Leinefelde - Silberhausen - Schwebda - Eschwege - Eschwege West
(Niederhone) - Waldkappel -(Burghofen)- Malsfeld - Treysa
Der Abschnitt zwischen der Frieda-Brücke bei Meinhard-Schwebda
und dem Bischofferoder Tunnel bei Waldkappel-Burghofen
befindet sich im Werra-Meißner-Kreis.
Teil 1:
Der Streckenabschnitt Leinefelde - Waldkappel: Planung und Bau
Die Berlin-Coblenzer Eisenbahn führte von Berlin bis nach Metz und wurde aus strategischen Überlegungen nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870 - 1871 erbaut. Der Baubeginn der Verbindungsstrecken war etwa 1877. Die Strecke wurde gebaut, um binnen kurzer Zeit Truppen und Kriegsmaterial von Berlin an die Grenze zum Erzfeind Frankreich transportieren zu können.
Man benutzte etwa 350 km vorhandene Strecken und baute in den Jahren von 1877 bis 1882 Verbindungsstrecken von insgesamt etwa 450 km, um die vorhandenen Lücken zu schließen. Diese waren: Der Streckenabschnitt Berlin-Blankenheim (eröffnet April/Mai 1879), der Streckenabschnitt Leinefelde-Treysa (eröffnet am 15. Mai 1879, 31. Oktober 1879 bzw.15. Mai 1880). Hier bestanden vorher lediglich das kurze Teilstück Niederhone-Eschwege (eröffnet am 31. Oktober 1875), der Streckenabschnitt Lollar-Wetzlar (eröffnet 15. Oktober 1878), der Streckenabschnitt Niederlahnstein-Coblenz (eröffnet 15. Mai 1879), der Streckenabschnitt Coblenz-Ehrang (eröffnet 15. Mai 1879), der Streckenabschnitt Ehrang-Reichsgrenze (eröffnet 15. Mai 1878) Wir wollen hier den Streckenabschnitt zwischen Leinefelde und Treysa näher unter die Lupe nehmen. Dieses Teilstück der Kanonenbahn war insgesamt 130 km lang. Der Kilometer 0 lag im Bahnhof Leinefelde, der Endpunkt im Bahnhof Treysa (km 130). Mit dem Streckenbau wurde 1875 begonnen, die Fertigstellung zwischen Niederhone und Malsfeld war am 15. Mai 1879, zwischen Malsfeld und Treysa am 1. August 1879 und zwischen Leinefelde und Eschwege am 15. Mai 1880. Die Höhe der Baukosten ist nicht bekannt, jedoch wurde für den Bau der Strecke zwischen Berlin und Wetzlar eine Anleihe in Höhe von 50.750.000 Thalern aufgenommen. Bekannt sind lediglich die Kosten von einigen Bauwerken auf dem Streckenabschnitt zwischen Leinefelde und Waldkappel. Hiermit werden wir uns aber erst später befassen. Auch in der damaligen Zeit gab es schon Gastarbeiter in Deutschland. Die Arbeiter zum Bau des Teilabschnitts Leinefelde-Treysa kamen aus Italien, Galizien und Kroatien. Die Arbeiten mussten mangels moderner Technik mit Hacke, Schaufel, Tragekasten und Schubkarren bewältigt werden.
Lediglich einige kleine Dampf-Baulokomotiven und Kipploren waren vorhanden. Der Bahnbau brachte für die einheimische Bevölkerung einen kurzen Boom. Die Bauern verdingten sich als Fuhrleute, die Wirte bauten Kantinen-Baracken entlang der Strecke und die einheimischen Sandgruben und Steinbrüche benötigten ebenfalls eine Vielzahl zusätzlicher Arbeiter, denn die zahlreichen Brücken- und Tunnelbauten benötigten große Mengen an Baumaterial. Der Kalkstein kam aus den Steinbrüchen von Eigenrieden und Struth sowie vom Dünberg bei Lengenfeld und der Sandstein kam aus den Brüchen von Arenshausen und Marth. Die Kanonenbahn wurde ursprünglich als Hauptstrecke gebaut. Streckenweise wurde die Bahnlinie in den Jahren 1906–1907 aus strategischen Überlegungen sogar zweigleisig ausgebaut. Dieses waren die Teilstücke Leinefelde-Dingelstädt, Küllstedt-Schwebda (in Küllstedt wurde sogar eine Drehscheibe installiert), Eschwege-Niederhone sowie mehrere Teilstücke ab Malsfeld. Der Rest der Strecke war stets eingleisig.
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Autor: Hermann Josef Friske
Die Kanonenbahn nach 1945
Ab April 1945 wurde die Kanonenbahn durch die Sprengung des Frieda-Viadukts in
einen westlichen und einen östlichen Streckenabschnitt getrennt. Heute beschäftigen wir uns mit dem östlichen Abschnitt im Eichsfeld zwischen Leinefelde und Geismar ab 1945 bis zur Strecken-Stilllegung des letzten Teilstücks am 28. Februar 1998.
Zunächst galt es, die gesprengte Gießebrücke bei Büttstedt wiederaufzubauen. Bis September 1945 waren die Trümmer beseitigt und bereits am 28. Dezember 1945 wurde die in mühevoller körperlicher Arbeit wieder behelfsmäßig hergerichtete Brücke wieder befahren. Somit konnte der Verkehr zwischen Leinefelde und Geismar wieder durchgehend aufgenommen werden. Hinter Geismar bis zur damaligen Zonengrenze wurden die Gleise komplett abgebaut. Durch die Sperrung der Zonengrenze ging eine Umorientierung des Reiseverkehrs vonstatten. Die Leute fuhren nach Heiligenstadt oder Mühlhausen, aber nicht mehr nach Eschwege. Folglich sank der Reiseverkehr auf dem Streckenabschnitt zwischen Leinefelde und Geismar. Die Schließung des Haltepunkts Silberhausen-Trennungsbahnhof am 23. Oktober 1947 und die Errichtung des Sperrgebiets mit den Bahnhöfen Lengenfeld unterm Stein und Geismar brachten weitere Rückgänge im Personenverkehr auf dieser Strecke. Der Güterverkehr hatte nur noch im Nahbereich eine gewisse Bedeutung, die aber nicht kostendeckend sein konnte. Aus Gründen der Rationalisierung, auch das gab es in der DDR, wurden die Bahnhöfe Lengenfeld unterm Stein, Geismar und Küllstedt ab 28. September 1969 für den Güterverkehr geschlossen.
Somit fand mit dem Winterfahrplan 1969/1970 zwischen Dingelstädt und Geismar kein Güterverkehr mehr statt. Übrig blieb nur noch der Bahnhof Dingelstädt als Güüter-Tarifbahnhof. Am 26. November 1965 wurde zwischen Dingelstädt und Geismar der vereinfachte Nebenbahn-Dienst eingeführt, welcher wenige Jahre später bis Silberhausen erweitert wurde. Da die Verkehrseinnahmen weit unter den Personal- und Betriebskosten lagen, wurden am 25. Februar 1991 die Fahrkarten-Ausgaben Effelder und Kefferhausen aufgehoben und die Haltepunkte für den Kleingut-Verkehr geschlossen. Die Fahrkarten verkaufte fortan das Zugbegleitpersonal. Da das Sorgenkind "Lengenfelder Viadukt" wegen diverser Schäden kaum noch zu befahren war und im Oberbau der Strecke gravierende Mängel vorhanden waren, wurden bereits im Jahre 1969 Überlegungen zur Stilllegung dieses Teilstücks der Kanonenbahn angestellt. Im Jahre 1984 wurden bei einer Überprüfung der Strecke und des Lengenfelder Viadukts festgestellt, dass Schwellen und Oberbau zwischen km 30,5 und km 35,1 total marode waren und die Brücke gravierende Korrosionsschäden sowie Lagerschäden und bereits in den 30er Jahren festgestellte konstruktive Unzulänglichkeiten aufwies.
Die Sanierungskosten wurden danach für den Viadukt auf 20 Millionen DDR-Mark und für den Oberbau zwischen km 0,5 und km 35,1 mit 2 Millionen DDR-Mark geschätzt. Außerdem mussten die Tunnel und Brücken saniert werden. Geschätzte Kosten: Etwa 38 Millionen DDR-Mark. Dagegen standen jährliche Einnahmen in Höhe von etwa 70.000 DDR-Mark. Da dieser Betrag zur Sanierung für die nur schwach frequentierte Strecke so nicht zu bezahlen war, wurde für die Lengenfelder Brücke noch eine bedingte Genehmigung bis 1992 erteilt, das heißt befahrbar nur mit leichten Reisezügen mit lediglich 10 km/h Höchstgeschwindigkeit. Danach musste die Brücke für jeglichen Verkehr gesperrt werden. Somit war das Ende dieses Abschnitts der Kanonenbahn vorprogrammiert. Am 9. Dezember 1992 wurde bekanntgegeben, dass die Strecke ab 1. Januar 1993 zwischen den Bahnhöfen Küllstedt und Geismar stillgelegt wird. Somit fuhr am 31. Dezember 1992 der letzte Zug zwischen Leinefelde und Geismar.
Der Abschiedszug wurde gezogen von der DR-Traditionslok 50.3688, einer Güterzug-Dampflok, gebaut bei Skoda im Jahre 1938. Das endgültige "Aus" für die Strecke war jetzt schon abzusehen. Bis zum 29. Mai 1994 fuhren die Züge noch bis zum Bahnhof Küllstedt und ab 30. Mai 1994 nur noch bis Dingelstädt. Zum 31. Mai 1995 schloss dann die Güterverkehrs-Stelle Dingelstädt.
Am 3. August 1996 befuhr dann auch der letzte Triebwagen der Baureihe 771 oder 772 das kurze Teilstück zwischen dem Bahnhof Leinefelde und Dingelstädt.
Im Zeitraum einer Vollsperrung zwecks Erneuerung der Strecke Leinefelde-Gotha, von der die Strecke bei Silberhausen abzweigt, wurden vom 4. August bis zum 1. Dezember 1996 vollendete Tatsachen geschaffen. Die Verbindungsweiche wurde herausgerissen. Zum 28. Februar 1998 wurde der Verkehr auf der Strecke dann formell eingestellt. Das war das endgültige "Aus" für eine der landschaftlich reizvollsten, aber zugleich unrentabelsten Bahnstrecken in Thüringen.
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Autor: Hermann Josef Friske
Der Bahnhof Dingelstädt
Die Strecke wurde bereits im Jahre 1879/1880 von Silberhausen-Trennung bis zum Bahnhof Dingelstädt 2-gleisig errichtet. Heute ist nur noch einer der beiden Brückenköpfe erhalten. Der eiserne Überbau hatte eine Länge von 17,50 m und eine Breite von 3,92 m. Die Baukosten betrugen 41.400 Mark.
Nach 1945 wurde auch die Gothaer Eisenbahn auf eingleisigen Verkehr umgestellt, so dass der Abzweig der Kanonenbahn nur noch aus einer einfachen Weiche bestand. Am 23. Oktober 1947 wurde der Trennungsbereich in ein Endstellwerk des Bahnhofs Silberhausen umgewandelt und die Signal- und Sicherungsanlagen abgebaut bzw. dem Bahnhof Silberhausen zugeordnet. In den 70er Jahren wurde das Stellwerk nochmals umgebaut und durch moderne sowjetische Stellwerktechnik ersetzt, die ebenfalls von Silberhausen her bedient wurde. Das alte Stellwerk an der Trennungsstation wurde dadurch am 23. August 1979 endgültig stillgelegt Die Weiche wurde spätestens 2 Monate, nachdem am 4. August 1996 der letzte Triebwagen zwischen Leinefelde und Dingelstädt gefahren ist, bei der Modernisierung der Gothaer Strecke herausgerissen. Hinter dem Abzweig führte die Strecke in einem weiten Bogen in westliche Richtung zum Bahnhof Dingelstädt bei km 10,14. Heute ist die Strecke bis zum Bahnhof an zwei Stellen unterbrochen. Bei km 9,2 wird die Trasse von der neuen B 247 unterbrochen und bei km 10 sind die Gleise auf einer Länge von etwa 50 m weggerissen, da das Gelände heute privatisiert ist. Auf dem 2 km langen Stück sind noch 2 Wegunterführungen und das Einfahrtssignal zur Gothaer Strecke erhalten (bei km 9). Der Bahnhof Dingelstädt wurde am 15. Mai 1880 eröffnet und lag in einer Höhe von 375 m über NN.
Nachdem man entlang der Kanonenbahn zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Bahnhofsbeleuchtung auf elektrischen Strom umstellte, wurde die Zeit auf dem Bahnhof Dingelstädt beim Ausbau des 2. Gleises im Jahre 1922 wieder zurückgedreht. Die elektrische Beleuchtung wurde wieder ausgebaut, zurück auf Petroleum umgestellt und sämtliche Ausfahrtssignale ausgebaut. Nach dem Ausbau des 2. Gleises wurde die Strecke zwischen Leinefelde und Malsfeld auf Nebenbahnbetrieb umgestellt und der Verkehr in Eschwege gebrochen. Reisezüge fuhren fortan mit einer Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h und Güterzüge nur noch mit 30 km/h.
Im Jahre 1942 gab es einen Unfall im Bahnhofsbereich von Dingelstädt. Durch falsche Weichenstellung bei der Ausfahrt in Richtung Leinefelde geriet der Frühzug aus Eschwege auf ein Nebengleis, auf dem ein Bauzug abgestellt war. Der Frühzug fuhr auf die stehenden Waggons auf, schob sie ineinander und über den Prellbock hinaus. Zum Glück gab es hierbei nur einige Leichtverletzte.
Nachdem am 10. April 1945 der Bereich um Leinefelde von amerikanischen Truppen besetzt wurde und am 7. Juli die russischen Besatzer anrückten, wurde der Personenverkehr am 1. August 1945 zwischen Leinefelde und Küllstedt wieder aufgenommen, denn weiter konnte der Zug wegen der gesprengten Giesebrücke nicht fahren.
Ab 01. Januar 1946 fuhren die Züge wieder bis nach Geismar. Die Bahnmeisterei in Dingelstädt wurde im Jahre 1954 aufgelöst und der Bahnmeisterei Leinefelde zugeordnet. Am 26. November 1965 wurde zwischen Dingelstädt und Lengenfeld der vereinfachte Nebenbahndienst eingeführt mit Dingelstädt als Zugleitbahnhof. Dieser wurde ab 26. April 1966 bis Geismar ausgedehnt.
Ab 29. September 1969 war Dingelstädt nur noch der einzige Güterbahnhof zwischen Leinefelde und Geismar, denn die Güterabfertigung in Küllstedt wurde wenige Tage vorher, am 1. September 1969, geschlossen.
Ab 1. August 1990 wurden die Bahnhöfe Dingelstädt und Silberhausen dem Bahnhof Leinefelde unterstellt, und weil der Bahnbetrieb auf der Strecke nach der Wende stark rückläufig war, betrug die Kostendeckung zwischen Dingelstädt und Geismar im Frühjahr 1992 nur noch 1,82 %.
Nachdem ab 1. Januar 1993 wegen der abgelaufenen Betriebsfrist des Lengenfelder Viaduktes der Bahnverkehr zwischen Küllstedt und Geismar eingestellt worden war, wurden der Personenverkehr zwischen Dingelstädt und Küllstedt sowie der Schienen-Ersatzverkehr zwischen Küllstedt und Geismar am 29. Mai 1994 ebenfalls eingestellt. Ab jetzt ging alles Schlag auf Schlag, das Ende der Kanonenbahn Ost rückte ebenfalls unausweichlich näher. Am 31. Dezember 1995 wird die Güterverkehrsstelle Dingelstädt geschlossen und bereits ab 1. März 1996 wurde die Besetzung durch einen Fahrdienstleiter in Dingelstädt aufgehoben, denn ab diesem Tag fuhren nur noch wenige Triebwagen ausschließlich an Wochentagen zwischen Leinefelde und Dingelstädt. Ab 2. Juni 1996 blieb der Bahnhof gänzlich unbesetzt, so dass bereits am 4. August 1996 der allerletzte Triebwagen auf der Kanonenbahn Ost zwischen Leinefelde und Dingelstädt fuhr. Wenige Tage später wurde die Weiche in Silberhausen-Trennung entfernt, so dass nie wieder ein Zug die Strecke befahren wird.
Das Bahnhofsgebäude steht heute leer und verfällt zusehends. Neuerdings ist der Lengenfelder Kanonenbahnverein dabei, die Strecke zwischen den Bahnhöfen Küllstedt und Dingelstädt so herzurichten, damit man mit der Draisine von Küllstedt aus auch noch weiter bis zum Bahnhof Dingelstädt fahren kann. Erste Fahrten mit der Motordraisine wurden auf der Gesamtstrecke seither bereits durchgeführt.
Die Kanonenbahn überquerte direkt hinter dem Bahnhof Dingelstädt die alte B 247, um nach einigen 100 m mit einer kleinen Brücke einen Feldweg zu überqueren. Die Strecke führte zunächst in nord-westlicher, später in süd-westlicher Richtung und umfuhr die Stadt Dingelstädt in einem großen Halbkreis.
Eine kleine Weg-Überführung und zwei Ausfallstraßen aus Dingelstädt werden gekreuzt bis zum 2,54 km entfernten Haltepunkt Kefferhausen bei km 12,68, der am 15. Dezember 1903 eröffnet wurde. Dieser Haltepunkt wurde errichtet, um den Pilgerstrom zur Wallfahrtsstätte und Franziskanerkloster "Kerbscher Berg" bei Dingelstädt bewältigen zu können, denn die Wallfahrtskirche wurde um die Jahrhundertwende erbaut. Der Haltepunkt wurde am 29. Mai 1994 geschlossen und ist heute nur noch als Ruine erhalten. Die Strecke zwischen Dingelstädt und Küllstedt soll ebenfalls stets eingleisig gewesen sein, ein endgültiger Beweis scheint jedoch auch hierfür zu fehlen.
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Autor: Hermann Josef Friske
Der Bahnhof Küllstedt und seine Bahnhofsgaststätte
Im Bahnhof Küllstedt kam es am 10. November 1945 um etwa 17.15 Uhr direkt am Einfahrtssignal zu einem Eisenbahnunglück, bei dem es zum Glück nur einen Schwerverletzten gab, der sich bei dem Unglück im Gepäckwagen des Personenzuges 9228 aus Leinefelde befand und sich dabei einen Lungenriss zuzog und wenige Tage darauf im Küllstedter Krankenhaus verstarb. Auf Grund seiner Länge war ein mit Flachs beladener, überlanger Güterzug beim Rangieren über das Einfahrtssignal hinausgefahren. Als der Personenzug aus der vorgelagerten Kurve kam, war es schon zu spät, die Vollbremsung wurde nicht mehr wirksam. Er fuhr auf den Güterzug auf, wobei durch den Aufprall die Puffer der Personenzug-Lok abbrachen. Außer Prellungen und Beulen gab es keine Verletzungen, nur das Gepäck wurde beim Aufprall durcheinander gewirbelt.
Als nach 1950 der Großhandel Müller verstaatlicht und aufgelöst wurde, nutzte der Volkseigene Erfassungs- und Aufkaufbetrieb (VEAB) die Gebäude und transportierte die landwirtschaftlichen Erzeugnisse aus dem Umland, überwiegend Getreide und Kartoffeln, mit der Bahn. Obwohl auch in den 1960er Jahren noch lebhafter Güterverkehr auf dem Bahnhof Küllstedt bestand, wurde dieser aus Rationalisierungsgründen am 1. September 1969 geschlossen.
Von diesem Tage an gab es nur noch Personenverkehr auf dem Bahnhof, der in den folgenden Jahren aber auch immer dürftiger wurde, bis das Aus auch hierfür kam. Die Fahrkartenausgabe Küllstedt wurde am 1. Januar 1993 geschlossen und Schienen-Ersatzverkehr zwischen Küllstedt und Geismar eingefüührt, bis auch dieser am 29. Mai 1994 eingestellt wurde. Dadurch wurde der Bahnhof Küllstedt von der Schiene abgehängt und die Strecke bis nach Dingelstädt komplett dicht gemacht. Nach der Stilllegung besuchte ich den Bahnhof im Sommer 1994 und fand das alte, kleine Streckenhäuschen mit Ersatzteilen und altem Schienenwerkzeug vollgestopft vor. Leider hatte ich bei dieser Gelegenheit keinen Fotoapparat dabei, so dass ich dieses nicht mehr im Bild festhalten konnte, denn bei meinem nächsten Besuch am Bahnhof waren die Wohnhäuser und das Streckenhäuschen privatisiert und bereits eingezäunt. Bei meinem Besuch des Bahnhofs im Jahre 1994 hatte ich auch die Gelegenheit, das Bahnhofsgebäude von innen zu betrachten, da die Tür bereits aufgebrochen war. Im Inneren herrschte das Chaos, sogar ein noch verbliebener Schreibtisch war umgeschmissen worden, die Tapete hing von den Wänden herab und ein kleiner Aktenschrank war ebenfalls demoliert. Lediglich einige alte Formulare fand ich noch vor, die aber alle schon zerrissen waren.
An diesem Tag besuchten meine Frau und ich natürlich auch die Bahnhofsgaststätte von Küllstedt, den Lindenhof. Bei herrlichstem Wetter saßen wir auf der Veranda vor dem Gasthaus, ließen uns ein "kühles Blondes" schmecken und kamen bei dieser Gelegenheit mit der damaligen Wirtin des Lindenhofs, Frau Reinhilde Fritze, ins Gespräch. Sie erzählte uns von den Zeiten zu denen auf dem Bahnhof noch Hochbetrieb herrschte, und zeigte uns auch die Stelle, an der sich einmal die Drehscheibe befunden hatte. Auch ihren Sohn Holger, der den Lindenhof heute in der zweiten Generation seit dem 01. Juli 2002 betreibt, lernten wir bei der Gelegenheit kennen. Frau Reinhilde Fritze war, bevor sie das Lokal im Jahre 1978 übernahm, seit Mitte der 1960er Jahre bei ihrem Vorgänger Erwin Strecker als "Gute Fee des Hauses" tätig. Als Gaststätte umgebaut, wurde der "Lindenhof", der aus dem ehemaligen Projektionsbüro der Kanonenbahn hervorging, in den Jahren zwischen 1918 und 1924 von seinem Begründer, August Strecker, der die Gaststätte bis zu seinem Tod am 24. September 1946 führte. Bis ins Jahr 1950 führte seine Frau Emma das Gasthaus weiter, bis im gleichen Jahr ihr Sohn Erwin die Konzession für den "Lindenhof" bekam. Er führte die Gaststätte, inzwischen im Jahre 1958 zur "HO-Vertragsgaststätte" geworden, bis zum 31. Juli 1978, als Frau Reinhilde Fritze den "Lindenhof" schließlich übernahm.
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Autor: Hermann Josef Friske
Vom Küllstedter Tunnel zum Mühlenberg-Tunnel I
Nachdem bereits in den ersten Jahren nach der Inbetriebnahme der Strecke wegen baulichen Unzulänglichkeiten erste Nachbesserungen an den Tunnelwänden erforderlich wurden, kam es am 27. Mai 1904 zum ersten Wassereinbruch im Tunnel. Nach einem Gewitter mit wolkenbruchartigem Niederschlag hielt das Tunnelgewölbe den Wassermassen nicht mehr stand, wobei ein gerade den Tunnel durchfahrender Personenzug von oben bis unten mit Geröll und Schlamm überzogen wurde.
Am 26. Februar 1906 begann mit dem ersten Spatenstich die Erweiterung des Küllstedter Tunnels auf das neue Normmaß für zweigleisigen Betrieb und gleichzeitig wurde mit dem Bau des zweiten Gleises zwischen Küllstedt und Schwebda begonnen. Die landespolizeiliche Abnahme des zweiten Gleises erfolgte schließlich am 3. April 1907 und der zweigleisige Betrieb begann tags darauf am 4. April 1907. Nach einem Gewitter im Februar 1916 gab es den nächsten Wassereinbruch im Tunnel. Die Strecke musste daraufhin für einige Zeit gesperrt werden. Bereits am 16. Januar 1918 kam der nächste Wasserschaden im Tunnel, der dabei bis zu einer Höhe von 1,50 Meter überflutet wurde. Daraufhin musste der Frühzug aus Leinefelde im Bahnhof Küllstedt stehen bleiben. Für die Dauer der Überflutung wurde ein Pendelverkehr zwischen Leinefelde und Küllstedt sowie zwischen Eschwege und Effelder eingerichtet. Die Strecke Effelder-Küllstedt musste von den Reisenden zu Fuß zurückgelegt werden.
Die Überdeckung des Tunnels besteht aus bis zu 50 Meter starkem Felsgestein. Im Tunnel erfolgt stets ein starker Wassereinlauf in wechselnden Mengen, so dass sich die am Südportal nach starken Regenfällen ausströmenden Wassermassen manchmal recht bedrohlich anhören. Der Küllstedter Tunnel sowie die talabwärts folgenden Tunnel wurden in den 50er Jahren letztmalig einer gründlichen Sanierung unterzogen und müssten, sollten sie dauerhaft begehbar sein, auch in der heutigen Zeit nochmals saniert werden.
Hinter dem Küllstedter Tunnel geht die Trasse steil bergab (Der Autor ist die Strecke im Jahre 1995 vom Haltepunkt Effelder her die 3 km bergauf bis zum Küllstedter Tunnel abgelaufen und ist dabei ganz schön ins Schwitzen gekommen, wie muss es dann erst den Dampfloks ergangen sein?) bis zum Mühlenberg-Tunnel I, der sich mit seinen nur 155 Meter Länge zwischen km 23,531 bis km 23,686 befindet und somit direkt dem Haltepunkt Effelder vorgelagert ist. Bei km 21,52 gab es bis ca. 1921 einen beschrankten Wegübergang, bei dem im Rahmen des Rückbaus der Strecke die Schranken ausgebaut wurden. Zwischen dem Küllstedter Tunnel und Effelder befinden sich ansonsten nur zwei nennenswerte Bauten: Die kleine Brücke eines Holzabfuhrweges bei km 22,36, von der ein Seitengeländer schon arg ramponiert war, da ein umgestürzter Baum dieses beschädigt hatte, und bei km 23,43 die Straßenunterführung der Landstraße zwischen Effelder und dem Luttergrund. Außerdem gibt es zwischen dem Küllstedter Tunnel und dem Mühlenberg-Tunnel I noch zwei tiefe Einschnitte bei km 23,2 und km 22,8, bei deren Bau jede Menge Fels abgeräumt werden musste. Die Einschnitte sind mit hoch aufgemauerten Stützmauern versehen. Der Mühlenberg-Tunnel I war dank seiner Kürze der billigste aller Tunnelbauten entlang des Kanonenbahn-Abschnitts und wurde erst im Jahre 1879 erbaut. Er kostete "nur" 204.000 Mark, wovon allein 15.000 Mark auf die Portale entfielen, das sind 1316,13 Mark für den laufenden Meter. Dieser Tunnel besitzt eine Besonderheit. Durch die nur schwer zu befahrenden Zufahrtswege wurden für das Tunnelgewölbe keine Sandstein-Quader, sondern Ziegelsteine und Sandstein-Werksteine verwendet. Das Gefälle im Tunnel beträgt 1 : 105 und die mittlere Höhenlage 350,50 Meter über NN. In Anbetracht der nur 15 Meter hohen Deckschicht hätte man auch einen Einschnitt ausgraben können, dieses wäre aber teurer gekommen. Der Mühlenberg-I-Tunnel ist übrigens der einzige Tunnel an der Strecke, der vollkommen gerade ist.
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Autor: Hermann Josef Friske
Das Wohnhaus am Entenberg-Tunnel
Der Entenberg-Tunnel bei km 27,931 hat eine Länge von lediglich 288 Meter, besitzt ein Gefälle von 1 : 101 und befindet sich in einer mittleren Höhenlage von 303 Meter über NN. Das Tunnelgewölbe besteht am Südportal auf einer Länge von 30 Meter aus Buntsandstein, ansonsten aus Kalkstein. Der Tunnel besteht aus einer einzigen Krümmung und wurde im Jahre 1878 komplett errichtet, das entspricht einer Bauzeit von ungefähr 3 Monaten. Anlässlich der Fertigstellung des Entenberg-Tunnels am 4. April 1878 wurde für die Einweihungsfeier extra eine Festschrift angefertigt, die auch die Lieder enthielt, die während der Feier gesungen wurden. Die Überdeckung des Tunnels beträgt nur etwa 30 Meter Gebirge. Die Baukosten des Entenberg-Tunnels betrugen 334.017 Mark, wovon für die Portale lediglich 10.000 Mark entfielen, das bedeutet einen Preis von 1.159,78 Mark für den laufenden Meter Tunnel. Dieser wurde wegen ständigem Steinschlag an der Nordseite im Jahre 1915 um 7 Meter verlängert, wobei das Portal vollkommen neu in Betonbauweise errichtet wurde.
Unweit vom Südportal des Entenberg-Tunnels stand einst rechterhand im Bilstal, welches die Großbartloffer Buschtal nennen, ein kleines Wohnhaus, in dem der Streckenläufer wohnte, der den Streckenabschnitt zwischen Küllstedt und Schwebda zu betreuen hatte. Dieser legte täglich die Distanz von etwa 17 km zurück, da sich sein Domizil etwa in der Mitte der Entfernung zwischen Küllstedt und Schwebda befand, und quälte sich mit vollem Gepäck, das waren 1 großer, schwerer Schraubenschlüssel, 1 Pechfackel, 1 rote Fahne sowie eine Karbidlampe, entlang der Schwellen an einem Tag hinauf nach Küllstedt, fuhr anschließend mit dem Abendzug zurück ins Bilstal, um am nächsten Tag die Strecke bis hinunter nach Schwebda abzugehen, um anschließend auf dem Weg zurück zum Wohnhaus wieder den Abendzug in Richtung Eschwege zu nehmen. Außerdem hatte er noch die Verpflegung für einen langen Tag mitzuschleppen sowie in der warmen Jahreszeit des Öfteren noch Axt und Säge, denn er war auch dafür zuständig, in den Bahndamm hineinwachsende Büsche oder Bäume zu beseitigen. Da wir davon ausgehen können, dass dieses Wohnhaus gleichzeitig mit dem Entenberg-Tunnel und der Strecke errichtet wurde, dürfte es in der Zeit von 1878 bis 1879 erbaut worden sein. Der erste Streckenläufer und Weichensteller, somit auch der erste Bewohner dieses Hauses, war Georg Schneider, geboren am 06. August 1847 in Kella, der mit seiner Frau Anna Maria, ebenfalls aus Kella stammend um am 15. Juni 1853 geboren, bis Ende 1919 an dem abgelegenen Ort gewohnt hat. Vor dem Haus befand sich wie an allen Wohnhäusern mit Schrankenposten entlang der Kanonenbahn ein "Melder", das war eine turmartige Glocke, die mit drei Anschlägen den nahenden Zug angekündigt hat. Am 01. Januar 1920 bezog Andreas Koch, geboren am 28. Mai 1891 in Bischofferode/Hessen, unweit des gleichnamigen Kanonenbahn-Tunnels gelegen, mit seiner Frau Helene, geborene Hartung, geboren am 2. September 1891 in Ebertshausen/Thüringer Wald, mit der er seit 1919 verheiratet war, das Haus am Entenberg-Tunnel. Andreas Koch wurde infolge einer Kriegsverletzung, die er sich im Ersten Weltkrieg zugezogen hatte, bei der Bahn zum Streckenläufer ausgebildet. In diesem Zusammenhang wäre es interessant zu erfahren, wie viele Menschen entlang der Kanonenbahn ihren Wohnort oder die Arbeitsstätte gewechselt haben. Ein Beispiel dafür war der Großvater mütterlicherseits vom Autor des Berichtes, Heinrich Habig, geboren in Lengenfeld unterm Stein. Er verzog im Jahre 1923 mit der Großmutter Elisabeth, geb. Kniel, gebürtig aus Berlin, der Ausgangspunkt der Kanonenbahn, nach Eschwege, um dort das alteingesessene Altstadt-Gasthaus "Zur Krone" für fast 30 Jahre zu übernehmen. Neben dem Wohnhaus am Entenberg-Tunnel standen dort außerdem noch eine Waschküche mit angebautem großen Backofen sowie ein Ziegenstall, denn Ziegen waren die Kühe des kleinen Mannes, und ein von diesem abgeteilter Schweinestall mit an diesem angegliedertem Plumpsklo. Die Jauche floss aus den Ställen und dem Klo in die gleiche Jauchegrube. Am Stall angebaut befand sich außerdem noch der in Eigenbau errichtete Holzschuppen. Jenseits des Streckengleises standen ein mit 13 Bienenstöcken bestücktes Blockhaus und ein Unterkunftshaus für Streckenarbeiter sowie das Telefon zum Bahnhof Lengenfeld unterm Stein. Dieses Gebäude muss einst auch das Schienenfahrrad für den Streckenläufer beherbergt haben, wie ein dorthin führendes Gleis auf einem anderen Foto zeigt. Hinter diesem Gebäude lag der Obstgarten, von dem auch heute noch etliche, wenn auch stark verkrüppelte alte Obstbäume, in mehreren Reihen stehend, erhalten sind. Außerdem fuhren hier die Züge im Sommer stets langsam, damit die Fahrgäste das Blumenmeer um das Wohnhaus herum bewundern konnten. Mit der Blütenpracht wurde sogar der Gärtner in Lengenfeld versorgt, wenn diesem die Blumen zum Kränzewickeln ausgegangen waren. Die Ländereien für die Viehhaltung befanden sich vor und auch hinter dem Entenberg-Tunnel beiderseits des Gleises. Einen Fahrweg zum Wohnhaus gab es nicht, man ging einfach den schmalen Trampelpfad an den Gleisen entlang bis nach Lengenfeld, da infolge einer Verwerfung des Bahndammes das Gleis in der Mitte verlegt werden musste und nun der Platz dafür fehlte. Die Wasserversorgung war eine Katastrophe, es gab lediglich einen Brunnen in etwa 300 Meter Entfernung unterhalb des Gebäudes, der eigentlich nur Brauchwasser lieferte, weil sich oberhalb Viehweiden befanden und das Wasser dadurch ständig verunreinigt wurde. Von dort musste das Wasser mühsam in Eimern und Kübeln zum Wohnhaus heraufgeschleppt werden. Zu DDR-Zeiten wurde das Trinkwasser schließlich jeden zweiten Tag per Güterzug aus Leinefelde angeliefert. Dies geschah mittels zweier großer Kannen, die mit Leitungswasser aus Leinefelde gefüllt wurden und im Tausch gegen zwei leere einfach vor dem Wohnhaus abgestellt worden sind. Für die Bahn war dies ein teures Unterfangen, denn jedes Anfahren der Dampflok kostete zwei Zentner Kohlen. Dies hatte aber auch eine positive Seite, denn durch das Anhalten der Züge vor dem Entenberg-Tunnel wurden persönliche Kontakte zwischen dem Zugpersonal und den Bewohnern des Wohnhauses aufgebaut, außerdem gab es dadurch stets eine Mitfahrgelegenheit bis Lengenfeld, um einkaufen zu können. Weil das Haus auch nicht an die Stromversorgung angeschlossen war, gab es zunächst bis nach 1945 nur zwei Petroleumlampen, wodurch die Räume nur notdürftig erhellt wurden. In den darauf folgenden Jahren erhielt das Haus eine "zentrale Gasversorgung", durch die ein 2-flämmiger Gasherd sowie die Beleuchtung von zwei Räumen gespeist wurde. Die schwere Gasflasche stand außerhalb des Gebäudes in einem eigens dafür vor dem Küchenfenster errichteten, abschließbaren Häuschen. Neue Gasflaschen kamen ebenfalls per Güterzug aus Leinefelde, wohin die leere Flasche auch zurückgebracht wurde. Alarm wurde jedesmal geschlagen, wenn sich eine Kuh auf den Gleisen befand oder anderes Nutzvieh aus seiner Weide ausgebrochen war und sich dort unberechtigterweise tummelte, weil die Weidezäune stets brüchig waren. Es gab ja bekanntlich in der DDR selten Stacheldraht zu kaufen, denn dieser wurde ja für einen weitaus größeren Weidezaun zur Grenzsicherung benötigt. Einmal sind auch die Pferde des "Entenmüllers" Albert Herwig aus Lengenfeld unterm Stein beim Pflügen hinter dem Entenberg-Tunnel ausgebüxt und kamen durch den Tunnel galoppiert, gerade als der Zug hinter ihnen herkam. Dieser wurde am Wohnhaus zur Langsamfahrt aufgefordert. So galoppierten die Pferde vor dem Zug her bis zum Schloss Bischofstein, wo sie schließlich abbogen. Der "Entenmüller" soll, sich die Haare raufend, am Tunnel gestanden haben, wobei er schon das Schlimmste befürchtet hat.
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Autor: Hermann Josef Friske
Vom Entenberg-Tunnel zum Lengenfelder Viadukt
Am 29. September 1933 suchte sich der damals 69-jährige Großbartloffer Adolf Bischoff, geboren in Heuthen/Eichsfeld, den Entenberg-Tunnel zum Sterben aus, um sich dort vor den Zug zu werfen. Seine Leiche wurde von Andreas Koch während einer Routine-Inspektion der Gleise im Tunnel vorgefunden.
Im Heiligenberg-Tunnel soll nach einem Tunneleinsturz eine große Tropfsteinhöhle gefunden worden sein, die natürlich umgehend bei den anschließenden Bauarbeiten entfernt und verfüllt wurde. Ähnliche Bauarbeiten gab es fast ständig in den Eichsfeld-Tunneln.
Im Jahre 1939 erhielt Andreas Koch für seine Kontrollgänge im Streckenabschnitt einen ausgebildeten Polizei-Suchhund zur Seite gestellt. Dieser ging während des Krieges täglich mit auf die Strecke, um eventuell vorhandene Bombenleger oder ähnliches Gesindel abzuwehren. Kaum bekannt sein dürfte, dass es bereits zwei Jahre vor Beginn des 2. Weltkriegs im Jahre 1937 zur Bildung einer Bahnschutz-Polizei kam, die bis 1945 bestanden hatte und an der Kanonenbahn auch die Überwachung der Tunnel übernahm. Belegt ist dieses zumindest für den Entenberg-Tunnel und den kleinen Mühlberg-Tunnel. Hier wanderten nachts stets 2 bis 4 ältere Polizisten aus der Umgebung durch die Tunnel. Während ihres Einsatzes schliefen die Polizisten vom Entenberg-Tunnel in dem ehemaligen Streckenarbeiter-Haus in zweistöckigen Betten. Zur Selbstversorgung wurde im Gebäude ein kleiner Herd eingebaut. Außerhalb ihres mehrwöchentlichen Dienstplanes durften die Polizisten heim zu ihren Familien.
Der Streckenläufer Andreas Koch vom Haus am Entenberg-Tunnel wurde in den 50er Jahren von einem Herrn Habicht oder Habig aus Lengenfeld unterm Stein abgelöst, nachdem er auf der Strecke von Küllstedt bis Schwebda so viel Schuhsohlen abgelaufen hatte, dass es für eine dreimalige Erdumrundung gereicht hätte. Für seine restlichen Dienstjahre bei der Bahn erhielt er nun den wesentlich ruhigeren Job als Brückenwärter des Lengenfelder Viadukts. Andreas Koch und seine Frau reisten gemeinsam, wahrscheinlich nach Beendigung ihrer Lebensarbeitszeit, nach etlichen vergeblichen Anträgen im Jahre 1959 legal zu ihrem Sohn in den Westen nach Spangenberg aus. Die Stadt liegt am Streckenabschnitt Waldkappel-Malsfeld ebenfalls an der Kanonenbahn. Die Gebäude am Entenberg-Tunnel wurden nach dem Auszug von der Familie Koch wohl noch im Jahre 1961, da seit 1959 unbewohnt, im Rahmen der allgemeinen Grenzsicherung in diesem Jahr komplett abgerissen und das noch brauchbare Baumaterial abtransportiert. Heute kann man im Bilstal nur noch ein paar Reste von den Grundmauern einiger Gebäude finden.
Vom Entenberg-Tunnel führt die Strecke in einer weiten Linkskurve hinab bis zum nächsten Bahnübergang bei Schloss Bischofstein, etwa bei km 29,3, das bereits zu Lengenfeld unterm Stein gehört. Auf den letzten 500 Metern davor kann man sehr gut die ehemalige Zweigleisigkeit erkennen, denn hier ist die alte Trasse noch gut erkennbar und derzeit auch gut frei geschnitten. Von hier aus hat man auch zumindest während der vegetationslosen Monaten einen guten Ausblick auf die gegenüberliegende Trasse jenseits des Lengenfelder Viadukts in Richtung Geismar. Zwischen dem Entenberg-Tunnel und dem Lengenfelder Viadukt geht es steil bergab. Während der Entenberg-Tunnel bei km 28,2 noch etwa auf einer Höhe von 303 Metern liegt, befindet sich der Lengenfelder Viadukt bei km 30,55 bereits nur noch auf 280 Metern Höhe über NN, das bedeutet auf eine Strecke von lediglich 2,35 km einen Höhenunterschied von immerhin etwa 23 Metern. Vom Entenberg her haben wir nun freie Fahrt bis zum Bahnübergang am Schloss Bischofstein bei km 29,264, dem bereits bei km 29,476 der nächste Übergang folgt. Sie liegen beide in der Lengenfelder Flur, wobei sich am zweiten Übergang, der an einem Weg in Richtung Effelder lag, auch ein Postengebäude befand. Beide Übergänge waren ursprünglich mit Schranken versehen, die nach 1921 während der Umstellung auf Nebenbahnbetrieb abgebaut wurden. Beim Übergang km 29,476 kann man noch einen Rest von der Grundmauer des Postengebäudes ausmachen. Da zwischen den beiden Bahnübergängen lediglich 212 Meter Entfernung besteht, wäre es denkbar, dass beide Übergänge vom selben Schrankenposten bedient worden waren, denn sie liegen in Sichtweite zueinander.
Bei Schloss Bischofstein gab es zu DDR-Zeiten hinter dem Bahnübergang in talseitiger Richtung eine Bedarfshaltestelle für die dort an- und abreisenden FDGB-Urlauber, denn das Schloss war in diesen Jahren Urlauberheim für linientreue Parteimitglieder der SED und deren Ableger und durch die Grenznähe des Schlosses gehörte die Gegend um Lengenfeld unterm Stein auch mit zum Sperrgebiet. Damit die Urlauber keine weiteren Anfahrtswege zum Urlaubsort hatten, denn wegen der Grenznähe hatte der DDR-Staat doch Angst, eins seiner Schäfchen könnte sich in den Westen verirren, wurde diese Bedarfshaltestelle eingerichtet.
Etwa auf halbem Weg zum Lengenfelder Viadukt entgleiste am 30. Mai 1942 um etwa 15.05 Uhr die Lok des Personenzuges 1336 bei km 29,6 kurz vor der Bahnunterführung mit der Straße, die Lengenfeld mit Effelder verbindet. Die Lok fuhr den Hang hinab und kippte an dessen Fuß zur Seite, der Tender und der erste Waggon wurden mitgezogen und standen den Hang abwärts, die restlichen Waggons entgleisten und kamen auf dem Gleisbett zum Stehen. Bei dem Unfall gab es mehrere Verletzte. Die Unfallursache konnte schnell ermittelt werden, Steine unterschiedlicher Härtegrade lagen noch auf den Schienen. Die Verursacher wurden gefunden, es handelte sich hierbei um Schüler der Internats-Schule Schloss Bischofstein, die einen Härtetest des Gesteins vorgenommen hatten. Es kam zwar zu einer polizeilichen Strafverfolgung, es soll jedoch zu keinen ernsthaften Strafen gekommen sein, denn es soll sich bei den Tätern um Sprösslinge von hohen Offizieren und Nazi-Bonzen gehandelt haben. Die Lok und der Tender wurden schließlich mit einem Spezial-Schienenkran geborgen, wobei sich viele Schaulustige einfanden, denn so etwas war in diesen Jahren für einen kleinen Eichsfeld-Ort eine Weltsensation.
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Autor: Hermann Josef Friske
Vom Lengenfelder Viadukt bis zum Bahnhof Lengenfeld unterm Stein
Nach dem 31. Dezember 1992 wurde es ruhig um den Lengenfelder Viadukt. Die Brücke wurde aus Sicherheitsgründen von beiden Seiten verschlossen, damit niemand das Bauwerk betreten konnte. Erst nach dem Jahr 2003 tat sich wieder etwas mit der Brücke.
Die Holzbohlen des Fußweges über die Brücke wurden mit Hilfe der Deutschen Bahn AG und des Kanonenbahnvereins von freiwilligen Helfern erneuert sowie ein Sicherheitsgitter vor das alte, baufällige Brückengeländer gesetzt. Zu besonderen Anlässen wie z. B. dem Tag des offenen Denkmals oder einem der Brückenfeste, die vom Lengenfelder »Kanonenbahn-Verein« ausgerichtet werden, konnte nun die Brücke mit Fahrrad-Draisinen befahren werden. Inzwischen rollen die Draisinen in den Sommermonaten täglich über den Viadukt. Die Distanz, die insgesamt mit diesen Gefährten zurückgelegt werden kann, reicht derzeit vom Küllstedter Bahnhof bis zum Bahnhof Geismar bei km 33,5. Inzwischen wurde auch der restliche Abschnitt zwischen Küllstedt und dem Bahnhof Dingelstädt frei geschnitten und wird bereits zu besonderen Anlässen befahren. Der Knackpunkt ist noch die Ausfallstraße von Dingelstädt nach Leinefelde, wo sich ein Bahnübergang befindet. Die Sicherung des Überganges ist derzeit im Bau, damit Draisinen auch bis zum dortigen Bahnhof gelangen können.
Wir verlassen jetzt den Lengenfelder Viadukt bei km 30,8 und treffen bei km 30,85 auf einen Streckenposten, der einst einen Teil des ersten Haltepunkts Lengenfeld unterm Stein bildete und eigentlich im Jahre 1882 dafür errichtet wurde, damit Baumaterial für den Neubau der katholischen Kirche in Lengenfeld während der Bauzeit 1882/1883 kurz hinter dem Viadukt entladen werden konnte. Dieser erste Haltepunkt wurde am 1. Mai 1888 seiner Bestimmung übergeben, somit besaß Lengenfeld einen Zugang zur Außenwelt per Bahn. Dieser Haltepunkt jedoch reichte für das Verkehrsaufkommen nicht mehr lange aus, und da das Gelände am Viadukt für einen Bahnhofs-Neubau nicht geeignet war, erhielt der Ort Lengenfeld seinen neuen Bahnhof im Anschluss an einen etwa 200 Meter langen Einschnitt bei km 31,35. Dieser Bahnhof wurde am 16. Dezember 1908 eröffnet und besaß jetzt auch eine Güterabfertigung mit verschiedenen Verladegleisen und war einst ein Bahnhof 4. Klasse. Das neue Bahnhofsgebäude steht in einer Höhe von 276 Meter über NN. Im Jahre 1959 wurde der Bahnhof Lengenfeld unterm Stein, wie er korrekterweise heißt, dem Bahnhof Geismar unterstellt.
Auch einen Betriebsunfall gab es einstmals hier in Lengenfeld. Mitte Mai 1979 machten sich vier mit fertig vormontierten, neuen Gleisjochen beladene Plattenwagen, die im Bahnhofsbereich abgestellt standen, selbständig und rollten die abschüssige Strecke hinab bis hinter den Prellbock im Bereich des Bahnhofs Geismar. Hier zerschmetterten die Waggons den bei km 35 hinter dem Bahnhof Geismar liegenden Prellbock am derzeitigen Streckenende, wurden durch das Nichtvorhandensein von Gleisen abrupt gebremst, bohrten sich dort in die Erde hinein und türmten sich übereinander auf. Die Waggons wurden dabei restlos zerstört.
Bei der Abschiedsfahrt am 31. Dezember 1992 bekam der Zug hier in Lengenfeld seine gut halbstündige Verspätung, da hier am Bahnhof noch eine letzte Protestaktion gegen die Stilllegung der Strecke stattfand. Es wurden eine Baustellen-Absperrung, eine Warnbake mit Blinklicht, eine Betonschwelle und mehrere Transparente über das Gleis gelegt. Aber auch dieser letzte Protest konnte nichts mehr bewirken, die Strecke wurde planmäßig stillgelegt, obwohl es auch Überlegungen gegeben hatte, die Strecke bis vor den Viadukt zu verkürzen.
Am 31. Dezember 1992 nahm auch Frau Margarethe Stude Abschied von ihrem Schalter am Bahnhof Lengenfeld, den sie seit 1976 die ganzen Jahre über bis zum bitteren Ende der Strecke bedient hat, vier Stunden morgens und vier Stunden am späten Nachmittag. Zusammen mit ihrem Mann hatte sie in den Jahren ihrer Dienstzeit aus dem Bahnhof ein Schmuckstück gemacht, das Gebäude gestrichen, den Bahnsteig in Schuss gehalten und sogar Geranien am Bahndamm gepflanzt. Das ist nun lange vorbei, das Bahnhofsgebäude wurde inzwischen an den Kanonenbahnverein verkauft, der das Gebäude inzwischen saniert und im Inneren seinen Bedürfnissen angepasst hat.
Der Bahnhof Lengenfeld wurde nach der Beendigung des Güterverkehrs zwischen Dingelstädt und Geismar zum 31. August 1969 in den heutigen Zustand versetzt und alle Gütergleise abgebaut. Zum Glück hat man das Überholgleis liegen gelassen, denn dieses zweite Gleis ist der wohl letzte Überrest der Ur-Strecke und besitzt noch das alte preußische Gleisprofil. Die Schienen stammen aus den Jahren 1902 + 1904, wurden im Stahlwerk Düdelingen im Großherzogtum Luxemburg produziert, dem Eisenhütten-Aktienverein-Düdelingen von der Saarstahl-AG in Burbach, in einem Betrieb, der damals zur Saarstahl-AG gehörte. Die Gleise dieses zweiten Gleises sind nicht geschweißt, sondern zusammengeschraubt. Nur der Übergang zum heutigen Gleisprofil ist geschweißt. Da die Gleise aus den Jahren 1902 + 1904 stammen, ist daraus zu entnehmen, dass sie bereits in jenem Jahr, spätestens aber im Jahre 1905, ausgewechselt wurden, denn die ersten Gleise wurden bekanntlich im Jahre 1880 verlegt und das zweite Gleis erst zwischen 1906 und 1907. Auf diesem alten Gleis stehen die Fahrrad-Draisinen des Kanonenbahn-Vereins unter Verschluss und warten darauf, von unternehmungslustigen Menschen über die Gleise geschickt zu werden.
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Autor: Hermann Josef Friske
Von Geismar bis zum Frieda-Viadukt
Der Bahnhofsbereich von Geismar wird gleich zu Beginn von einem Bach unterquert, der natürlich auch das dazugehörige Bauwerk beansprucht, deren Gewölbe-Schlusssteine auf beiden Seiten mit bildlichen Darstellungen von Fabelwesen versehen wurden. Nur wenige Meter weiter am Anfang des Bahnhofsgeländes macht das Streckengleis einen kleinen Schlenker. Das ist die Stelle, an der sich früher die Gleise verzweigten.
Das Stationsschild des Bahnhofs war nach der Stilllegung der Strecke für einige Jahre verschwunden, ist aber inzwischen wieder aufgetaucht. Der Aufgang vom Ort zum Bahnhof unweit einer Wegeunterführung mit der Jahreszahl 1878 im Schlussstein existiert noch bis in die Gegenwart. Die Nebengebäude des Bahnhofsensembles sind ebenfalls noch erhalten und werden noch bewohnt.
In Geismar gab es auch eine Bahnhofsgaststätte, die aber in einem separaten Gebäude untergebracht war und die schon seit Beginn des Bahnbetriebes von einer Familie Gorslar betrieben wurde und seitdem über all die Jahre im Familienbesitz geblieben war. Das Ende der DDR hat die Gaststätte nicht mehr erlebt, da sich die Gaststätte, die im Sperrgebiet lag, nicht mehr rentierte und daher am 31. Dezember 1988 geschlossen wurde.
Nur wenige Meter hinter den Bahnhofsgebäuden befindet sich bei km 34,9 der Prellbock, die Strecke ist hier heute zu Ende. Dahinter sind die Gleise nach 1945, wahrscheinlich im Sommer 1947, bis zur Demarkationslinie bei km 37,8 abgebaut worden. Die Gleise wurden entfernt, weil die damalige Ostzone hohe Reparations-Leistungen nach Russland leisten musste, auch in Form von Loks, Waggons und Gleisen. Dadurch waren dort in der Wiederaufbauphase die Gleise knapp geworden, denn eigene Stahlwerke besaß die Ostzone nicht und so wurden alle nicht mehr benötigten Gleise, insbesondere in Grenznähe zu den Westzonen, herausgerissen, auch die der Kanonen- und der Heiligenstädter Bahn. Das allgemeine Sicherheitsbedürfnis der russischen Besatzer spielte hierbei ebenfalls eine Rolle, denn Teile der Bevölkerung in der Ostzone versuchten bereits damals, diese lästige Obrigkeit loszuwerden und man wechselte die Besatzungs-Zone zum Teil mit dem kompletten Hausstand.
Hinter dem Prellbock verläuft auf der Trasse heute ein Feldweg. Dieser Feldweg überquert zwei Weg-Unterführungen. Die erste hat mit ihren 50 Metern eine recht beachtliche Länge, außerdem beginnt von hier aus linkerhand der Aufgang vom Ort zum Bahnhof Geismar. Die zweite ist stark ansteigend, liegt am Kreuzweg zum Hülfensberg und besitzt ein abgestuftes Gewölbe und eine starke Stützmauer. Nach etwa 400 Metern treffen wir auf ein heute noch bewohntes ehemaliges Wohnhaus eines Streckenpostens, in dem sich auch ein Stellwerk befunden haben soll. Etwa bei km 35,5, direkt oberhalb des Haltepunkts Großtöpfer von der Heiligenstadt-Schwebdaer Bahnlinie, befindet sich noch ein Kilometerstein, auf dem aber das Blechschild der Kilometerangabe abmontiert wurden. Wenige Meter danach verlässt der Feldweg die Trasse, die hier für etwa 500 Meter Opfer der Grenzsicherungsanlagen wurde, denn man hat längs der Trasse einen etwa 80 cm tiefen und 1 Meter breiten Graben gezogen und den Aushub einfach daneben liegen gelassen. Oberhalb des Ortes Großtöpfer befindet sich noch eine Wegunterführung, die sich heute in einem sehr schlechten Zustand befindet. Das Gewölbe zeigt starke Rissbildung, die wahrscheinlich von einer Dammrutschung herrührt. Etwa bei km 37 wurde der Bahndamm ein erstes Mal unterbrochen, wahrscheinlich gab es hier auch einmal eine Wegunterführung, die ebenfalls ein Opfer der Grenzsicherung wurde, denn der dazugehörige separate Wasserdurchlass ist noch vorhanden. Bis zur ehemaligen Demarkationslinie ist die Trasse noch vollständig erhalten, auch die Doppel-Unterführung der Kanonenbahn und der Heiligenstädter Bahnlinie ist noch in vollem Umfang erhalten, da diese Bahn nach wenigen Metern auf die Kanonenbahn trifft. Unmittelbar über der Doppel-Unterführung stand auf der Kanonenbahntrasse bis kurz nach der Wende ein Wachturm der DDR-Grenztruppen. Unmittelbar hinter der Doppel-Unterführung ist die Trasse ein zweites Mal unterbrochen worden, denn hier, bei km 37,86, befand sich seit 1945 bis zur Wende die Demarkationslinie, die in einer Höhe von ungefähr 211 Meter über NN die Kanonenbahn kreuzte. Hinter der Grenze lagen die Gleise noch bis in die 80er Jahre und sind erst wenige Jahre vor der Wende entfernt worden. Die Abzweigstelle Frieda befand sich etwa bei km 38,6, die beim Bau der Heiligenstadt-Schwebdaer Eisenbahn am 12. Mai 1914 eingerichtet wurde, aber bereits im Jahre 1919 beim Rückbau des zweiten Streckengleises zwischen der Abzweigstelle und Geismar stillgelegt wurde, denn die Züge nach Heiligenstadt befuhren die Strecke jetzt ab Schwebda jeweils auf einem eigenen Gleis, dem ehemaligen zweiten Kanonenbahn-Gleis. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde der Abzweig reaktiviert, da der Frieda-Viadukt seit dieser Zeit nur noch eingleisig befahren wurde. Das zweite Gleis im Frieda-Tunnel benötigte man als Schutz-Vorrichtung, um bei Gefahr komplette Züge bei Beschuss oder Bombenangriffen in den Tunnel fahren zu können. Meistens aber befand sich seit 1944 im oder auch hinter dem Tunnel der Sonderzug des Reichsbahn-Chefs Julius Dorpmüller, der bei Fliegerangriffen dann in den Tunnel gefahren wurde, da Teile der Reichsbahnverwaltung wegen der ständigen Luftangriffe auf die Reichshauptstadt Berlin in ein Barackenlager im Kellaer Tal ausgelagert war.
Am 3. April 1945 wurde das Stellwerk endgültig stillgelegt, da der Abzweig durch die Sprengung der Frieda-Brücke am gleichen Tag jegliche Funktion verloren hatte. Das Gebäude des Stellwerks ist erhalten geblieben, wurde aber privatisiert.
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Autor: Hermann Josef Friske
Geschichtliches über den Streckentorso Eschwege - Frieda-Viadukt
Heute beschäftigen wir uns mit dem Streckentorso zwischen dem Bahnhof Eschwege in Richtung Osten bis zum Frieda-Viadukt. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs war der Weg nach Osten durch die Sprengung des Frieda-Viadukts und der Werrabrücke bei Eschwege versperrt. Obwohl die amerikanische Besatzungsmacht für die Werrabrücke zunächst keine Baugenehmigung gab, wurde nach Abzweigung von 10.000,- RM aus der Flussbereinigung die Genehmigung zum Neubau erteilt. Die Eschweger Baufirma G. Ch. Bödicker übernahm weitgehendst die Räumungs- und Betonierungsarbeiten. Die Stahlarbeiten wurden noch von der Brückenbau-Firma Gollnow u. Sohn in Stettin, heute in Polen, ausgeführt. Der Brückenbauzug dieser Firma wurde mit einer Kleinlok, die bei Kriegsende im Bahnhof Grebendorf oder in Treffurt stehen geblieben war und nach der Sprengung der Werrabrücke nicht mehr zurückgeholt werden konnte, vom Bahnhof Mühlhausen/Thüringen über Treffurt zum Bahnhof Grebendorf gefahren. Im Herbst 1946 war es dann soweit. Die Eschweger Werrabrücke war wieder fertig gestellt, somit konnten die Züge auf der Kanonenbahn nach Osten wieder bis zum Bahnhof Schwebda (und weiter nach Wanfried und Treffurt) fahren. In Eschwege wurden das im Krieg zerstörte Betriebswerk sowie die Gleisanlagen wieder notdürftig aufgebaut. Daran beteiligt waren die Baufirmen Götting und Hämmerling sowie die Dachdeckerfirma Greiner aus Eschwege. Ihnen zur Seite stand eine Bahnmeisterrotte sowie bautechnisch vorgebildete Arbeiter und Beamte der Reichsbahn. Das Baumaterial hierzu wurde auf abenteuerlichen Wegen aus Goslar und Lauterbach beschafft.
Die Züge fuhren bis ins Jahr 1948 von Eschwege über Schwebda auch noch nach Treffurt und bis zum 25. Oktober 1966 bis Heldra, danach nur noch bis Wanfried.
Der Frieda-Tunnel kam in den Jahren von 1947 bis 1984 für 37 Jahre noch zu besonderen Ehren. Da der Tunnel durch die Grenzziehung für den Bahnbetrieb nutzlos geworden war und das ganze Jahr hindurch im Tunnel gleichbleibende Temperaturen herrschen, diente er in diesem Zeitraum als billige Klimakammer für wärmetechnische Versuche, die ansonsten im Versuchsamt des internationalen Eisenbahn-Verbandes in Wien hätten teuer bezahlt werden müssen. Die Versuchsobjekte brachte ein Prachtstück von Dampflok, die 18 323, eine badische D-Zug-Lok aus dem Jahre 1918 / 20, beheimatet im Betriebsamt Minden, nach Eschwege. Sie hat gelegentlich den Messzug aus Minden bis zum Frieda-Tunnel gefahren. Die Versuchsstation Frieda-Tunnel wurde 1984 aufgelöst, weil sich der Frieda-Tunnel als baufällig erwies. Eine Reparatur hätte über 100.000,- DM verschlungen. Der Tunnel wurde 1989 kurz vor der Wende verfüllt und die Gleise vom Bahnhof Schwebda bis zur Demarkationslinie abgebaut. Nur die Tunnelportale sind erhalten geblieben, wurden sogar restauriert. Formell wurde der Streckenabschnitt Schwebda-Geismar ungefähr 1990 / 1991 stillgelegt (Wanfried).
Die letzte Dampflok auf der Strecke nach Wanfried fuhr zum Fahrplanwechsel am 2. Juni 1973. Das endgültige Aus für den dortigen Personenverkehr kam am 30. Mai 1981 mit dem letzten Triebwagen. Am 26. Mai 1984 befuhr nochmals ein Triebwagen-Sonderzug von Eisenbahnfreunden die Strecke bis zum Bahnhof Großburschla. Am 11. und 12. Juni 1994 erwachte die Strecke letztmalig aus ihrem Dornröschenschlaf. Das Wochenende mit einem Nostalgie-Dampfzug, gezogen von der Güterzug-Dampflok 50 3606-6 aus dem Jahre 1942, ließ den Streckenabschnitt von Eschwege über Schwebda nach Wanfried noch einmal aufleben und alte Erinnerungen wach werden. Der eher dürftige Güterverkehr, zuletzt nur noch etwa 65 Waggons im Jahr, wurde am 30. Mai 1995 mit dem letzten Güterzug von Schwebda nach Eschwege eingestellt. Der Zug bestand aus einigen Waggons der Eisenbahnfreunde Wanfried, die von nun an ihr Domizil in Walburg aufschlugen. Die endgültige Stilllegung der Strecke erfolgte am 31. Dezember 1995. Der Rückbau des Kanonenbahn-Teilstücks von Eschwege über Schwebda nach Wanfried begann im Sommer 1998 und war im Jahre 2002 endgültig abgeschlossen. Es gibt aber auch heute noch etliche Relikte von der Kanonenbahn auf der Trasse, so dass der Streckenverlauf immer noch sehr gut nachvollzogen werden kann. Eine Wanderung entlang der Trasse ist daher für Eisenbahn-Freunde sehr zu empfehlen.
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Autor: Hermann Josef Friske
Teil 2:
Die Kanonenbahn bis 1945
Da die Züge in Leinefelde Kopf machen mussten, das heißt, die Zugmaschine umspannen, fuhren kaum Durchgangszüge auf dem Streckenabschnitt Leinefelde-Treysa.
Strategisch wurde die Strecke ihrem Namen auch nie gerecht, weil Militärtransporte hier nur selten verkehrten und, abgesehen von wenigen Militärzügen in Friedenszeiten und unbedeutenden Militärtransporten im Ersten und Zweiten Weltkrieg, der Verkehr auf dem Teilstück sich auf den regionalen Personen- und Güterverkehr zwischen Leinefelde und Treysa beschränkte.
Nach dem Ersten Weltkrieg erfolgte in den Jahren 1919 und 1920 die Demontage des zweiten Gleises sowie aller Ausfahrts-Signale und der Drehscheibe in Küllstedt unter der Oberaufsicht von französischen Soldaten. Wenig später wurde auf der Strecke der Nebenbahn-Betrieb eingeführt mit 40 km/h bei Reisezügen und 30 km/h bei Güterzügen.
An der Fahrgeschwindigkeit änderte sich aber hierbei nicht viel. Die Züge fuhren vorher auch nicht schneller und, wie der Fahrplan verschiedener Jahre beweist, verminderte sich die Fahrzeit nach der Umstellung auf Nebenbahn-Betrieb sogar noch.
Das langsame Sterben der Berlin-Coblenzer Eisenbahn begann am Ende des 2. Weltkriegs im Jahre 1945:
22. Februar 1945, mittags: Bombenangriff durch amerikanische Bomber auf den Eschweger Bahnhof. 44 Personen starben, davon 21 Eschweger, die meisten Bahngebäude, Lokschuppen usw., die Häuser der Eisenbahn-Straße, 60 % der Gleis-Anlagen sowie ein Güterzug mit 40 Achsen wurden zerstört und weitere 100 Güterwagen schwer beschädigt. Nach 24 Stunden war die Strecke nach Niederhone wieder befahrbar, dank über 600 Helfern, die die gröbsten Trümmer beseitigten. Einige der Opfer wurden am 25. Februar 1945 auf dem Ehrenfriedhof in Eschwege zur letzten Ruhe gebettet.
31. März 1945, nachmittags um 16.55 Uhr: Der Bahnhof von Waldkappel existiert nicht mehr. Ein Munitionszug mit V 1-Zündern wurde durch amerikanische Jagdbomber in die Luft gesprengt. 17 Personen starben, 138 Häuser in Waldkappel versanken in Schutt und Asche. Ein detaillierter Bericht über den Angriff folgt in der Beschreibung der Geschichte des Bahnhofs Waldkappel.
3. April 1945: Ein schicksalsschwerer Tag für die Kanonenbahn. Sprengung des Frieda-Viadukts durch Verbände der Deutschen Wehrmacht. Somit war die Kanonenbahn für alle Zeiten unterbrochen. Es gab nach dem Kriege Überlegungen, das zerstörte Frieda-Viadukt wieder aufzubauen und in Geismar einen Grenzübergang zu errichten. Daraus wurde aber nichts, denn die Strecke erlaubte nur geringe Höchstgeschwindigkeiten, auch die Sanierungs- und Wiederaufbaukosten wären zu hoch gewesen.
Auch am 3. April 1945: Sprengung der Eschweger Werrabrücke um 6 Uhr. Vorher fuhr der letzte durchgehende Zug morgens von Eschwege nach Leinefelde.
6. April 1945: Die Sprengung des Lengenfelder Viadukts war durch Wehrmachtsangehörige bereits vorbereitet, doch durch die Initiative von Bürgermeister Franz Müller und des Hauptmanns einer Gefangenen-Bewachungsmannschaft konnte die Sprengung verhindert werden, denn diese hätte fatale Folgen für den Ort gehabt, da sich unter der Brücke viele bewohnte Gebäude befinden. So ist wenigstens dieses prächtige Bauwerk der Nachwelt im Original-Zustand erhalten geblieben.
Auch am 6. April 1945, 5 Uhr früh: Sinnlose Sprengung des Büttstedter Viadukts. Somit hörte die Kanonenbahn als Gesamtheit auf zu existieren.
Nachtrag: Die Gesamtstrecke zwischen Leinefelde und Treysa wurde bereits am 24. März 1945 ohne Feindeinwirkung unterbrochen, als an diesem Tage ein schwerer Güterzug in Richtung Treysa rollte. Aus ungeklärter Ursache rissen die letzten, schwer beladenen Waggons plötzlich ab und rollten die abschüssige Strecke hinab nach Malsfeld zurück. Hier versuchte man noch, die Weichen umzustellen, aber es war bereits zu spät.
Mit über 100 km/h Geschwindigkeit rollten die Waggons direkt auf die Fulda-Brücke. Hier sprang ein mit Langholz beladener Waggon aus dem Gleis und stellte sich quer. Die Wucht der nachfolgenden Waggons reichte aus, die Brücke zu zertrümmern und Teile davon mit in die Tiefe zu reißen.
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Autor: Hermann Josef Friske
Der Bahnhof Leinefelde
Aus Berlin kommend, benutzte die Kanonenbahn zunächst den neu gebauten und am 15. April 1879 eröffneten Streckenabschnitt von Berlin-Charlottenburg über Belzig nach Blankenheim mit einer Länge von 178,53 km. Lediglich das 3,1 km lange Teilstück zwischen Charlottenburg und Grunewald wurde erst am 1.6.1882 eröffnet. Zwischen Blankenheim und Leinefelde, etwa bei km 80, wurde die bereits im Jahre 1867 erbaute Trasse der Halle-Casseler Eisenbahn benutzt. Das Dorf Leinefelde, ein kleiner, aufstrebender Eichsfeld-Ort, der erst am 7. Oktober 1969 die Stadtrechte erhielt und bereits im Jahre 1867 rund 40 Industrielle aufwies, die sehr an der Eisenbahn interessiert waren, erhielt seinen Bahnhof bereits am 9. Juli 1869. Die Bewohner von Leinefelde sollen damals gesagt haben: "Jetzt kämmet der Teiwl, ich sitze mich dach nit in daen Zock, un waenn se mich nach mää verspraechn".
Durch die Eröffnung des Teilstücks Leinefelde-Mühlhausen der Leinefelde-Gothaer Eisenbahn am 3. Oktober 1870 wurde Leinefelde zum Abzweigbahnhof. Wegen der Kriegsereignisse des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 wurde auf jegliche Eröffnungs-Feierlichkeiten verzichtet. Diese Bahn führte man südlich parallel zur Halle-Casseler Bahn an einem separaten Bahnsteig mit einem Verbindungsgleis zur Hauptbahn. Die Bahn verließß den Bahnhof in östlicher Richtung, um nach wenigen Metern nach Süden in Richtung Gotha abzubiegen.
In den Jahren 1879/1880 wurde der Abschnitt Leinefelde-Silberhausen/Trennung (8,77 km) zweigleisig ausgebaut, um die Kanonenbahn über dieses Teilstück führen zu können. Die Eröffnung des Teilstücks zwischen Leinefelde und Eschwege erfolgte am 15. Mai 1880. Im Bahnhof Leinefelde wurde die Kanonenbahn, von Berlin kommend, an den Bahnsteig der Leinefelde-Gothaer Eisenbahn herangeführt, jedoch mit zwei eigenen Gleisen. Das Gleis 16 gehörte zur Strecke nach Gotha, Gleis 17 war Verkehrsgleis und Gleis 18 das Gleis der Kanonenbahn. Am Bahnsteigende wurden diese drei Gleise mit einer 16-Meter-Drehscheibe verbunden, die Loks mussten also Kopf machen, um über die Drehscheibe den Bahnhof wieder zu verlassen, während am anderen Zugende eine neue Lok angekuppelt wurde. Warum dieser umständliche Weg gewählt wurde und man auf eine direkte Verbindungskurve verzichtete, ist nicht bekannt. Vielleicht war der in dieser Zeit nur geringe Aktionsradius der Lokomotiven ausschlaggebend, vielleicht war es aber auch ein Zugeständnis der Staatsbahn an die Gothaer Zweigbahn und der gemeinsamen Nutzung der Trasse zwischen Leinefelde und Silberhausen-Trennung. Die Drehscheibe wurde nach der Stilllegung des Streckenabschnitts der Kanonenbahn zwischen Silberhausen und Geismar ausgebaut und auf dem Kopfbahnhof halten nur noch die Regionalzüge nach Gotha und Erfurt.
Ab 1. September 1897 wurde Leinefelde ein kleiner Bahn-Knotenpunkt. An diesem Tage wurde die letzte Etappe (zwischen Leinefelde und Duderstadt) der Nebenbahn Leinefelde-Wulften eröffnet. Sie mündete auf einem nördlich der Halle-Casseler Bahn gelegenen Bahnsteig in den Bahnhof ein. Auf dieser eingleisigen Strecke durften lediglich 50km/h Höchstgeschwindigkeit gefahren werden. Diese Nebenbahn wurde nach der Grenzziehung im Jahre 1945 auf DDR-Gebiet nur noch bis Teistungen betrieben und endete dort. Nach der Wende wurde diese Strecke am 10. Juli 2001 stillgelegt. Im 2. Weltkrieg wurde Leinefelde weitgehend von Bomben verschont, jedoch wurde der Bahnhof kurz vor Kriegsende am 1. April 1945 durch amerikanische Flugzeuge bombardiert. Dieser Angriff richtete jedoch nur geringen Schaden an. Am 10. April 1945 folgte die Besetzung von Ort und Bahnhof Leinefelde durch amerikanische Truppen und am 7. Juli 1945 rückten sowjetische Truppen ein, um fortan für über 40 Jahre die Fäden in der späteren "DDR" in der Hand zu halten.
Nach dem Verlassen des Bahnhofs Leinefelde in südlicher Richtung erreichen wir bei km 3,41 den Haltepunkt Birkungen (eröffnet 01. Oktober 1895). Dieser besteht aus einem erweiterten Schrankenposten-Gebäude, das in den 30er Jahren modernisiert wurde. Daneben steht noch der kleine Güterschuppen, der schon seit vielen Jahren eine andere Funktion besitzt. Nebengleise sind an diesem Haltepunkt nicht mehr vorhanden. Heute halten in Birkungen nur noch einige wenige Regional-Züge, alle anderen rauschen vorbei.
Weiter geht es am ehemaligen Schrankenposten 5 den Giersgraben hinauf in Richtung des ehemaligen Haltepunkts Silberhausen-Trennung bei km 8,22. Von hier aus zweigte die Kanonenbahn auf eigenen Gleisen in westlicher Richtung von der gemeinsamen Trasse ab und wurde mittels einer Brückenkonstruktion kreuzungsfrei über die Gothaer Bahn hinweggeführt. Diese Brücke wurde erst nach 1945, wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Rückbau der Strecke zwischen Geismar und der Grenze im Sommer 1947, abgebaut, da die Trennung seit dieser Zeit nur noch eingleisig befahren wurde und auch die Gothaer Bahn auf eingleisigen Betrieb zurückgebaut worden ist. Es gibt noch Zeitzeugen, die den Abriss des Überbaus beobachtet haben, aus dessen Steinen ein Eisenbahner-Wohnhaus gebaut werden sollte, die jedoch von der Stadt Dingelstädt zum Bau einer Straßenbrücke übernommen wurden. Personenzüge hielten am Haltepunkt Silberhausen-Trennung lediglich vom 1. Mai 1905 bis etwa ins Jahr 1940. Es gab sogar einen Bahnsteig mit Wartehaus und Abort am Abzweig.
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Autor: Hermann Josef Friske
Vom Haltepunkt Kefferhausen zum Bahnhof Küllstedt
In der Nähe vom Haltepunkt Kefferhausen muss es einmal eine Bahnschranke mit Wärterhäuschen (etwa bei km 12) gegeben haben, denn es ist belegt, dass am 4. Oktober 1910 zwei Ziegen des Schrankenwärters von einem Zug überfahren worden sind. Die Bahnbediensteten waren in dieser Zeit auf Viehhaltung angewiesen, denn der Verdienst war äußerst gering. Mein Großvater Paul Friske verdiente z. B. als Postbeamter im Jahre 1918 gerade mal 5 Mark in der Woche.
Ein "ruchloser Anschlag" war Anfang Oktober 1910 der Grund, dass der Frühzug kurz vor Kefferhausen einen außerplanmäßigen Halt einlegen musste. Auf den Schienen lagen große Steine, offenbar um den Zug zum Entgleisen zu bringen, aber durch die Wachsamkeit des Zugführers konnte dieses verhindert werden. War es nun wirklich ein Anschlag auf die Bahn oder vielmehr ein folgenschwerer Dummen-Jungen-Streich, der von einigen Halbwüchsigen ohne Bedacht auf die Folgen verübt wurde?
Bei km 12,68 erreichen wir in einer Höhe von 374,30 Meter über NN den Haltepunkt Kefferhausen, der am 15. Dezember 1903 eröffnet wurde, um den Pilgerstrom zur nur wenige Jahre davor erbauten Wallfahrtsstätte "Kerbscher Berg" bei Dingelstädt bewältigen zu können.
Der Haltepunkt wurde von den Fahrgästen so gut angenommen, dass ab 1. Juli 1914 auch der Stückgut-Verkehr in Kefferhausen abgefertigt wurde.
Nur wenige Meter hinter dem Haltepunkt Kefferhausen befindet sich der Unstrut-Viadukt bei km 12,8, der mit einer Höhe von 25,7 Meter und einer Länge von 52,86 Meter das größte Brückenbauwerk aus Stein im Streckenabschnitt zwischen Leinefelde und Treysa ist. Die 3 Gewölbeöffnungen besitzen eine Spannweite von je 13 Metern. Die Brückengewölbe wurden aus Sandstein, der Rest aus Kalkstein ausgeführt. Die Ansichtsflächen besitzen eine Größe von 754 m², das bedeutet bei Baukosten in Höhe von 192.000 Mark einen Quadratmeterpreis der Ansichtsfläche von 255 Mark. Das Mauerwerk besaß einen Kubikmeterpreis von 42,80 Mark und war somit das teuerste im Streckenabschnitt. Der hohe Preis kam durch die Errichtung der umfangreichen Stützmauern und die recht hohen örtlichen Materialpreise zustande.
Vom Haltepunkt Kefferhausen aus führte die Strecke für 5,22 km fast geradlinig mit nur geringer Steigung bis zum Bahnhof Küllstedt, der sich bei km 17,90 in 401,48 Meter über NN befindet. Auf diesem Abschnitt konnten die Loks einmal richtig aufdrehen. Der Bahnhof Küllstedt wurde am 15. Mai 1880, dem Tag der Streckeneröffnung, gemeinsam mit dem Streckenabschnitt Eschwege-Leinefelde seiner Bestimmung übergeben.
Bereits 1 Jahr nach ihrer Eröffnung hatte die Kanonenbahn im Jahre 1881 einige prominente Fahrgäste zu verzeichnen. Am 12. Mai überquerte Kaiser Wilhelm, der I, bei seiner Heimreise von Wiesbaden nach Potsdam auch den Kanonenbahn-Abschnitt über das Eichsfeld. Während eines kurzen Aufenthalts im Bahnhof Leinefelde, wahrscheinlich wegen eines Lok-Wechsels, wurde der Kaiser von vielen anwesenden Reisenden und auch von Einwohnern aus Leinefelde umjubelt, denn eine solche Sensation sprach sich wie ein Lauffeuer in Windeseile herum. Am 3. Oktober 1881 benutzten Kronprinz Wilhelm, der spätere Kaiser Wilhelm, der II, und seine Gemahlin, Prinzessin Auguste Viktoria, von Trier kommend, die Kanonenbahn zwischen Eschwege und Leinefelde. Nachdem im Jahre 1881 so viel Prominenz über den Kanonenbahn-Abschnitt des Eichsfeldes gefahren war, dürfte es nicht verwundern, dass 25 Jahre später, im Herbst 1906, auch noch das Kaiser-Manöver im Raum Küllstedt-Büttstedt stattgefunden hatte. Im Rahmen des Manövers wurde eine Artillerie-Einheit am Bahnhof Küllstedt entladen.
Im Jahre 1906 wurde mit dem Bau des 2. Gleises zumindest zwischen Küllstedt und Schwebda begonnen. Im Rahmen dieser Bauarbeiten erhielt der Bahnhof Küllstedt auch eine 16 m-Drehscheibe, die sich im Nordosten, kurz hinter der Einfahrt von Dingelstädt her, auf Gleis 4 befand. Leider wurde die Drehscheibe nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg in den Jahren 1919/1920 beim Rückbau der Strecke auf eingleisigen Betrieb wieder ausgebaut. Im Jahre 1915 wies der Bahnhof beachtliche 8 Gleise auf, da durch die vielen Tunnels in unmittelbarer Nähe des Öfteren Bauzüge hier Station machten und über Nacht hier abgestellt wurden. Nur das elektrische Licht ließ auf sich warten. Es wurde erst im Jahre 1937 auf dem gesamten Bahnhofsbereich eingebaut.
In der heißen Phase des 2. Weltkriegs, in den Jahren 1944 und 1945, wurde der Bahnhof Küllstedt mehrmals von amerikanischen Jagdbombern angegriffen. Diese richteten zum Glück keinen nennenswerten Schaden an. Standen vor dem Angriff Züge im Bahnhof, wurden sie rechtzeitig in den Küllstedter Tunnel gefahren.
Auch die wirtschaftliche Bedeutung des Bahnhofs Küllstedt war beachtlich. Er war der bedeutendste der vier Eichsfeld-Bahnhöfe. Bereits Anfang der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts, fast gleichzeitig mit der Eröffnung des Bahnhofs, erbaute Carl Müller (geb. am 7. Oktober 1858) die Gebäude und Lagerhallen für seinen Kolonialwaren-Großhandel, der durch seinen steigenden Umsatz auch an der Wirtschaftlichkeit des Bahnhofs stark beteiligt war. Leider verstarb Carl Müller viel zu früh im blühenden Alter von nur 48 Jahren am 23. November 1906. Außer dem Großhandels-Unternehmen bildete die Holzabfuhr das größte Kontingent auf dem Bahnhof Küllstedt. Ansonsten war der Bahnhof der Entladebahnhof für die Kohlenhandlungen in den umliegenden Orten.
Für die Dauer von 20 Jahren, von 1937 bis 1957, spielten die Flachsanlieferung an das ehemalige Zisterzienserinnen-Kloster Anrode und die Abfuhr der fertigen Wergballen ebenfalls eine wichtige Rolle auf dem Bahnhof Küllstedt. Der Abtransport von anderen Industrie-Gütern war eher gering, nur die Anfuhr von Halbfertigwaren spielte eine gewisse Rolle.
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Autor: Hermann Josef Friske
Vom Bahnhof Küllstedt zum Küllstedter Tunnel
Unmittelbar hinter dem Bahnhof Küllstedt wird die Strecke von der Bahnhofstraße überquert, die zwischen Küllstedt und Büttstedt im Jahre 1904/1905 gebaut wurde. Bei km 18,3 befindet sich die Wasserscheide zwischen Werra und Unstrut mit der höchsten Stelle der Kanonenbahn bei 401 Meter ü. NN. Von hier aus sind es nur noch wenige Meter bis zur Gießebrücke bei km 18,5. Sie überquert die heutige Landstraße nach Büttstedt und den Bach Gieße.
Die Brücke wurde ursprünglich als steinernes Viadukt erbaut, hatte eine Länge von 39,10 Meter und eine Höhe von 17,50 Meter. Sie teilt sich in eine Öffnung mit 11 Metern und zwei mit 9 Metern auf. Die Baukosten betrugen 77.990 Mark bei Ansichtsflächen in einer Größe von 381 m², das ergibt einen Quadratmeterpreis der Sichtflächen von 205 Mark. Die Brücke wurde in den letzten Kriegstagen am 6. April 1945 noch unsinnigerweise von der Deutschen Wehrmacht gesprengt, aber bereits im Juli/August 1945 wurde mit dem Wiederaufbau begonnen. Mit dem ging es zügig voran, so dass am 28. Dezember 1945 die Belastungsprobe stattfinden konnte und noch am 31. Dezember 1945 der erste Zug nach Geismar fahren konnte. Die Gießebrücke wurde zunächst nur als Notbrücke neu errichtet, die erst im Jahre 1982 gründlich saniert aber in der Bauweise von 1945 beibehalten wurde. Schade! Zwischen der Gießebrücke und dem Küllstedter Tunnel lag noch der Schrankenposten 10 im so genannten "Böddischen" bei km 19,2, der an der alten Straße von Küllstedt nach Effelder lag (heute nur noch ein Feldweg) und dessen Wohnhaus bis ins Jahr 1959 bewohnt war, danach noch als Getreidelager diente und wohl Ende der 60er Jahre abgerissen wurde. Von Posten 10 aus sind es nur noch etwa 300 m bis zum Küllstedter Tunnel bei km 19,476, der eine Länge von 1.530 Meter aufzuweisen hat und dessen Ende sich bei km 21,006 befindet. Mit dem Bau des Küllstedter Tunnels wurde am 3. Oktober 1876 begonnen, wobei zur Tunnelbohrung bereits Maschinen vom Typ Frauvors & Dubois eingesetzt wurden, jedoch mit mäßigem Erfolg. Es wurde mit diesen Maschinen lediglich eine minimale Bohrleistung erreicht, die zwischen 59 cm und 86 cm pro Tag lag. Dieses lag an der Beschaffenheit des Gebirges und war außerdem teurer als die Handbohrung, so dass bereits am 22. November 1876 wieder auf Handbohrung umgestellt wurde. Beim Vorantreiben des Tunnels traf man auf eine starke Wasserader, bei der man erst einen Seitenstollen graben musste, dessen Fugen mit Zement ausgegossen wurden, um das Wasser abzuführen und das Tunnelgewölbe an der betroffenen Stelle auch nochmals mit einem besonderen Zementguss versehen wurde. Der getrocknete Seitentunnel wurde anschließend mit Steinen gut voll gestopft. Zusätzlich wurden weitere Stollen entlang der Widerlager zwecks besseren Wasserabfluss vorgetrieben. Dass diese Maßnahmen jedoch immer noch nicht ausreichten, sollte sich bereits wenige Jahre später herausstellen, da die Tunnelbau-Technik im Jahre 1878 noch nicht so weit fort geschritten war, dass man alle Tricks beherrschte, um drohenden Wasser- und Gewölbe-Einbrüchen Herr zu werden. Im Tunnel herrscht ein Nord-Süd-Gefälle von 1 : 112 bei einer mittleren Höhenlage von 384,50 m über NN. Der Tunnel besitzt die Form einer S-Kurve mit einem 975 Meter langen geraden Mittelstück. Die Widerlager des Tunnels bestehen aus Kalkstein, das Tunnelgewölbe selbst hingegen aus Buntsandstein. Da man den Küllstedter-Tunnel von zwei Seiten aus vorgetrieben hat und die Messtechnik noch nicht so ausgefeilt war wie heute, befindet sich in der Mitte des Tunnels ein Absatz von etwa 30 cm, da sich die beiden Tunnelhälften doch nicht so exakt dort getroffen haben, wo es eigentlich geplant war. Der Küllstedter Tunnel verschlang die höchsten Baukosten aller Tunnel im Streckenabschnitt zwischen Leinefelde und Treysa und kostete mit seiner Länge von 1.530 Meter die stolze Summe von 2.642.000 Mark, wovon auf die Portale der Betrag von 22.000 Mark fiel, das bedeutet einen Preis für den laufenden Meter von 1726,80 Mark. Das Südportal krönte die Aufschrift: "Begonnen 1876" und am Nordportal befand sich der Text: "Vollendet 1879". Von den Worten ist heute an den Portalen nichts mehr zu finden, nur noch die beiden Jahreszahlen krönen die Portale.
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Autor: Hermann Josef Friske
Vom Mühlenberg II-Tunnel zum Haltepunkt Großbartloff
Bei einem Abschreiten der Strecke im Rottenbachtal fand der Autor bei km 4,7, nur wenige Meter hinter dem Westportal des Mühlenberg-II-Tunnels, auf der rechten Seite die Grundmauern eines etwa 10 Meter x 4 Meter großen Gebäudes, welches die Reste des ersten Haltepunkts Großbartloff, eröffnet am 1. Dezember 1894, sein könnten. Das machte Sinn, denn hier gibt es eine Weg-Unterführung und einen direkten Weg nach Großbartloff. Außerdem ist es die einzige Stelle im Rottenbachtal, an der sich neben den Gleisen ausreichend Platz für ein Wartehaus bzw. ein Streckenhaus befindet. Selbst laut einer alten Großbartloffer Chronik befand sich der erste Großbartloffer Haltepunkt an dieser Stelle. Die Großbartloffer sollen, solange ihr alter Haltepunkt bestand, stets Angst gehabt haben, ihre Station würde durch die nur geringe Entfernung zum Haltepunkt Effelder geschlossen. Im Bereich des Rottenbachtals soll es auch noch Reste von Unterständen der Tunnelwache aus dem 1. Weltkrieg geben. Direkt hinter dem Westportal des Tunnels kam es am 4. September 1937 zu einem schweren Eisenbahnunglück, als die Lok 57 1827, stationiert im BW Eschwege, mit einem von Leinefelde herkommenden Personenzug durch eine Dammabsenkung vor dem Tunnelmund um 15.20 Uhr entgleiste. Die Lok stürzte nach links um, der Packwagen wurde durch die Wucht der nachfolgenden Personenwagen völlig zertrümmert, während diese sich quer stellten und teilweise umstürzten. Bei dem Unglück gab es einen Schwer- und drei Leichtverletzte.
Die Strecke verliert jetzt immer mehr an Höhe. Der nun folgende Heiligenberg-Tunnel liegt in seiner mittleren Höhenlage nur noch 329 Meterüber NN. Wenige Meter vor dem Tunnel rauscht noch ein ziemlich hoher Wasserfall und bei der Wegüberquerung am km 25,24 liegt der im Jahre 1921 auf unbeschrankten Betrieb umgebaute Bahnübergang. Der Tunnel besteht aus einer einzigen Krümmung, hat eine Länge von nur 198 Meter und wurde in den Jahren 1878 bis 1879 erbaut. Das Gefälle beträgt im Inneren des Tunnels nur noch 1 : 96 und die Deckschicht besitzt lediglich eine Stärke von 10 bis 12 Meter. Ein Einschnitt wäre hier wahrscheinlich billiger gewesen, aber infolge des lockeren und stetig nachrutschenden Gesteins entschied man sich hier für den Bau eines Tunnels. Dieser beginnt bei km 25,533 und endet bei km 25,731. Der Tunnel war verhältnismäßig teuer, er kostete 322.000 Mark, von denen rund 7,5 % der Baukosten allein auf die Portale fielen, nämlich 24.000 Mark, das bedeutet einen Preis von 1.626,26 Mark für den laufenden Meter Tunnel im Gegensatz zum Mühlenberg-II-Tunnel, dort kostete der laufende Meter Tunnel lediglich 1.341,11 Mark. Die unverhältnismäßigen Baukosten für die Portale wurden durch fortwährende Rutschungen am Tunnelmund verursacht. Die ersten Instandsetzungsarbeiten am Tunnel begannen auch hier schon wenige Jahre nach der Eröffnung der Strecke.
Nur etwa 120 Meter hinter dem Heiligenberg-Tunnel erreichen wir bei km 25,85 den in einer Höhe von 328,70 Meter über NN liegenden Haltepunkt Großbartloff. Er besteht bereits, wenn auch ursprünglich an anderer Stelle im Rottenbachtal, wahrscheinlich bei km 24,7 direkt hinter dem Mühlenberg-II-Tunnel gelegen, seit dem 1. Dezember 1894 und wurde per 20. Mai 1902 an die jetzige Lage am talseitigen Ende des Heiligenberg-Tunnels verlegt. Das Gebäude zeigt sich noch in einem guten Zustand, ist heute privatisiert und fungiert als Wochenendhaus. Sogar das Schild "Großbartloff" erinnert noch an die ehemalige Funktion des Gebäudes, auch wenn es vermutlich nicht mehr das Original ist. Das Toilettenhaus dient heute, wenn auch in der Höhe etwas gestutzt, als Garage. Der Haltepunkt befindet sich etwa einen Kilometer oberhalb des Ortes Großbartloff. Unmittelbar hinter dem Haltepunkt in Richtung Lengenfeld unterm Stein existiert noch ein unbeschrankter Bahnübergang. An dieser Stelle möchte ich über die Entgleisung einer Diesellok berichten, die sich 1 Jahr vor der Wende, am 2. November 1988, ereignete. Der Frühzug Nr 18561 in Richtung Geismar entgleiste durch einen infolge längeren Eisregens umgestürzten und quer zu den Gleisen liegenden Baumstamm oberhalb des Campingplatzes Luttergrund. Da nur die Lok entgleiste und die Waggons in den Gleisen blieben, wurde der einzige Fahrgast des Zuges, und das zu DDR-Zeiten, auch nicht verletzt. Dieser machte sich anschließend die paar Kilometer bis zu seinem Reiseziel Großbartloff zu Fuß auf die Socken, das waren immerhin etwa 3 km, und das im November. Die Lok wurde nach dem Unfall mit Seilwinden wieder auf die Gleise gesetzt. Im Ort selbst hat man im Januar 2006 in der ehemaligen Schule ein kleines Kanonenbahn-Museum eröffnet, in dem ein kurzes Stück der Strecke als Modellbahn in der Spur 1 nachgebaut wurde. Außerdem konnte man eine visuelle Bahnfahrt von Eschwege nach Leinefelde erleben sowie eine reichhaltige Auswahl an historischen Fotos bewundern. Inzwischen wurde das Museum nach Lengenfeld verlegt.
Zwischen dem Haltepunkt Großbartloff und dem bei km 27,931 folgenden Entenberg-Tunnel führt die Strecke an mehreren Stützmauern vorbei mit kurvigem Verlauf weiterhin am Hang entlang stets bergab.
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Autor: Hermann Josef Friske
Der Entenberg-Tunnel
Vom Haltepunkt Großbartloff aus führt die Strecke in reichlichen Windungen immer am Hang entlang hinab bis zum 5. Tunnel, den Entenberg-Tunnel. Zunächst aber treffen wir zwischen km 26,3 und km 26,55 an der dem Berghang zugewandten Seite eine 250 Meter lange Stützmauer an, die verhindern soll, dass der Berghang auf die Gleise rutscht.
Bei km 27,3, vor dem Eintritt der Strecke in einen etwa 300 Meter langen Grabeneinschnitt, in dem die Felsen an beiden Seiten der Strecke bis zu einer Höhe von etwa 30 Metern emporragen und beim Bau mit Sicherheit nicht nur mit Hacke und Schaufel, sondern auch mit Sprengstoff gearbeitet wurde, finden wir an der dem Tal zugewandten Seite die Überreste eines Gebäudes, das ein Streckenposten gewesen sein könnte. Das würde Sinn machen, denn hier fallen jedes Jahr eine große Anzahl Felsbrocken vor allem auf das ehemalige Gleis für die Bergfahrt.
Nach dem Einschnitt folgt nochmals eine nur etwa 20 Meter lange Stützmauer, dann sehen wir schon bei km 27,8 den nächsten Bahnübergang, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob dieser bis 1921 nicht auch mit einem Schrankenposten versehen war, denn ein geebneter Platz links hinter dem Bahnübergang in Richtung Entenberg-Tunnel ist heute noch vorhanden.
Bei km 27,78, also am Bahnübergang nahe dem Entenberg-Tunnel und dem Posten Schneider, wurde am 31. August 1912 der Rottenführer Jacob Montag aus Geismar von einem Kleinwagen überfahren und getötet, von einem Bahnfahrzeug oder einem Auto?. Er wurde 43 Jahre alt und hinterließ Frau und 6 Kinder im Alter zwischen 4 Monaten und 12 Jahren.
Der Entenberg-Tunnel beginnt bei km 27,931, endet bei km 28,219, hat eine Länge von nur 288 Metern, besitzt ein Gefälle von 1 : 101 und befindet sich in einer mittleren Höhenlage von 303 Meter über NN. Das Tunnelgewölbe besteht am Südportal auf einer Länge von 30 Metern aus Buntsandstein, ansonsten aus Kalkstein. Der Tunnel besteht aus einer einzigen Krümmung und wurde im Jahre 1878 komplett errichtet, das entspricht einer Bauzeit von ungefähr 3 Monaten.
Anlässlich der Fertigstellung des Entenberg-Tunnels am 4. April 1878 wurde für die Einweihungsfeier extra eine Festschrift angefertigt, die auch die Lieder, die während der Feier gesungen wurden, enthielt. Die Überdeckung des Tunnels beträgt nur etwa 30 Meter Gebirge. Die Baukosten des Entenberg-Tunnels betrugen 334.017 Mark, wovon auf die Portale lediglich 10.000 Mark entfielen, das bedeutet einen Preis von 1.159,78 Mark für den laufenden Meter Tunnel. Dieser wurde wegen ständigem Steinschlag an der Nordseite im Jahre 1915 um 7 Meter verlängert, wobei das Portal vollkommen neu in Betonbauweise errichtet wurde.
Am unteren Ausgang des Tunnels befinden sich noch links in unserer Fahrtrichtung die Grundmauern von einem Streckenposten sowie auf der gegenüberliegenden Seite die kärglichen Überreste des dazugehörigen Wohnhauses. Die inzwischen verrostete Hülle vom Läutewerk des Postens war lag bis vor wenigen Jahren noch unter Gestrüpp versteckt zwischen den Resten des Wohnhauses und dem Entenberg-Tunnel. Der Posten fungierte gleichzeitig als Streckenläufer, wie eine historische Aufnahme zeigt, denn das Quergleis dürfte für das Schienenfahrrad bestimmt gewesen sein.
Die Obstbäume des zum Grundstück gehörigen Schrebergartens blühen und tragen auch heute noch in jedem Jahr, wenn auch der eigentliche Garten schon längst verschwunden ist. Etwa bei km 28,35 befindet sich noch eine Unterführung mit einem Holzabfuhrweg, der den Posten auf Umwegen mit dem Ort Lengenfeld unterm Stein verband.
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Autor: Hermann Josef Friske
Der Lengenfelder Viadukt (I)
Bei km 30,55 treffen wir auf das wohl imposanteste Bauwerk der Kanonenbahn im Streckenabschnitt zwischen Leinefelde und Treysa, den Lengenfelder Viadukt. Mit einer Länge von 244,10 Meter und einer Höhe von 24 Meter überspannt er das Friedatal mit dem Ort Lengenfeld unterm Stein und teilt somit den Ort gewissermaßen in 2 Teile. Die Brücke liegt in einer Kurve von 400 Meter Radius und weist eine Steigung von 1 : 110 auf. Die Brücke ist etwas größer ausgefallen, als es der ursprüngliche Plan vorsah. Sie sollte eigentlich nur 6 Bögen mit einer Weite von 32 Meter aufweisen, es sind aber 6 Bögen mit einer Länge von 33,30 Meter geworden. Konstruiert wurde sie nach der ursprünglichen Form des Efze-Viadukts bei Homberg, 1 Überbau mit 18,35 Metern und 1 Überbau mit 17,38 Meter ist daraus geworden, die dem Baustil der Eschweger Flutbrücke in ihrer Urform nachempfunden wurde. Die Brücke selbst wurde bereits beim Bau 2-gleisig konstruiert, es wurde jedoch zunächst nur 1 Gleis verlegt.
Mit den Bauarbeiten wurde im Juni 1877 begonnen, wovon die Maurerarbeiten bis in den Herbst 1878 dauerten. Der Einbau der Stahlkonstruktionen und die sonstigen Nebenarbeiten verschlangen die Zeit bis in den nächsten Sommer, so dass die Brücke im August 1879 vollendet wurde. Die Baukosten für den Viadukt betrugen insgesamt 375.796 Mark, wovon alleine der Stahlüberbau den Betrag von 187.912 Mark verschlang, das bedeutet bei einer Ansichtsfläche von 3.690 m² einen Kostenfaktor von 101,90 Mark pro Quadratmeter. In der Zeit zwischen dem 29. Februar 1906 und dem 29. April 1907 wurde die Brücke auf 2-gleisigen Betrieb ausgebaut. Ab dem 30. April 1907 rollte der Verkehr dann auf beiden Gleisen. Die mittlere Höhe der Brücke liegt bei 280 Meter über NN. Die ersten Schäden und Konstruktionsfehler am Viadukt zeigten sich schon bald, aber während die anderen Brücken auf dem Streckenabschnitt etwa in der Zeit zwischen 1910 und 1935 nach und nach erneuert und die Stahlteile ausgetauscht wurden, tat sich diesbezüglich am Lengenfelder Viadukt außer einem kleineren Umbau mit dem Austausch der beiden Kastenträger im Jahre 1913 fast überhaupt nichts. Erst als die Schäden während des 2. Weltkriegs zu groß wurden und auch Loks mit hohem Achsdruck und schweren Güterzügen am Haken die Brücke befuhren, wurde eine Langsamfahrstelle eingerichtet.
Zum Glück wurde der Lengenfelder Viadukt im 2. Weltkrieg nicht zerstört, wozu wahrscheinlich zwei Faktoren beigetragen haben. In der Zeit, da die feindlichen Tiefflieger ihr Unwesen trieben, war der Ort Lengenfeld voll mit Kriegsgefangenen und Verwundeten, die im Schloss Bischofstein, der Schule und im Krankenhaus untergebracht waren. Aus diesem Grund war auf die Dächer der betroffenen Gebäude ein rotes Kreuz auf weißem Grund gemalt. Alle Flieger haben beim Anblick dieses Zeichens abgedreht, um die Gefangenen nicht zu gefährden. Dadurch ist die Brücke nie beschossen oder bombardiert worden. Der zweite Umstand ist der, dass beim Rückzug der deutschen Truppen die Sprengung der Brücke vorbereitet war, aber dank des Einsatzes des Offiziers einer Gefangenbewachungsmannschaft und des damaligen Lengenfelder Bürgermeister Franz Müller konnte die Sprengung verhindert werden, denn diese hätte wohl einen Großteil von Lengenfeld ebenfalls in Schutt und Asche gelegt.
In den ersten Jahren der DDR-Zeit hatte es wegen der Grenznähe eine Brückenwache gegeben, an der während einer Nachtschicht des Wachhabenden ein alkoholisierter Mann aus dem Westen aufgekreuzt wäre, der nach kurzem Wortgeplänkel wieder in Richtung Westen verschwunden sein soll. Dieser Brückenwächter könnte Andreas Koch gewesen sein, der in den 50er Jahren diesen Job übernommen hatte.
In den Jahren 1957 und 1958 wurden größere Sanierungsarbeiten am Viadukt erforderlich,bei denen auch die Sandstein-Auflagequader durch solche aus Stahlbeton ersetzt wurden.
Im August 1984 musste der Viadukt einer Sonderprüfung unterzogen werden, bei der sich gravierende Mängel herausstellten, wie z.B. nicht mehr zu beseitigende Lagerschäden, Sprödbruch-Gefahr des Eisens von 1880, bereits herausgerissene Lagersteine aus den Widerlagern, Korrosionsschäden usw. Die Brücke bekam eine unwiderruflich letzte Betriebsfrist bis zum 31. Dezember 1992.
Nach der Wende im Jahre 1989 rückte der Lengenfelder Viadukt schlagartig in das Interessenfeld vieler Eisenbahn-Fans und wurde von diesem Tage an reichlich fotografiert und, obwohl etliche der Bohlen auf der Brücke morsch oder nicht mehr vorhanden waren, auch reichlich begangen. Als dann im Jahre 1992 schließlich das Ende der Kanonenbahn absehbar war, befuhren nochmals viele ehemalige Eichsfelder sowie reichlich Eisenbahn-Fans die Strecke. Am 30. Dezember 1992 wurde zwischen Lengenfeld und Dingelstädt ein Sonderzug mit einer Abschiedsfahrt organisiert, die von der Bevölkerung mehr als reichlich angenommen wurde. Am 31. Dezember 1992 fuhren dann schließlich die letzten Züge mit dem langen Abschiedszug, der an diesem Tage infolge des großen Andrangs sogar einmal am Vormittag und einmal am Nachmittag zwischen Leinefelde und Geismar fahren musste und einem allerletzten Abendzug. Der Abschiedszug wurde von einer Dampflok der Baureihe 50 gezogen, der Reichsbahn-Traditionslok 50 3688-4, sowie einer Diesellok der Baureihe 202, der 202 539-3, die als Schiebelok fungierte. Gefahren wurde über die Brücke mit der Geschwindigkeit von 10 km/h, der Höchstgeschwindigkeit, für die der Lengenfelder Viadukt seit Anfang der 40er Jahre zugelassen war. Für die Dauer der Zeit, in der die BR 50 mit dem Abschiedszug über die Brücke fuhr, pfeifte sie herzerweichend. Das hallte fürchterlich durch das enge Friedatal und ging wohl allen Zuschauern durch Mark und Bein.
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Autor: Hermann Josef Friske
Vom Bahnhof Lengenfeld zum Bahnhof Geismar
Wenn wir vom Viadukt auf den Bahnhof Lengenfeld zufahren, überquert eine Brücke mit einer Nebenstraße nach Hildebrandshausen nur wenige Meter vor dem Bahnhof den Gleiskörper. Durch diese Straße bekamen die Hildebrandshäuser einen direkten Zugang zum Lengenfelder Bahnhof. Am Bahnhof angekommen, kann man im Bahnhofsgebäude, dort, wo einst bereits im Jahre 1909 Hugo Richardt im Warteraum vierter Klasse die Genehmigung zur Einrichtung einer Ausschankstelle erhielt, sich vor oder nach einer Draisinenfahrt stärken oder seinen Durst mit allerlei Getränken löschen.
Nur wenig später, etwa um das Jahr 1910, folgte der Neubau des Hotels und Restaurants »Zum Bahnhof« direkt gegenüber vom Bahnhofsgebäude. Der älteste auf einer Postkarte genannte Wirt war Christoph Kanngiesser, der das Gebäude vermutlich auch errichten ließ. Das Hotel wurde wahrscheinlich in den 20ern bis in die frühen 30er Jahre von Peter Hagemann mit seiner Familie bewirtschaftet und als letzte Wirtsleute, der Hotelbetrieb wurde wahrscheinlich bereits vor 1939 mangels Gästen wieder eingestellt, fungierte die Familie Rautz bis zum Kriegsende im Jahre 1945, danach war im Gebäude der Lengenfelder Kinderhort untergebracht. An der wie Pilze aus dem Boden schießenden Bahnhofsgastronomie kann man erkennen, dass überall entlang der Kanonenbahn eine gewisse Aufbruchsstimmung zur Belebung des Ausflugsverkehrs herrschte, deren Erwartungen in keiner Weise auch nur annähernd erfüllt worden sind.
Am Ende des Bahnhofsgeländes angekommen, finden wir rechts und links des Gleises noch alte Prellböcke von den schon seit Jahren abgebauten Gleisen des Güterbahnhofs. Von Lengenfeld aus führt die Strecke mit beachtlichem Gefälle in Richtung Bahnhof Geismar. Nach der Linkskurve hinter dem Bahnhof Lengenfeld unterm Stein unterquert die Landstraße nach Hildebrandshausen den Bahnkörper bei km 31,8. Von dieser Unterführung führt ein Weg hoch zur Bahn, wo sich bei km 31,9 der Bahndamm um einige Meter verbreitert. Hier könnte das Einfahrtssignal zum Bahnhof Lengenfeld gestanden haben, hier könnte sich aber auch ein Bahnübergang befunden haben, der auf die Felder jenseits der Bahn geführt hätte. Bei km 32,7 befindet sich ein Bahnübergang, der auf eine Wiese führt. Außerdem sprudelt unmittelbar neben dem Gleis eine Quelle, deren Wasser unter der Strecke hindurchfließt und nach einigen Metern unterhalb des Bahndammes in einen Teich mündet. Die Quelle ist abgedeckt und daneben finden sich noch die Reste des ehemaligen Postengebäudes, das zu den Schranken gehörte.
Außer einer weiteren leichten Linkskurve, etwa in der Mitte zwischen Lengenfeld und Geismar, ist die Strecke hier vollkommen gerade. Ein Feldweg unterquert die Strecke bei km 33,4 durch eine Unterführung und bei km 34,0 wird die Strecke von der Straße nach Döringsdorf unterquert. Beim Wasserbehälter von Geismar, nur einige Meter hinter der Unterführung, unterquert noch ein gemauerter Wasserdurchlass mit einem Bachlauf die Bahn. Hinter diesem begann bereits das Bahnhofsgelände von Geismar. Von hieraus sind es noch etwa 660 Meter und der Bahnhof Geismar ist bei km 34,66 erreicht. Dieser befindet sich in einer Höhenlage von 245,80 Metern über NN und wurde gleichzeitig mit dem Streckenabschnitt zwischen Leinefelde und Eschwege am 15. Mai 1880 eröffnet und als Bahnhof 4. Klasse eingestuft.
Am 18. und 19. Juni 1906 wurden Sonderzüge für die Wallfahrer zum Hülfensberg von Leinefelde nach Geismar und zurück eingesetzt, aber das dürfte kein Einzelfall gewesen sein, denn Wallfahrten zum Hülfensberg finden bekanntlich in jedem Jahr statt. Das zweite Gleis zwischen den Bahnhöfen Geismar und Schwebda wurde im Gegensatz zur restlichen Strecke, wo erst ab 4. April 1907 zweigleisig gefahren wurde, bereits am 26. Februar 1907 in Betrieb genommen. Der Bahnhof Geismar besaß ursprünglich auch eine eigene Bahnmeisterei, die aber schon im Jahre 1924 als eine der Folgen vom Rückbau des zweiten Gleises nach dem Ersten Weltkrieg aufgelöst wurde. Vom Bahnhof Geismar aus machten sich in all den Jahren mehrmals Waggons selbständig und rollten bis zum Bahnhof Schwebda die Strecke hinab, aber darauf werde ich erst bei der Beschreibung des Bahnhofs Schwebda näher eingehen.
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges im Jahre 1945 kam auf den Bahnhof Geismar eine besondere Bedeutung zu: Er wurde Endbahnhof der Reststrecke zwischen den Bahnhöfen Leinefelde und Geismar. Zunächst gab es in den ersten Nachkriegsjahren ja auch noch einen recht passablen Güterverkehr auf der Kanonenbahn und am Bahnhof Geismar, dieses aber nur, weil andere Transportmöglichkeiten, wie die der per LKW, fehlten. Ab dem 1. September 1969 war es hiermit schlagartig vorbei, denn alle Güterabfertigungen im weiten Umkreis, mit Ausnahme der in Dingelstädt und im Bahnhof Mühlhausen, wurden geschlossen. Davon war natürlich auch die Güterabfertigung in Geismar betroffen. Obwohl es immer noch nicht genug LKWs gab, um den Güterverkehr reibungslos abwickeln zu können, wurde diese Maßnahme ergriffen, selbst auf die Gefahr hin, dass lange Anfahrtswege in Kauf genommen werden mussten, oder auf das altbewährte Pferdefuhrwerk zurückgegriffen wurde. Nach der Beendigung des Güterverkehrs auf der Strecke wurden die Gleise so weit zurückgebaut, dass sich die Lok gerade so wieder vor den Zug setzen konnte, damit sie ihn wieder nach Leinefelde zurückziehen konnte. Erschwerend kam seit den 50er Jahren hinzu, dass der Bahnhof im Sperrgebiet lag und nur für die Bewohner von Geismar frei zugänglich war, alle anderen benötigten hierzu eine Sondergenehmigung. Auch für den Bahnhof Geismar kam am 31. Dezember 1992 das Ende, auch er wurde geschlossen, anschließend privatisiert und inzwischen bereits mehrmals weiterveräußert. Es wäre zu wünschen, dass der Bahnhof erhalten bleibt.
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Autor: Hermann Josef Friske
Vom Frieda-Viadukt zum Bahnhof Schwebda
Der Frieda-Viadukt folgt zwischen km 38,82 bis 38,91, der mit seiner Länge von 98,70 Metern und einer Höhe von 25,70 Metern zu den herausragenden Bauwerken der Bahn zählte und sich in einer Höhe von etwa 192 Metern über NN befand. Der Frieda-Viadukt wurde ursprünglich wie der Lengenfelder Viadukt mit einer Fischbauch-Trägerkonstruktion bestückt, die jedoch, ähnlich wie auch in Lengenfeld, schwere bauliche und konstruktionsbedingte Mängel aufwies, so dass sich im Sommer des Jahres 1932 im Friedatal die größte Baustelle entlang der Kanonenbahn zwischen Leinefelde und Malsfeld befand, wobei die Frieda-Brücke von Fischbauch- auf Kasten-Träger umgestellt wurde. Bei der Belastungsprobe, die am 7. August 1932 stattfand, entgleisten die zwei aneinander gekoppelten Loks der Baureihe 58 (Preußische G 12) etwa 100 Meter unterhalb der Brücke in Richtung Tunnel. Der Tender von einer der beiden Lokomotiven rutschte dabei seitlich den Hang hinunter. Die beiden Loks waren für das Gleismaterial einfach zu schwer gewesen, denn die Gleise haben sich durch die ungewohnte Achslast verschoben.
Zunächst noch zweigleisig ausgebaut und auch befahren, wurde die Brücke jedoch zu Beginn des 2. Weltkriegs auf eingleisige Betriebsführung umgestellt, da das zweite Gleis im Frieda-Tunnel sowie im dahinter liegenden Einschnitt den Zügen als Schutzraum bei Luftangriffen diente. Nach der Sprengung der Brücke am 3. April 1945 lag sie noch bis in die 70er Jahre hinein zur Seite gekippt und in 3 Teile zerborsten im Frieda-Tal, bis die Trümmer schließlich beseitigt wurden.
Auf den wenigen Metern bis zum Frieda-Tunnel, der auch Dachsberg-Tunnel genannt wurde, standen in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg abgestellte Schadwaggons, von denen ein letztes Exemplar, nicht mehr rollfähig, noch bis zum Abräumen der Gleise in den 80er Jahren dort stand. Nach 1945 hatte man vom Hülfensberg aus eine gute Einsicht auf die gesprengte Frieda-Brücke und die Reststrecke bis zum Tunnel. Von hier aus waren auch die abgestellten Waggons noch gut zu erkennen.
Ende der 70er Jahre stellte die Firma Friedola den Antrag zum Bau eines Gleis-Anschlusses für den Betrieb in Frieda. Da es keine Möglichkeit gab, das Werk von der Treffurter Bahn her anzuschließen, dazu hätte man die stark befahrene B 249 überqueren müssen, sollte dieses über die Kanonenbahn geschehen. Der Verkehr sollte über den Frieda-Tunnel geleitet werden und anschließend über eine noch zu bauende Rampe ins Friedatal hinein bis zum Werk geführt werden. Das Projekt scheiterte an den zu hohen Baukosten, denn der Frieda-Tunnel hätte erst saniert werden müssen.
Der Frieda-Tunnel ist 1.066 Meter lang und beginnt bei km 39,352. Seine mittlere Höhe beträgt etwa 180 Meter über NN und das Westportal befindet sich bei km 40,418. Der Tunnel, der eigentlich als trocken und sicher galt, stürzte am 21. Juli 1929 auf einer Länge von ungefähr 25 Metern ein. Während der Reparaturarbeiten, die bis zum 2. Oktober 1929 dauerten, wurde mit Bussen ein Ersatzverkehr gefahren. Anschließend wurde der Tunnel noch auf weitere schadhafte Stellen untersucht und gründlich renoviert, was bis zum 1. Juli 1930 gedauert hat. Für die Dauer der Reparaturarbeiten konnte der Tunnel nur eingleisig befahren werden.
Zwischen 1947 und 1984 diente der Tunnel der Deutschen Bundesbahn als kälte- bzw. wärmetechnische Versuchsstation und wurde schließlich ab Ende Oktober 1989, noch während der Wende, verfüllt. Dabei wurden die Portale mit einer jeweils 3 Meter dicken Betonmauer verschlossen, die nur im oberen Bereich gitterartige Betondurchlässe aufzuweisen haben. Von den Portalen ausgehend wurden, aus Gründen der Einsturzgefahr im Gebirgsbereich oberhalb des Tunnels, jeweils etwa 130 Meter im oberen Tunnelbereich mit einem Rohr versehen, dass einen Durchmesser von zwei Meter aufweist. Durch dieses Rohr gelangen die Fledermäuse ins Tunnelinnere, der Rest wurde dort bis zur Tunneldecke verfüllt. Dahinter folgt eine Teilverfüllung, die auf der Westseite 220 Meter und auf östlicher Seite 95 Meter beträgt. Nur im mittleren Bereich blieben knapp 500 Meter ohne Verfüllung, da hier keine bis zur Oberfläche durchschlagenden Einstürze zu befürchten sind, da die Deckschicht dick genug ist. Dort liegen auch heute noch teilweise die Gleise. Während der Verfüllung des Frieda-Tunnels wurde gleichzeitig die Eisenbahnbrücke über einen Feldweg zum Schloss Wolfsbrunnen sowie die Unterführung, durch die der Kellaer Bach geleitet wurde, entfernt. Diese befanden sich etwa 200 Meter vom Westportal des Tunnels entfernt, in Richtung Schwebda. Gleichzeitig wurde der Restdamm in Richtung Schwebda reduziert, wobei das dadurch gewonnene Erdmaterial bei der Tunnelverfüllung Verwendung fand.
Bei km 40,82, unmittelbar vor dem Bahnhof Schwebda, wird die Strecke von der Landstraße nach Kella gekreuzt, die mit einer 3-gleisigen Brücke überquert wurde (1. Gleis nach Treffurt, 2. Gleis Kanonenbahn, 3. Gleis Kanonenbahn bzw. nach Heiligenstadt). Die Brücke wurde beim Rückbau der Strecke nach Wanfried im Jahre 1998 abgebaut, nur die beiden Seitenwände stehen noch und engen den Verkehrsfluss bis heute stark ein. Hinter der Brücke stand etwa nach 15 Metern linkerhand das Stellwerk »SO«. Das Stellwerk wurde im Jahre 1914 beim Bau der Heiligenstädter Bahn errichtet und bereits im Jahre 1958 wieder abgebrochen, da es durch die Grenzziehung mittlerweile nutzlos geworden war. Der Bahnhof Schwebda wird schließlich bei km 41,27 erreicht, der im Jahre 1880 in einer Höhe von 170 Metern über NN errichtet wurde. Ab Mitte der 80er Jahre wurden Güterwaggons, die am Bahnhof Schwebda und auch in Eschwege und dem Kanonenbahnteil vom Bahnhof Eschwege West abgestellt standen, an die Reichsbahn der DDR verkauft. Diese hat die Waggons in jenen Jahren dringend benötigt, um dem Güterverkehr des Landes ausreichend und kostengünstig genügend Waggons bereitstellen zu können, denn eigene Neubau-Kapazitäten waren in der DDR nur ungenügend vorhanden. Auf dem Streckenabschnitt zwischen Geismar und Schwebda standen bis zur Stilllegung einst noch die alten Kilometersteine, die keine aufgemalten Kilometerangaben trugen, sondern mit einem aufgesteckten emaillierten Blechschild versehen waren, die wohl noch aus der Zeit um 1920 stammten. Im Jahre 1921 bestand die Zugauslastung täglich aus etwa 80 bis 110 Personen, aufgeteilt auf 3 Zugpaare. Es gab Bestrebungen, ein viertes Zugpaar täglich auf der Strecke einzuführen, dieses wurde jedoch vom Reichsbahn-Zentralamt abgelehnt, weil die tägliche Zugauslastung danach noch dürftiger ausgefallen wäre.
Zunächst als Hauptbahn errichtet, erhielt die Kanonenbahn wahrscheinlich ab 1. September 1922 den Nebenbahncharakter. Der Streckenabschnitt zwischen Küllstedt und Schwebda enthält 6 Tunnel, die eine Gesamtlänge von 3.580 Meter besitzen und sich auf schwierigstem Gelände befinden. Abschließend ist zu sagen, dass der Eichsfeld-Teil der Kanonenbahn einen Umweg von 17,8 km gegenüber der Luftlinie macht, das bedeutet einen Umwegskoeffizient von 62 %. Trotz allem ist der Kanonenbahn-Abschnitt übers Eichsfeld der landschaftlich wohl schönste, wenn auch vom Gelände her der schwierigste Teil der Strecke zwischen Leinefelde und Treysa.
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Autor: Hermann Josef Friske
Der Frieda-Tunnel und der Frieda-Viadukt bis 1945
Der Frieda-Tunnel, auch Dachsberg-Tunnel genannt, wurde im Jahre 1876 begonnen und im Laufe des Jahres 1878 vollendet. Er hat eine Länge von 1.066 Metern und liegt zwischen den Bahnhöfen Geismar und Schwebda. Der Tunnel wurde mit einer Holzzimmerung im so genannten Wandrutenbau ausgebaut, wobei als Baumaterial für die Widerlager Sandstein, Bruchsteine mit Werksteinverblendung und für das Tunnelgewölbe und die Portale Sandstein-Werksteine verwendet wurden. Die Gesamtkosten des Tunnels betrugen 1.392.782 Mark, wovon allein für die beiden Tunnelportale 19.103 Mark, das heißt das für den laufenden Tunnelmeter der stattliche Betrag von 1.290 Mark aufgewendet wurden. Was muss dann erst die ganze Strecke gekostet haben. Beim Frieda-Viadukt nahm allein der Bau des Pfeiler-Mauerwerks die Zeit vom Mai 1877 bis zum Oktober 1878 in Anspruch. Das gesamte Brückenbauwerk dürfte somit etwa im Frühjahr 1879 vollendet worden sein. Der Brückenschlag überspannte die Frieda, die 10 Meter breite Straße von Eschwege nach Heiligenstadt und einen Feldweg von 6 Metern Breite. Der Verlauf der Straße musste extra für den Brückenbau geändert werden. Verlief diese vorher am östlichen Berghang entlang, so befindet sie sich nun direkt neben der Frieda.
Der Viadukt wurde, ähnlich wie der Lengenfelder Viadukt, in der so genannten Fischbauchträger-Konstruktion errichtet und besaß eine Mittelöffnung von 36 Meter lichter Weite und 2 Seitenöffnungen von je 23 Metern. Die Gesamtlänge des Viadukts betrug 98,70 Meter und die maximale Höhe 25,70 Meter. Die Gesamtkosten für das Bauwerk betrugen 235.000 Mark, wovon allein der stählerne Überbau einen Betrag von 77.899 Mark verschlang. Die Ansichtsflächen maßen 2.500 m², das entsprach einem Quadratmeterpreis von 94 Mark.
An der Kanonenbahn wurde ab dem 26. Februar 1906 wieder gearbeitet. Die Strecke nach Leinefelde wurde 2-gleisig ausgebaut, die Tunnel soweit erforderlich, erweitert und die Brücken und Viadukte erhielten einen 2-gleisigen Ausbau. Nicht eindeutig geklärt ist indes der Ausbau zwischen Eschwege und Schwebda. Dort waren zumindest die Brücken 2-gleisig ausgebaut. Es gibt auch Zeitzeugen, die behaupten, auch dieser Abschnitt wäre 2-gleisig befahren worden. Die Mutter des Autors, die als Kind und auch später oft mit der Bahn nach Lengenfeld unterm Stein fuhr, sagte ebenfalls, die Strecke sei 2-gleisig gewesen. Ein Gleisplan vom Bahnhof Schwebda aus dem Jahre 1911 zeigt aber nur eine 1-gleisige Ausfahrt in Richtung Eschwege. Zumindest aber war zu Beginn des 1. Weltkriegs im Jahre 1914 eine Baustelle am 2. Gleis der Werrabrücke, die während der Dauer der Bewachung von Tunnel und Brücken noch andauerte. Ist der Ausbau durch die Kriegswirren stecken geblieben oder hat man die Strecke bis Schwebda bis 1918 noch 2-gleisig fertig gestellt und das 2. Gleis später wieder abgebaut? Es gibt auch Stimmen, die behaupten, die Strecke zwischen Eschwege und Schwebda wäre beim Bau der Heiligenstädter Bahn zwischen 1911 und 1914 zweigleisig ausgebaut worden. Belegt ist lediglich die Eröffnung der 2-gleisigen Strecke zwischen Geismar und Schwebda am 26. Februar 1907 sowie von Küllstedt nach Geismar mit dem Zug Nummer 334 am 4. April 1907 und am 30. April 1907 die Eröffnung des 2-gleisigen Betriebs zwischen Eschwege und Eschwege West, damals noch Niederhone, mit dem Zug Nummer 368.
Der Bahnhof Schwebda sollte aber noch größer werden. In den Tagen um Ostern 1912 begann man mit der 32,06 km langen Bahnlinie zwischen Heiligenstadt und Schwebda, deren Luftlinie lediglich 19,4 km betrug. Dies bedeutete einen Umweg von etwa 75 % der einfachen Entfernung. Die Bahnlinie sollte am 1. Oktober 1913 in Betrieb gehen. Durch diverse Schwierigkeiten beim Bahnbau, bedingt durch die schwierige Trasse, lagen am 15. August 1914, dem zuletzt anberaumten Eröffnungstermin, noch keine Gleise. Am 28. August lagen lediglich die Gleise zwischen Heiligenstadt und Heiligenstadt-Ost. Inzwischen war am 1. August 1914 der Erste Weltkrieg ausgebrochen. Dadurch sind Materiallieferungen ausgeblieben und die Bauarbeiter knapp geworden, da die meisten Arbeiter an die Front mussten. Aus diesem Grund konnte die Strecke erst am 30. September 1914 fertig gestellt werden und am 1. Oktober 1914 ohne jegliche Feierlichkeit in Betrieb gehen. Nur die Lok des Eröffnungszuges war mit einer Girlande geschmückt. Der Bahnbau zwischen Heiligenstadt und Schwebda kostete cirka 6.411.000 Mark, das bedeutet für den laufenden Meter Strecke etwa 200 Mark. Im Bahnhofsbereich von Schwebda wurde im Zusammenhang mit der Neubaustrecke nach Heiligenstadt hinter dem Bahnhof Schwebda rechts vor der Überführung der Straße nach Kella ein großes neues Stellwerk errichtet. Diese Bahnverbindung nach Heiligenstadt bekam sehr schnell den Spitznamen »Die Eichsfelder Bimmelbahn«, weil die Lok auf der Strecke fast fortwährend läutete.
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs gab es auch am Frieda-Tunnel sowie am Frieda-Viadukt eine Brücken- und Tunnelwache, welche diese beiden Objekte bis zum Spätherbst 1914 vor Anschlägen durch feindliche Agenten schützen sollte. Außerdem existierte unweit vom Ostportal des Frieda-Tunnels bis in die 20er Jahre ein Gebäude für einen Streckenposten.
Im Jahre 1921 wurden auf der Zahnradstrecke nach Heiligenstadt Versuchsfahrten mit einer 7-achsigen Jumbo-Tenderlok der Rübelandbahn (HBE) durchgeführt, die Namen wie Mammut, Büffel usw. trugen, um die Zugkraft auf Steilstrecken zu ermitteln. Eventuell sollte dieser Loktyp auch für die Reichsbahn gebaut werden, man entschied sich jedoch für einen anderen Loktyp mit sehr hoher Achslast, die BR 95 (Preußische T 20). Somit dürfte dieser extrem starke Loktyp auch auf der Kanonenbahn, zumindest aber im Bahnhof Schwebda, gesehen worden sein. Die 4 Lokomotiven dieses Typs wurden später in der DDR unter der Baureihe 95.66 eingereiht und wurden dort sogar noch auf Ölfeuerung umgestellt.
Den Freitod suchte im Jahre 1925 ein Liebespaar aus Schwebda, das sich im Frieda-Tunnel von einem Zug überrollen ließ.
Nach lang anhaltenden Niederschlägen stürzte der Frieda-Tunnel durch einen Wassereinbruch am 21. Juli 1929 auf einer Länge von 50 Metern ein. Daher wurde der Tunnel bis zum 1. Oktober des gleichen Jahres gesperrt. Die Reisenden wurden während dieser Zeit im Schienenersatzverkehr befördert.
Am 18. September 1930 wurde der 38 Jahre alte Bahn-Polizeibeamte Ernst Rebensburg aus Nordhausen während einem Kontrollgang im Frieda-Tunnel von einem Güterzug überrollt und getötet.
Mitte Februar 1945 ging vom Bahnhof Heiligenstadt ein Sondertransport des Oberkommandos der Wehrmacht in Richtung Schwebda ab. Nach Angaben des Bundestags-Abgeordneten Gerhard Reddemann soll dieser Zug 27 Großkisten mit dem legendären Bernsteinzimmer sowie weitere Kunstschätze aus Königsberg und Danzig enthalten haben und von Feld-Gendarmerie schwer bewacht worden sein. Er soll in den Frieda-Tunnel geleitet worden sein, wo sich die Spuren aber verlieren. Ob der Zug über Schwebda weitergeleitet oder dem Zug von Julius Dorpmüller angehängt wurde, der sich zwischen dem 26. und 31. März 1945 über die Nord-Süd-Strecke wahrscheinlich in Richtung Bayern absetzte, oder ob der Zug für längere Zeit im Frieda-Tunnel stand und danach von den Amerikanern übernommen wurde, wird wohl nicht mehr zu klären sein. Vielleicht leitete man diesen Zug aber auch über Leinefelde und die Kanonenbahn in Richtung Schwebda und er wurde schon vorher in Lengenfeld unterm Stein entladen, denn es gibt auch Hinweise auf Auslagerung von Kunstschätzen in dieser Gegend bis in den Raum Treffurt hinein, wo sich Privatpersonen Kunstgegenstände unter den Nagel gerissen haben, die sie an bestimmten Stellen in der Umgebung gefunden hatten, denn es sind in den letzten Jahren in diesem Umkreis immer wieder Kunstgegenstände entdeckt worden, die man schon seit langer Zeit hier vermutet und bei den Versuch Ihrer Veräußerung beschlagnahmt hatte.
Das Thema mit dem Bernsteinzimmer im Frieda-Tunnel wurde im Jahre 2011 von Henning Schäfer aufgegriffen, einem im Jahr 2014 verstorbenen Krimiautor aus dem Eschweger Ortsteil Oberhone, der regionale Kriminalromane schrieb, in dem die Tatorte real existieren, ebenso teilweise die in den Romanen erwähnten Personen. Das Buch trägt den Titel: »Falscher Schein«.
Am 2. April 1945 fuhr dann von Eschwege kommend der allerletzte Zug überhaupt nach Leinefelde, da am 3. April 1945 die vor den vorrückenden amerikanischen Verbänden zurückweichenden deutschen Wehrmachts-Einheiten den Frieda-Viadukt gesprengt hatten. Hiermit wurde die Teilung der Strecke in einen westlichen und einen östlichen Teil vorweg genommen, denn das Frieda-Viadukt sollte nie wieder aufgebaut werden.
Weiter zu Teil 21: Der Frieda-Tunnel und der Frieda-Viadukt nach 1945
Autor: Hermann Josef Friske