielt hat und in diesem Fall aus dem Jahre 1904 stammt.
Ursprünglich war an der Ostseite ein kleiner Güterschuppen an das Empfangsgebäude angebaut, der auf einem Bauplan aus dem Jahre 1962 noch vorhanden war und wohl in den 1970er Jahren nach der Stilllegung der Strecke in Richtung Treysa abgerissen wurde, da am Gebäude offensichtlich der Zahn der Zeit genagt hatte und für einen Neubau nicht genügend Bedarf vorhanden war. Es wäre möglich, dass an Stelle des Güterschuppens in dieser Zeit das neue Stellwerk angebaut wurde.
Die Gleise vom Bahnhof selbst verzweigten sich bereits bei km 56,56 noch vor der Unterführung, die dem Bahnhof vorgelagert ist. Zunächst waren da die Gleise für den Begegnungsverkehr, von dem das Freiladegleis und das Gleis zum Güterschuppen nach links abzweigte. Vom rechten Streckengleis aus zweigte ein langen Stumpfgleis ab, das bis an den Bahnübergang bei km 57,35 reichte und von dem aus Kopf gemacht werden musste, um das Aschegleis zu erreichen, von dem aus gleichzeitig der Gleisanschluss der Firma Bommhardt bedient wurde.
Der eigene Werksanschluss der Baufirma Bommhardt wurde bereits vor dem 2. Weltkrieg eingerichtet. Dieser befand sich am Anfang des Bahnhofsbereichs rechterseits des Gleises in Fahrtrichtung Waldkappel, war auf dem Gleisplan des Bahnhofs aus dem Jahre 1977 noch enthalten, wurde aber inzwischen schon längst abgebaut. Zu diesem führte das Schmalspurgleis, das aus dem Werksgelände kommend bis etwa in Waggonhöhe den Hang hinab geführt und danach in einem Bogen in den angrenzenden Hohlweg geführt wurde, wo das Gleis noch etliche Meter am hinteren Hang des Hohlweges auf halber Höhe entlang verlief, wo auch der als »Aschegleis« bezeichnete Gleisanschluss der Kanonenbahn hinein führte. Entweder wurde das verlängerte Schmalspurgleis benötigt, um genügend Teile mit einer Zugfahrt transportieren zu können, oder aber das Ladegleis der Kanonenbahn führte auch noch tiefer in den Hohlweg hinein.
Während des 2. Weltkrieges wurden auch bei Bommhardt gefertigte Baracken-Fertigteile über den Gleisanschluss verladen, so wahrscheinlich auch die gegen Kriegsende in Waldkappel aufgestellten, sowie die nach Schwebda ins Kellaer Tal gelieferten Barackenteile für den aus Berlin ausgelagerte Hauptverwaltung der Reichsbahn-Direktion.
Von der Schmalspurbahn ist noch ein Teil der Gleise erhalten geblieben, ansonsten kann man deren Verlauf an der gut erkennbaren Trasse noch nachvollziehen. Von der Bahn waren bis vor ein paar Jahren auf dem Betriebsgelände der Firma Bommhardt noch weitere Relikte der Schmalspurbahn erhalten. So stand in einem windschiefen Schuppen am Rande des Firmengeländes immer noch eine der Schmalspur-Dieselloks. Außerdem war noch mindestens eine Lore des rollenden Materials erhalten, die für ein paar Monate auf dem Betriebsgelände im Freien abgestellt war.
Nachdem der Güterverkehr in den ersten Betriebsjahren gut ausgelastet war und Waren und landwirtschaftliche Güter sogar aus dem Ringgau bis zu einer Entfernung von etwa 20 km verladen oder am Bischhäuser Bahnhof abgeholt wurden, nahm dies nach dem zweiten Weltkrieg dort erheblich ab. Der Güterverkehr spielte im Tagesbetrieb nur noch eine untergeordnete Rolle und Wagenladungen gab es außer einer Fuhre Kohlen oder Baustoffe sowie dem Abtransport von landwirtschaftlichen Gütern kaum noch. Nur der Stückgutverkehr florierte noch einigermaßen. Dieser wurde dann über den Kopf der Freirampe, an der auch das Gleis zum alten Güterschuppen vorbei führte oder im Empfangsgebäude abgewickelt.
Zwei Begebenheiten über den Güterverkehr im Bahnhof Bischhausen sind erhalten geblieben:
In der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg wurde in der Güterabfertigung des Bahnhofs ein Holzfass mit Schnaps für die Firma Max Hüfner angeliefert. Einige Bedienstete der Güterabfertigung bekamen dieses mit. Eiligst lockerten sie einen Fassring, bohrten ein Loch in das Fass, entnahmen einige Liter und tranken den Schnaps. Danach verschlossen sie das Loch wieder, aber wahrscheinlich so stümperhaft, dass der verminderte Inhalt bemerkt wurde. Obwohl keine Anzeige erstattet wurde, sind die Bediensteten danach vom Dienst suspendiert worden.
Um das Jahr 1960 wurde für den damaligen Produzenten, Herrn Hanfried Suck, mit der Bahn ein 300-Liter-Fass mit 96 %-Monopol-Alkohol in Bischhausen angeliefert. Beim Umladen auf den Pritschenwagen ließen die Bahnbediensteten aus der Güterabfertigung das Fass auf den Boden aufschlagen. Dabei platzte es auf und wurde undicht. Die Bahnbediensteten rollten es in den Güterschuppen, worauf sich dort sofort eine Lache aus 96 %-tigem Alkohol bildete. Aus Unkenntnis wurde diese Lache anschließend angezündet. Welch ein Glück, dass das Spritfass nicht explodierte, denn bei 300 Litern Alkohol wäre vom Güterschuppen nicht mehr viel übrig geblieben.
Beim Personenverkehr ging es am Bischhäuser Bahnhof schon etwas reger zu, da sämtliche auf der Strecke verkehrenden Züge hier hielten. Außerdem fanden in Bischhausen auch regelmäßig Zugkreuzungen statt, auch wenn in den letzten Betriebsjahren außer ein paar Schülern oder einige ältere Leute hier kaum noch jemand ein- oder ausstieg.
Nach der Stilllegung des Personenverkehrs am 31. Mai 1985 wurden die Gleise am Bahnhof Bischhausen fast vollständig zurückgebaut, da der Güterverkehr hier mittlerweile keine Bedeutung mehr besaß. Nur das Durchgangsgleis für den Güterverkehr nach Waldkappel, der aber bald zur Bedeutungslosigkeit verurteilt war, sowie ein Freiladegleis für gelegentliche Wagenladungen blieb intakt.
Das Empfangsgebäude selbst enthielt außer den Betriebsräumen im Erdgeschoss noch zwei Dienstwohnungen in den Obergeschossen, in welchen normalerweise der Bahnhofsvorsteher, in diesem Fall der seit dem Jahre 1940 hier tätige langjährige Bahnhofsvorsteher Wilhelm Becker und sein 2. Mann Ernst Schröder mit ihren Familien wohnten. Die Wohnungen wurden vom Bahnpersonal erst im Jahre 1968 aufgegeben, wahrscheinlich das Jahr, in dem die beiden ihren wohlverdienten Ruhestand antraten. Danach wurden diese an Privatleute vermietet. In einer der beiden Wohnungen zog Heinz Schierl mit seiner Familie ein.
Nach Stilllegung der Strecke nach Kassel im Jahre 1985 wurde das Empfangsgebäude mit dem gesamten Grundstück zunächst an die Firma Bommhardt vermietet. Erst im Jahre 1989 verkaufte die DB das Empfangsgebäude mit einem Teil des Grundstücks an die Familie Wilsky, die ein Fuhr- und Baggerunternehmen betreibt. Im Keller des Gebäudes war bis vor wenigen Jahren noch die Tür zum Luftschutzkeller zu sehen, die aber inzwischen entfernt wurde. In einer Ecke im Kellerraum steht noch ein alter Aktenschrank im Gründerzeitstil aus Reichsbahnzeiten, der dort die Zeit überdauert hat mit der Inschrift: DR B.A. Nordh. (Deutsche Reichsbahn, Betriebsamt Nordhausen). Auf welch verschlungenen Wegen sich der Schrank wohl nach Bischhausen verirrt hat?
Auf dem Bahnhofsgelände ist außer dem Empfangsgebäude noch ein Nebengebäude erhalten, in dem früher die Stallungen der Bahnbediensteten und die Toiletten untergebracht waren. Außerdem sind auf dem ehemaligen Gelände auch heute noch etliche Relikte aus der Betriebszeit zu finden. So sind noch einige alte Telegrafenmasten erhalten, wenn auch zum Teil inzwischen umgestürzt. Das alte Stationsschild steht (wieder) auf seinem Platz und einige Führungen für Signal- und Weichendrähte sind noch zwischen dem Unkraut auszumachen. Von Eschwege her sind die Weichen zur Freiladerampe noch erhalten, ebenso die Rampe selbst, die heute an die Firma Wilsky vermietet ist. Beide Bahnsteige sind noch recht gut zu erkennen, wenn auch stark verwachsen und mit Bäumen bestanden. Mindestens zwei Kilometersteine sind noch auszumachen und zwar der von km 57,0 unmittelbar vor dem Empfangsgebäude und am westlichen Bahnhofs-Ende der umgefallene und bereits beschädigte Stein km 57,3.
Exakt bei km 57,3 ist auch heute noch das Signal für den Bahnübergang am km 57,35, das per Schienenkontakt ausgelöst wurde und dem Lokführer anzeigte, dass das Blinklicht am Bahnübergang auch funktionierte. Der Bahnübergang ist in dieser Form nicht mehr erhalten, da die Blinklichter im Jahre 2009 leider abgebaut wurden. Heute steht nur noch der alte Fernsprecher unmittelbar vor dem Übergang. Als dieser noch mit Schranken versehen war, wurde er vom Bahnhof Bischhausen her bedient.
Zwei weitere beschrankte Bahnübergänge in Richtung Waldkappel gehörten ebenfalls zum Bahnhof und wurden zeitweise von dort aus bedient, nachdem die dortigen Schrankenposten wegrationalisiert worden waren. Bei den beiden Schrankenposten handelte es sich um die Posten 25 und 26, die bereits im Jahre 1953 oder 1954 von der DB abgeschafft wurden.
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Autor: Hermann Josef Friske
Der Bahnhof Waldkappel bis 1945
Der Bahnhof Waldkappel bei km 62,26 wurde als Inselbahnhof nördlich der Stadt angelegt, der seine Zufahrt von Westen her erhielt und am 15. Mai 1879 eröffnet wurde. Der Bahnhof befand sich in einer Höhe von 252 Metern über NN und wurde wegen seiner Bedeutung als Abzweigbahnhof ab dem 1. Dezember 1879 mit der Eröffnung der 50 km langen eingleisigen Sekundärbahn nach Kassel Hbf als ein Bahnhof 3. Klasse eingestuft. Somit war nun auch eine direkte Verbindung von Eschwege über Waldkappel nach Kassel vorhanden. Die Züge benötigten für die Strecke von Waldkappel nach Kassel Hauptbahnhof damals ganze 2 ½ Stunden.
Kommen wir jetzt zur Geschichte des Bahnhofes:
Rund um Waldkappel wurde im Spätherbst des Jahres 1874 mit dem Bahnbau begonnen, da nicht nur der Bahnhof, sondern auch einige Brücken und hohe Dämme für die Strecke nach Malsfeld errichtet werden mussten. Die Bauarbeiten bis zur Streckeneröffnung der Kanonenbahn sollten insgesamt 4 ½ Jahre dauern.
Vermutlich im Zusammenhang mit dem Bahnbau stand in der Mitte der 1870er Jahre die Errichtung von verschiedenen Kegelbahnen rund um Waldkappel. Das Kegeln scheint sich dort aber unter der Bevölkerung zu einem Volkssport entwickelt zu haben, denn es entstand am Mühlberg eine überdachte »Aktien-Kegelbahn«, wofür die Stadt das Grundstück zur Verfügung gestellt hatte und die Finanzierung des Baues durch Anleihen bei der Bevölkerung gesichert wurde.
Bis zum 31. März 1945 stand in Waldkappel ein Bahnhofsgebäude, das dem früheren Abfertigungsgebäude vom Bahnhof Eschwege-West sehr ähnlich sah. Der Bahnhof Waldkappel wurde für die damalige Zeit sehr modern ausgebaut. Das Empfangsgebäude stand an der Gabelung der Kanonenbahn und der Waldkappel-Casseler Eisenbahn. Die Dienst- und Betriebsräume lagen im Erdgeschoß und im Obergeschoß befanden sich mehrere Dienstwohnungen. Auch der Postverkehr wurde vom Empfangsgebäude aus abgewickelt. Für den Güterverkehr gab es einen gesonderten Güterschuppen, der sich rechts, also östlich vom Bahnhofsgebäude, in Richtung Eschwege am Rande der Kanonenbahngleise befand.
Außerdem besaß der Bahnhof Waldkappel vom ersten Tage an auch einen dreiständigen Lokschuppen, der auf der südlichen Seite hinter den Ausfahrsignalen in Richtung Kassel errichtet wurde. In dem Gebäude konnten mehrere Lokomotiven gleichzeitig untergestellt, gewartet, und wenn notwendig, auch repariert werden. Vor dem Lokschuppen befand sich auch die Drehscheibe, von der aber heute nichts mehr zu sehen ist. Nur das einst zum Lokschuppen führende Gleis ist heute noch erhalten.
Wie wir aus dem folgenden Abschnitt erfahren werden, hat es damals auch schon eine Bahnhofsgaststätte im Empfangsgebäude gegeben, deren Wirt ein Herr Pfafferoth war.
Schon im Jahre 1881, als Waldkappel noch zum Eisenbahnbezirk Frankfurt/Main gehörte und vom Königlichen Eisenbahn-Betriebsamt in Nordhausen verwaltet wurde, kam es zu einem Streit zwischen dem Königlichen Eisenbahnfiskus und dem Bahnhof Waldkappel über die Bezahlung einer Rechnung. Der Tischlermeister Weiffenbach aus Waldkappel hatte eine Scheibe in der nördlichen Eingangstür des Empfangsgebäudes Waldkappel erneuert, die auf unbekannte Weise zersprungen war. Die Tür führte zur Dienstwohnung des Bahnbediensteten, dem Diätar Clausewitz, zur Mietwohnung des Restaurateurs, dem Bahnhofswirt Pfafferoth, sowie zum Postraum.
Die Rechnung über 3,84 Mark setzte sich folgendermaßen zusammen:
Das Entfernen der alten Scheibe, Einsetzen und Streichen eines neuen Zwischenstücks aus Eichenholz mit Ölfarbe für 60 Pfennige, die alte Scheibe passend geschnitten, eingesetzt und verkittet für 75 Pfennige und zur oberen Hälfte eine Scheibe in der Größe 58 x 33 cm geliefert und eingesetzt für 2,49 Mark. Das Ergebnis war, dass Clausewitz, Pfafferoth und das Postamt Waldkappel den Schaden zu 3 gleichen Teilen zu je 1,28 Mark bezahlen mussten, da kein Schuldiger zu ermitteln war.
So erfahren wir so ganz nebenbei, dass es im Jahre 1881 einen Bahnbediensteten auf Zeit gab, der nicht über den Personal-Etat der Bahn bezahlt wurde, dass es im Empfangsgebäude bereits seit der Eröffnung der Strecke eine Bahnhofsgaststätte gab und dass auch ein Postamt in diesem Gebäude, vermutlich für die Bahnpost, untergebracht war.
Da die Stadt Waldkappel erst im Herbst 1915 ihr eigenes Postgebäude erhalten hatte, wäre es möglich, dass der gesamte Postverkehr der Stadt im Postraum des Empfangsgebäudes abgewickelt wurde.
Immer, wenn in Kassel Markttag war, herrschte morgens, bevor der erste Zug nach Kassel abfuhr, Hochbetrieb auf dem Waldkappeler Bahnhof. Der Zug füllte sich zumindest in der 3. und 4. Klasse mit Marktleuten, die mit ihren prall gefüllten Kötzen und Henkelkörben bepackt waren und Erzeugnisse enthielten, die sie auf dem Markt feilbieten wollten.
Am Sonntag, den 6. Februar 1898 aber kam der Personenzug 451 ab Waldkappel nicht weit. Nachdem der von Eschwege kommende Frühzug um 6 Uhr in Waldkappel losgefahren war, hatte er kaum 1,2 km zurückgelegt, als die Reisenden bei km 48,7 (damals wurde ab Kassel gezählt) durch einen heftigen Ruck hoch geschreckt wurden und die Lok und zwei Wagen die 7 Meter hohe Böschung hinab stürzten, wobei sich die Lok einmal vollkommen überschlug und am Fuße des Bahndammes wieder auf den Rädern zu stehen kam. Nur der Gepäckwagen blieb auf den Schienen zurück. Der dritte Personenwagen stürzte direkt in die Wehre. Gott sei Dank saßen in diesem Waggon keine Reisenden. Unter den verletzten Fahrgästen befand sich niemand aus Waldkappel, sondern sechs von ihnen waren bereits in Eschwege eingestiegen und einer in Bischhausen zugestiegen. Der Lokführer, der Heizer, sowie 7 Reisende wurden leicht verletzt. Davon wurden 4 Personen, das war der Lokführer Gaußmann, der Heizer Hornhardt sowie die Reisenden August Dick und Georg Hartwig, ins Eschweger Krankenhaus eingeliefert. Erste ärztliche Hilfe leisteten bei diesem Unglück der Sanitätsrat Dr. Hermann Hempel sowie der Barbier Philip Caselitz aus Waldkappel.
Kurze Zeit später traf auch ein Bergungszug der Eisenbahnwerkstätten in Eschwege mit entsprechenden Helfern am Unglücksort ein, die sofort mit der Bergung des Zuges begannen. Bei dem Unglück war ein sehr hoher Sachschaden entstanden. So wurde der in die Wehre gestürzte Waggon völlig zertrümmert und musste daraufhin in Einzelteile zerlegt werden. Um die Lok und die anderen 2 Waggons bergen zu können, musste von Harmuthsachsen her ein Notgleis gelegt werden. Da aber auch der Bahndamm und die Brücke erhebliche Schäden aufwiesen, konnte der Bahnverkehr dort erst am 12. Februar 1898 wieder aufgenommen werden. In der Zwischenzeit musste von dem einen Zug, der bis zur Unfallstelle fuhr, auf einen anderen, der hinter der gesperrten Brücke wartete, umgestiegen werden. Als Unglücksursache wurde die Folge eines Schienenbruches an der Wohrabrücke, auch Wehrebrücke, vermutet.
Ab Ende 1908 oder Anfang 1909 wurde der Bahnhof Waldkappel an das Wasser-Versorgungsnetz der Stadt angeschlossen und wurde nun über den neuen Hochbehälter der Stadt, der sich in 286 Meter Höhe über NN befand, so lange problemlos mitversorgt, bis in den 1960er Jahren ein neuer leistungsfähiger Hochbehälter entstanden war.
Im Sommer 1914 verdüsterte sich die politische Lage in Europa und spitzte sich binnen weniger Tage dermaßen zu, dass ein Krieg ins Haus stand. Daher erhielten am Samstag, den 1. August 1914 die ersten 6 Waldkappeler Reservisten ihre Einberufung nach Göttingen. Diese verließen die Stadt noch am gleichen Tag um 16:45 Uhr mit dem Zug in Richtung Niederhone, um dort nach Göttingen umzusteigen. Sie wurden von ihren Nachbarn, dem Waldkappeler Pfarrer und den Lehrern am Bahnhof verabschiedet. Am Sonntag, den 2. August 1914 wurde nach einem für 12 Uhr anberaumten Gottesdienst aus Waldkappeler Bürgern eine 70 Mann starke freiwillige Bahnwache aufgestellt, die mit Gewehren bewaffnet wurde. Mit dieser Heimatschutztruppe wurden die Brücken und Bahnanlagen rund um Waldkappel gesichert.
Nachdem die allgemeine Mobilmachung erfolgt war, rollten die Truppen-Transportzüge in Richtung Westen zum Aufmarschgebiet Elsass an der französischen Grenze mit geringer Geschwindigkeit und in dichter Folge über die Kanonenbahn in Richtung Westen. An manchen Tagen passierte alle 8 Minuten ein mit Laub und Blumen geschmückter Militärzug den Waldkappeler Bahnhof. Die Truppen jubelten den Passanten zu und die Zuschauer winkten mit Taschentüchern zurück. Auf den Waggons waren mit Kreide Sprüche geschrieben, welche die damalige Euphorie widerspiegelten. Da man nach dem Sieg im Krieg von 1870/1871 als Sieger hervor gegangen war, glaubte man an einen schnellen Sieg, welches ebenfalls an den Waggons erkennbar war, auf denen der Satz »Weihnachten sind wir als Sieger wieder zu Hause!« prangte.
Wie überall im Land wurden auch in Waldkappel Päckchen als Liebesgaben an die Front geschickt und die Orts-Sanitätskolonne richtete am Bahnhof eine Erfrischungsstation ein, an der durchfahrende Soldaten und Verwundete betreut wurden. Die dafür benötigte Verpflegung, sowie die Getränke und Zigaretten kamen aus den Reihen der Bevölkerung.
Nach dem 1. Weltkrieg, an dem die mittlere und die kleine Kirchenglocke zur Produktion von Granaten abgegeben werden musste, erhielt die Waldkappeler Kirche im Jahre 1924 gleichwertigen Ersatz. Die neue kleine Glocke wog laut Wiegeschein 227 kg und die mittlere 293 kg. Beide Glocken kosteten zusammen 2.016 Goldmark, wovon die Stadt 800 Goldmark im Voraus zahlen musste. Der Rest wurde über eine Sammlung unter der Bürgerschaft und ein kleiner noch verbleibender Rest mit Wechseln abgedeckt. Am 20. Juni 1924 war es dann soweit und die neuen Glocken wurden von den Schulkindern und vielen Erwachsenen begleitet, vom Bahnhof, wo sie per Waggon angeliefert und entladen worden waren, festlich zur Kirche geleitet.
Nachdem die Post in Waldkappel nur über einen Raum im Empfangsgebäude verfügen konnte, platzte dieser schon recht bald aus den Nähten. Im Sommer 1906 wurde dann endlich Abhilfe geschaffen, als man an den Eilgutschuppen an der östlichen Seite zum Empfangsgebäude hin einen Anbau errichtete, der aus einem Paketraum und einem Aufenthaltsraum für das Postpersonal bestand. Ein Bauplan für den Anbau ist noch erhalten geblieben.
Die Baumaßnahmen scheinen im September 1906 beendet worden zu sein, da die neue Mietkosten-Vereinbahrung ab 1. Oktober für die neuen Räume galt. Anscheinend hat es sich dabei um einen kompletten Umzug in die neuen Räume gehandelt, da der Mietzins für die alten Räume ab 1907 weggefallen ist. Danach sollte die Post für das Jahr 1906 die bisher gezahlten 50 Mark für den alten zuzüglich 39 Mark für die neuen Räumlichkeiten zahlen, zusammen 89 Mark, während ab 1907 am 1. Oktober jährlich 63 Mark fällig waren.
Schließlich kam es im Jahre 1924 zu einer weiteren Veränderung, da die Post einen ihrer Räume an die Bahn abgeben sollte, weil anscheinend der Eilgutraum zu klein geworden war und die Post inzwischen über eigene Räumlichkeiten im Ort verfügte. Die Post stellte für die Abgabe des Raumes die Bedingung, dass die Bahn eine kostenlose Unterstellmöglichkeit für die Paketkarren zu erstellen hätte, dann wäre man mit der neuen Regelung einverstanden. Die von der Bahn dafür eingereichte Skizze blieb ebenfalls erhalten. Auf dieser Skizze ist nicht nur der abzugebende Postraum, sondern auch der neue Anbau für die Paketkarren eingezeichnet. Da es anscheinend im Jahre 1924 eine Mieterhöhung gab bei gleichzeitiger Verminderung der Fläche, ergab das laut dem Dokument aus dem Jahre 1925 ab diesem Jahr einen verminderten Mietpreis von 20 Mark. Leider ist nicht überliefert, ob dieser Preis für den Monat oder das Jahr gilt.
Waldkappel verfügte auch seit der Eröffnung der Kanonenbahn über eine eigene Bahnmeisterei. Diese wurde aber schon sehr früh, gemeinsam mit der Bahnmeisterei Geismar, im Jahre 1924 aufgelöst. Die Strecke wurde vermutlich danach von Eschwege her mit betreut.
Seit dem Jahre 1900 entwickelte sich durch die Eisenbahn auch der Fremdenverkehr. Bereits im Jahre 1912 bildete man zu diesem Zweck im Stadtparlament eine Kommission. Obwohl aus dem Antrag auf das Prädikat »Luftkurort« im Jahre 1937 nichts geworden ist, weil die Gutachten vermutlich negativ beschieden wurden, stiegen die Übernachtungszahlen während der 1930er Jahre beträchtlich. In dieser Zeit wurde von der Stadt auch der erste 12 Seiten starke bebilderte Werbeprospekt für den Fremdenverkehr herausgegeben. Ab dem Jahre 1938 stiegen die Urlauberzahlen nochmals deutlich an, als die Stadt Waldkappel Zielort der Deutschen Arbeitsfront (KDF = Kraft durch Freude-Reisen) wurde. In dieser Zeit standen auf dem Bahnhof Werbetafeln und im Wehrfeld begann man mit dem Bau eines Feriendorfes an dem auch im Jahre 1945 bis Kriegsende noch gebaut wurde. Nach dem Krieg benutzte man fast alle Bauteile der Ferienhäuser, um in der zerstörten Stadt die nötigsten Reparaturen durchführen zu können.
In den späten 1930er Jahren entstand dann noch ein letztes Foto vom alten Empfangsgebäude, das vom Dienstgebäude am Steinbühl aus aufgenommen wurde. Es zeigt die Kasseler Seite des Bahnhofs mit den zwei Begegnungsgleisen sowie das Gleis zum Lokschuppen im Vordergrund. Rechts vom Empfangsgebäude ist noch das Schild mit dem Text »Waldkappel die Stadt am Walde gute und billige Ferienbleibe« zu erkennen. Auf dem Kanonenbahngleis ist ein Personenzug mit Gepäckwagen noch ohne Lok zu sehen, der vermutlich bald seine Fahrt nach Malsfeld oder Treysa antreten wird, nachdem die Lok angekuppelt wurde.
Im Waldkappeler Heimatmuseum hängt ziemlich versteckt in einer Ecke eine Luftaufnahme von Waldkappel mit seinem alten Bahnhof, die um das Jahr 1937 entstanden ist und die Stadt und den Bahnhof noch in alter Pracht mit seinem Empfangsgebäude, dem Lokschuppen, dem Güterschuppen und dem Stellwerk Waldkappel-Ost (Wo) zeigt. Auf der Kanonenbahnseite ist ein Zug zu sehen, der in Richtung Treysa fährt und vermutlich von einer Lok der Baureihe 24 gezogen wird. Den inzwischen durch den Bau der neuen Bundesstraße 7 teilweise abgetragenen Damm kann man gut erkennen. Ungefähr dort, wo heute die Bundesstraße den Damm kreuzt, muss es auch damals schon eine Unterführung gegeben haben, da dort ein Weg direkt zum Damm führt, der sich an der anderen Seite fortsetzt. Schade, dass davon kein Foto erhalten ist. Das Dienstgebäude am Steinbühl ist ebenfalls gut zu erkennen.
In der Nacht vom 25. auf den 26. August 1939 wurden in Waldkappel die ersten Stellungsbefehle zugeteilt, worauf noch am gleichen Vormittag die ersten 30 Einberufenen die Stadt verließen, um zu ihren Standorten zu gelangen. In Waldkappel selbst wurden zwei motorisierte Kolonnen aufgestellt, deren Kraftwagenführer teilweise mit ihrem eigenen Fahrzeug einberufen wurden. Die Fahrer und Beifahrer wurden in Waldkappel einquartiert, vor Ort auf Herz und Nieren untersucht, eingekleidet und verpflegt. Die zusammen gewürfelten Truppen wurden dann am 29. August 1939 auf dem Kirchplatz sofort vereidigt, wobei mehrere Offiziere große Reden schwangen und Pfarrer Ferrau die Predigt hielt. Etliche Einwohner Waldkappels sowie das Jungvolk wohnten der Zeremonie bei. Am 30. August wurde die Truppe dann am Bahnhof verladen, wobei mehrere Frauen und die Schüler die mit Blumen geschmückten Soldaten zum Bahnhof geleiteten. Nach einigen herzlichen Abschiedsworten, teilweise auch unter Tränen, verließ der lange Zug den Bahnhof und fuhr über die Kanonenbahn zur Grenzsicherung in Richtung Westen ...
Und wieder rollte Kriegsmaterial über die Kanonenbahn in Richtung Frankreich!
Da es wahrscheinlich im grenznahen Raum, so im durch Frankreich besonders gefährdeten Saarland und der Pfalz, während des Aufmarsches gegen Polen, zu Kampfhandlungen kommen würde, hat man die Zivilbevölkerung der grenznahen Orte, allem voran Frauen und Kinder, aus der Schusslinie ins Reichsinnere evakuiert. So traf ein großer Transport aus dem Saarland am 4. September 1939 auf dem Bahnhof in Waldkappel ein. Von dem Transport, der dem Raum Eschwege zugewiesen wurde, waren die Meisten in Ensheim beheimatet, wovon allein die Stadt Waldkappel 430 Personen aufnehmen musste. Da die Evakuierten nur mit etwas Hausgepäck dort ankamen, wurden sie überwiegend in Privatquartieren untergebracht. Da hieß es zum ersten Mal während dieses Krieges für die Waldkappeler Bevölkerung: Zusammenrücken, man hatte ja aus dem letzten Krieg noch Übung darin.
Am 9. Februar 1940 rückte dann noch das 330 Mann starke Pferdelazarett 506 mit 96 Pferden nach dem Polenfeldzug in Waldkappel ein, wodurch die Stadt infolge der Einquartierungen mit inzwischen 760 Einquartierten nun hoffnungslos überfüllt war. Erst am 3. und 4. Juni 1940 gab es die erste Entlastung, als eine Kraftwageneinheit und das Pferdelazarett die Stadt verließen. Die einquartierten Saarländer verließen die Stadt ebenfalls noch mehrheitlich im August 1940, laut einer anderen Quelle erst im September 1940, in Richtung Heimat, so dass vorläufig erst einmal Ruhe in den Ort einkehren konnte. Es sollte aber alles noch viel schlimmer kommen.
Im Sommer 1942 wurde auf dem Waldkappeler Bahnhof von der Wehrmacht eine Sammelstelle für Raufutter eingerichtet, an der das gesamte Futter aus den Kreisen Eschwege und Witzenhausen gebracht werden musste, welches für die Ablieferung vorgesehen war. Zur vorläufigen Lagerung des Futters wurde das am Bahnhof zu Ballen gepresste Futter in offene Holzschuppen gebracht, die extra für diesen Zweck im Bahnhofsbereich errichtet worden waren. Sämtliche Arbeiten, die dort anfielen, wurden von französischen Kriegsgefangenen durchgeführt, deren Bewachung durch Landschützen, später auch durch Zivilpersonen sichergestellt wurde, ebenso wie die Sicherheit des Depots.
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